Leidenschaft in den Highlands
verschwörerisch an. »Sie wollen, dass der Tod deines Vaters geheim bleibt«, berichtete er.
Dann bewegte er sich zur Tafel, setzte sich auf einen Stuhl und köpfte eine Flasche Ale, deren Inhalt er sich in den Rachen kippte. »Slàinte!«
Avery setzte sich zu ihm und beobachtete ihn amüsiert. »Er soll also offiziell der Chief bleiben.«
»Aye.«
Avery wiegte nachdenklich den Kopf hin und her. Es behagte ihr nicht recht, sich hinter dem Namen ihres Vaters zu verstecken.
»Das war nötig, Ave, nur so waren die Chieftains zur Vernunft zu bringen. Sie meinten, dass du den Clan Ansehen und Stärke kosten wirst.«
»Der Clan würde unter meinem Namen weder das eine noch das andere einbüßen, so wahr ich hier vor dir stehe«, polterte sie.
»Versteh doch, Ave. Jeder Neue, der die dritte Feder an sein Bonnet stecken will, muss sich erst mal beweisen und zeigen, was in ihm steckt. So bekommt man heraus,ob er ein guter Chief oder bloß so ein verdammter Hundsfott ist, der sich aufspielen will.«
Sie kam ins Grübeln. Anführer nennen konnte sich im Grunde genommen jeder. Erst das Handeln, die Entscheidungen, die jemand fällte, zeigten, ob er ein guter oder ein schlechter Chief war. Das musste es sein, was Brian ihr in seiner eigentümlichen Weise sagen wollte.
»Ich sollte dir danken, anstatt mich aufzuregen. Ohne dein Zutun hätten sie gewiss eine andere Entscheidung getroffen.«
Brian nickte bedächtig. »Es gibt noch etwas, worüber wir reden müssen. Der Rat wird sich stärker einmischen als unter deinem Vater. Du wirst dich also auch weiter mit den anderen Chieftains herumschlagen müssen.«
»Der Rat hatte schon immer das Recht, seine Bedenken vorzutragen.«
»Aye, aber nun wollen sie mitentscheiden.«
»Wozu brauchen wir noch einen Chief, wenn ihm alle Fäden aus der Hand genommen werden?«
»Damit musst du dich abfinden, Ave. Dafür bist du nun der erste Chief, der sich nach dem Essen nicht die Suppe aus dem Bart streichen muss. Du wirst dich erst beweisen müssen, und es wird schwer sein. Doch wenn es dir gelingt … Aye, dann wird sich der Rat auch wieder zurückhalten.«
»Mehr kann ich im Augenblick nicht erwarten.« Sie lächelte ihn versöhnlich an. »Danke. Wäre Athair noch am Leben, er wäre froh, einen Freund wie dich zu haben.«
Brian winkte ab. »Nay, du brauchst mir nicht zu danken, Ave. Die Wahl ist einfach, das sieht jeder mit etwas Verstand in seinem Schädel. Amus als Anführer? Da könnten wir auch dem ersten Hund folgen, der da draußen bellt. Der Bursche ist mir zu schnell mit der Hand am Schwert. Er weiß nicht, wann man abwarten muss, und ist noch grüner hinter den Ohren als du, mein Kind. Der als Chief.« Er machte eine abfällige Geste. »Den will ich auf keinen Fall höher sehen, als ich spucken kann.«
»Ich werde auch oft Heißsporn genannt. Warum glaubst du, ich hätte Amus etwas voraus?«
»Du hast zumindest Verstand da drinnen.« Er klopfte mit der Faust sacht gegen ihre Stirn. »Und du gebrauchst ihn auch. Das haben wir bei der Versammlung alle gesehen. Selbst wenn die meisten Sturköpfe wahrscheinlich zu viel gesoffen haben, um sich noch daran zu erinnern. Aber du wirst es ihnen schon wieder in Erinnerung rufen.«
Brians Worte berührten sie tief. Er glaubte an sie, und das machte sie sehr glücklich. Sie hoffte inständig, dass sie weder ihn noch ihren Clan enttäuschen würde.
E INE W OCHE SPÄTER
F àilte! Ich begrüße euch und freue mich, dass wir diesen großen Tag im kleinen Kreis feiern. Es ist nicht nur dein Geburtstag, Athair«, Malcolms Blick fiel auf Brian, »sondern auch der meiner Tochter, die heute Morgen das Licht der Welt erblickte.« Malcolm hob seinen Kelch und wandte sich der jungen Hebamme zu, die zu seiner Rechten an der Tafel stand. Sie hatte ein Bündel auf dem Arm, das sie sanft wiegte.
»Möge ein langes und glückliches Leben vor dir liegen, Andra. Auf dich und auf deine stolze Mutter, meine Gemahlin Ann.«
Die Anwesenden erhoben sich und ließen ihre Becher aneinanderklirren, während zwei Mägde die Speisen hereintrugen. Brian und Malcolm wurden von allen Seiten beglückwünscht. Jeder wollte das Baby als Erster sehen, so dass ein regelrechter Tumult entstand. Als die Kleine aufwachte und zu weinen begann, trug die Hebamme sie bald hinaus.
Avery hatte sich bewusst zurückgehalten, um dem kleinen Wesen nicht noch mehr Angst zu machen, und tat sich einen gefüllten Schafsmagen auf. Sie hatte Annihre Glückwünsche bereits
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