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Leidenschaft in den Highlands

Leidenschaft in den Highlands

Titel: Leidenschaft in den Highlands Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Dirks
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sich auf seine Oberlippe. Avery hockte sich fassungslos neben ihn, scheuchte das Insekt fort und legte zitternd eine Hand auf seine Stirn. Oh Gott, er fühlte sich so schrecklich kalt an!
    Hastig tastete sie nach dem Puls an seinem Hals. Es konnte einfach nicht sein. Es durfte nicht sein. William MacBaine musste noch leben.
    Kein Herzschlag!
    »Nay!« Sie stieß einen gellenden Schrei aus.
    Ihre Hände bebten, und ihr Atem ging so rasch, dass sie fürchtete, in Ohnmacht zu fallen. Ein undurchdringlicher Schleier legte sich über ihre Augen.
    Heiß rannen die Tränen über ihre Wangen. Der Strom wollte nicht abbrechen, und sie konnte keinen klaren Gedanken fassen. Nur den einen, der sich langsam und schmerzvoll in ihr formte: MacBaine war tot, unwiederbringlich.
    Sie wischte sich über die Augen, versuchte, tief durchzuatmen,aber es half nichts. Ein starkes Zittern erfasste ihren Körper. Sie wollte schreien und konnte es nicht. Das musste ein Alptraum sein. Sie würde aufwachen. In Wirklichkeit war ihr Vater zu Hause und saß mit ihrer Mutter beim Frühstück in der Halle.
    Ihr Blick glitt über seinen Leib. Ein riesiger Blutfleck, der seinen gesamten Rücken bedeckte, hatte sich auf dem Stoff gebildet. Doch der Stoff des Plaids war nicht zerrissen. Es war also kein Angriff mit einer Klingenwaffe gewesen.
    Sie nahm all ihre Kraft zusammen und sah ihn noch näher an, beugte sich über ihn. Da entdeckte sie ein Loch in dem Material. Es gab den Blick auf eine kreisförmige Wunde frei. Jemand hatte ihn von hinten erschossen.
    »Oh, Athair«, schluchzte sie und verbarg ihr Gesicht in beiden Händen. Wie sollte sie das ihrer Mutter erklären? Wie Anola und Ann?
    Allmählich ließ das Zittern nach, die Tränen wurden weniger, und ihr Atem beruhigte sich.
    Er war ein guter Mann gewesen, der stets den Weg der Diplomatie gewählt hatte. Er hatte keine Feinde gehabt und gute Beziehungen zu seinen Nachbarn gepflegt. Selbst zu den MacCallens, denen in der Region nicht gerade viele zugetan waren, weil sie eine ruchlose und machtgierige Sippe waren.
    Wer also hatte einen Grund, ihn zu töten?
    Sie sah auf. War da eine Bewegung in der Luft, direkt über ihnen? Tatsächlich, eine dreiste Krähe setzte zum Sturzflug auf ihren Vater an! Sie holte mit dem rechten Arm aus und traf das Tier mit voller Wucht, noch bevores sich auf der Schulter des Leichnams niederlassen konnte. Federn fielen neben ihr zu Boden. Der Vogel schwankte und machte sich davon.
    »Wer hat dir das angetan?« Sie schrie den leblosen Körper an, von der wilden Hoffnung getrieben, dass er ihr eine Antwort geben könnte. Ihre zornerfüllte Stimme zitterte. Sie war wütend, unglaublich wütend. Nicht auf ihn, weil er die Burg am Abend noch einmal verlassen hatte, auch nicht auf seinen Mörder, sondern auf sich selbst.
    Vater hatte sie mitnehmen wollen, auf ein Ale in der Taverne, doch sie hatte abgelehnt. Wäre sie bei ihm gewesen, vielleicht hätte sie dies hier verhindern können.
    Es war ihre Schuld. Vater war immer für sie da gewesen. Ihm hatte sie zu verdanken, dass sie eine respektierte Kriegerin war, die mit den Männern in der Taverne speisen und trinken, ja sogar an den Versammlungen des Rates teilnehmen durfte. Er hatte das alles ermöglicht.
    Sie erinnerte sich noch genau daran, wie alles angefangen hatte. Sie hatte die Männer beim Training beobachtet. Eine rasche Folge von Bewegungen, die unerwartet elegant ausgesehen hatten. Geradezu grazil. Je besser ein Mann mit dem Schwert umzugehen vermochte, desto mehr wurde es Teil seines Körpers. Ein verlängerter Arm – und doch eine tödliche Waffe. Für Avery war der Kampf zu einem Tanz geworden, Attacken und Paraden zu einer Choreographie. Kraftvoll hatten sie die blitzenden Klingen durch die Luft gewirbelt, hatten immer wieder versucht, die Deckung zudurchbrechen, den Gegner zu bezwingen. Sie hatten Finten geschlagen, waren ausgewichen, in einen Ausfallschritt gefallen.
    Avery war damals acht Jahre alt und vom ersten Augenblick an fasziniert gewesen von jener Kampfeskunst. Sie hatte die Männer immer häufiger beobachtet und sich schon bald nichts sehnlicher gewünscht, als selbst Schwertkämpferin zu werden.
    Mutter war von Anfang an dagegen gewesen, dass sie Unterricht bekam. Ihre Sorge um Avery war viel zu groß. Außerdem fand sie es unschicklich, ein Schwert in eine zarte Mädchenhand zu geben.
    Vater hingegen hatte sich für sie eingesetzt, hatte rasch ihr Talent erkannt und gefördert. Er war ihr

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