Leidenschaft in Rot
gesehen hat. Ich mache ihr keinen Vorwurf. Aber ich will sie trotzdem nicht verlieren. Das ist der Umschlag. Sie können sehen, wie er adressiert wurde. Jemand hat meinen Namen von der Titelseite einer Fanzeitschrift oder etwas Ähnlichem ausgeschnitten. Hier ist die Nachricht, die dabeilag.«
Das Schreiben sah völlig anders aus. Einzelne Worte und Buchstaben waren aus Illustrierten und Zeitungen ausgeschnitten und auf billiges, gelbes Durchschlagpapier geklebt worden. Der Text lautete:
Schamlose Hure von Babilon das Schwert der Achtbarkeit wird dich zerfleischen und diesmal wird kein Geld dein drekiges Leben retten aber du hälst besser Geld bereit du Hure des Bösen ich werde über dich kommen und du wirst die Wahrheit erkenen und ich werde dich erlösen.
Sie schlang die Arme um sich. »Das da jagt mir eine Heidenangst ein, Trav. Irgendwie ist es krankhaft und verrückt und grauenvoll. Das ist einfach nicht die gleiche Person. Unmöglich.«
»Und da haben Sie sich an Walter gewandt.«
»Nein. Ich wurde nur immer nervöser, je mehr ich darüber nachdachte. Ich bin immer noch wie im Schock. Im Springs war eine Riesenparty, und ich hatte ein bißchen gekifft und habe eine Szene gemacht, und der gute Walt war da und hat mich auf einen Spaziergang mitgenommen. Ich hing an ihm und habe geflennt wie ein Baby und ihm meine Sorgen erzählt. Er meinte, Sie könnten vielleicht helfen. Man könnte vermutlich sagen, daß mir etwas gestohlen wurde. Meine Privatsphäre oder so etwas. Und jemand will mir meine Karriere oder vielleicht sogar mein Leben stehlen. Ich weiß nicht. Ich trage immer Bargeld mit mir herum. In Tausend-Dollar-Scheinen. Fünfzig Stück. Ich erwarte nicht, daß Sie zurückbekommen, was ich gezahlt habe. Aber wenn, dann dürfen Sie die Hälfte behalten. Und wenn es Ihnen gelingt, mir diesen Irren vom Hals zu schaffen, können Sie das Geld haben, das ich mit mir herumtrage.«
»Sind die Fotos in dem Umschlag?«
»Ja. Aber müssen Sie sie wirklich sehen?«
»Ja.«
»Das habe ich befürchtet. Ich zeige sie Ihnen erst, wenn Sie mir versprechen, mir zu helfen. Jedesmal wenn ich an diese Nachricht denke, fühle ich mich wie ein kleines, verängstigtes Kind.«
»Es ist eine sehr kalte Spur, Lee.«
»Walter sagte, Sie seien klug und tough und hätten Glück. Und er sagte, Glück sei dabei das wichtigste.« Sie warf mir einen seltsamen Blick zu. »Ich habe das Gefühl, mit meinem Glück geht es zu Ende, Süßer.«
»Wie viele Personen wissen von der Sache?«
»Nur wir vier, Darling. Sie und Dana und ich und Walter. Aber Sie wissen mehr als die beiden anderen. Sonst niemand. Ich schwöre es.«
»Wäre es nicht logisch, wenn Sie es Carl Abelle erzählen würden?«
»Süßer, wenn so etwas vorbei ist, dann ist es endgültig vorbei. Genug ist genug, ein für allemal.«
»Könnte er dahinterstecken?«
»Carl? Auf keinen Fall. Er hat ein sehr sonniges Gemüt. Sehr einfache Bedürfnisse und sehr einfache Gewohnheiten. Vollkommen durchschaubar, wirklich.«
»Normalerweise berechne ich Spesen, die ich dann von der Gesamtsumme abziehe, bevor sie fifty-fifty geteilt wird. Aber dafür ist das hier ein bißchen zu riskant.«
»Spesen sind garantiert bis fünftausend«, sagte sie ohne Zögern, »und wenn die verbraucht sind, reden wir weiter.«
»Walt muß Ihnen gesagt haben, ich sei vertrauenswürdig.«
»Habe ich eine andere Wahl? Das ist so ein Ding bei der Geschichte. Es gab nie irgendwelche Zweifel, wie ich mich entscheiden sollte. Es gab immer nur eine Möglichkeit. Werden Sie es versuchen? Bitte? Bitte, bitte?«
»So lange, bis es hoffnungslos aussieht.«
Sie warf mir den Umschlag in den Schoß. »Ich bin weiß Gott nicht schüchtern, Süßer, aber ich glaube nicht, daß ich jemandem dabei zusehen könnte, wenn er die betrachtet. Ich mache einen Spaziergang. Lassen Sie sich Zeit.«
Sie ging zu der schweren Eingangstür und verließ leise das Zimmer.
Drei
Kurz darauf steckte ich die zwölf Fotos wieder in den Umschlag zurück. Langsam drehte ich eine Runde durch das Zimmer. Ich bin ein großer Junge, und die nackten Tatsachen von Vorlieben anderer Leute können mich nicht besonders aus der Ruhe bringen.
Ich verspürte auch nicht den Drang, moralische Urteile zu fällen. Es handelte sich um moderne Tiere, die in Schwarzweiß bei ihren dummen Spielen eingefangen worden waren. Das war kein Sport für mich, und wahrscheinlich auch für niemanden, auf dessen Freundschaft ich Wert legte. Anscheinend lag
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