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Leidenschaft in Rot

Leidenschaft in Rot

Titel: Leidenschaft in Rot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John D. MacDonald
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legte die Negative in den Vergrößerer, regelte die Schärfe, und ich sagte ihm, was ich wollte. Dann machte er sich ans Werk. Er schnitt eine Maske aus, die Lysa Deans projiziertes Gesicht abdeckte. Er arbeitete mit langer Belichtungszeit, blendete aus und verschob Teile, so daß jeweils das Gesicht eines anderen hervorgehoben wurde. Am Ende verfügte ich über vierzehn brauchbare Abzüge auf doppelt starkem Papier. Ein paar von denen, auf denen mehrere Personen zu sehen waren, waren vervielfältigt und leicht verändert worden, so daß zuerst die eine und dann die andere stärker hervortrat.
    Irgendwann während der Entwicklung verloren sie alle körperlichen Eigenschaften. Sie wurden zu Problemen von Licht und Schatten und Schärfe. Er legte sie in seinen Hochgeschwindigkeitstrockner, und nachdem er sie in einer Fotopresse geglättet hatte, überprüfte ich sie unter hellem Licht. Lysa Deans Züge waren weiß belichtete Flecken. Gabe achtete gewissenhaft darauf, mir die Negative wie auch die Testabzüge, die danebengegangen waren, zu überlassen. Wir feilschten um den Preis, den ich höher zu schrauben versuchte, und einigten uns auf hundert Dollar. Doris war zu Bett gegangen.
    Er humpelte mit mir bis zur Tür und kam mit hinaus in die kalte, stürmische Nacht.
    »Du machst ’ne kleine Tour, vermute ich«, sagte er.
    »Ja.«
    »Geht mich ja nichts an. Ich nehme an, da ist jemand zu gierig geworden.«
    »So läuft das meistens.«
    »Paß auf dich auf, Trav. Wenn so ein kleines Biest wie die einen Ausweg sieht, indem sie dich über die Klinge springen läßt, dann tut sie’s. Es ist ein interessantes kleines Gesicht, aber kein gutes.«
    Das Taxi bremste ab und richtete den Suchscheinwerfer auf die Hausnummern. Es bog in die Einfahrt ein. Als ich zurückschaute, stand Gabe immer noch da.

Vier
    Als ich zur Busted Flush zurückkam, sah ich, daß meine Lichter noch brannten. Es war kurz nach elf. Die Kajütentür war abgeschlossen. Ich trat ein und fand Skeeter fest schlafend vor. Sie lag mit dem Gesicht nach unten in ihrem sackartigen grauen Overall auf der gelben Couch. Eine zartgliedrige, langfingrige Hand hing auf den Boden. Überall lagen Zeichnungen von Quimby. Sie waren pfiffig und lustig und gelungen. Ich bewunderte sie. Mitten auf dem Boden lagen ein großer, frankierter brauner Umschlag und ein Zettel an mich:

Diese VERFLIXTE Maus. Ich bin fix und fertig. Würdest Du ihn BITTE in den Umschlag stecken. Es ist schon alles gewogen und frankiert. BITTE sei so lieb, und kleb ihn zu und bring ihn zur Post. Er ist eine LUFTPOST-Maus. Ehrlich, ich mußte schlafen oder wäre TOT umgefallen!!!

    Ich schaute auf sie nieder. Das war typisch. Gott weiß, wie lange sie schon nicht mehr geschlafen hatte oder wann sie zum letztenmal daran gedacht hatte, etwas zu essen. Perfektionisten, die einen Abgabetermin haben, sind gewöhnlich ziemlich schräg drauf.
    Ich ging nach vorn zum Bug der Flush und verstaute meine schmutzigen Bilder im Geheimsafe. Ein Experte würde nicht die ganze Nacht brauchen, um ihn aufzukriegen, aber zuerst einmal müßte er die Hölle in Bewegung setzen, wenn er ihn finden wollte. Ich raffte Quimby zusammen, klebte ihn zu und schaltete eine der Lampen aus.
    Sie regte sich und hob mit starren Knopfaugen und zerzaustem Spinnwebhaar ein schlaftrunkenes Lumpenpuppengesicht. »Wie spät is’n?« nuschelte sie.
    Ich ging neben der Couch in die Hocke. »Hast du was gegessen?«
    »Hm? Gegessen? Äh ... nein.«
    Ich kannte das Problem. Ich hatte es hautnah miterlebt. Ich ging in die Kombüse, nahm eine Dose Pilzrahmsuppe, machte sie warm, öffnete sie und goß sie dampfend in einen großen Becher mit zwei Henkeln. Sie war wieder eingeschlafen. Ich setzte sie aufrecht hin und drückte ihr den Becher in die Hände. Als ich sicher sein konnte, daß sie ihn austrinken würde, ging ich los, brachte Quimby zur Post und steckte ihn in einen Briefkasten für Luftpost.
    Als ich zurückkam, stand der leere Becher auf dem Boden, und sie war wieder eingeschlafen. Ich hob sie hoch. Das verrückte Ding schien überhaupt nichts auf den Knochen zu haben. Ein Fall für meine Gästekajüte. Ich trug sie hinein. Aber anstatt sie aufs Bett fallen zu lassen und zuzudecken, gab ich einem seltsam einsamen Gefühl nach und setzte mich mit ihr im Arm auf das Bett. Durch die Bullaugen schien matt das Licht von Schiffslampen. Wasser klatschte und leckte am Rumpf des Boots. Haltetaue knirschten.
    Sie legte den Arm um meinen Hals.

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