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Leidenschaft in Rot

Leidenschaft in Rot

Titel: Leidenschaft in Rot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John D. MacDonald
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gewissenhaft untersuchte.
    »Ich habe noch etwas vergessen«, sagte ich. »Mein Klient hat die Negative gesehen und zerstört. Auf den meisten Negativen war mehr zu sehen als auf den meisten dieser Bilder.«
    Er setzte seine sorgfältige Prüfung fort. Schließlich drehte er sich um. »Okay, wir gehen von dem Hundertmeterabstand aus. Ich würde sagen, es war wahrscheinlich ein Plus-X-Film mit einem sehr scharfen Objektiv, eintausend Millimeter. Vielleicht das f/6.3 Nikkor, ein Reflextyp mit zwei Spiegeln. Es ist nur etwa so lang und wiegt drei oder vier Pfund. Es stand auf einem Stativ oder einer anderen festen Unterlage. Bei 35 mm bringt ein Objektiv von dieser Größe eine etwa zwanzigfache Vergrößerung, so daß sich bei hundert Metern das gleiche ergibt wie bei zwei bis zweieinhalb Metern Abstand vom Objekt mit normalem Objektiv. Diese drei sind die einzigen, bei denen er den ganzen Ausschnitt vergrößert hat. Also, wenn er ungefähr den halben Ausschnitt vergrößert, ist das, als wäre er zweieinhalb bis drei Meter vom Objekt entfernt. Das ist so der Durchschnitt bei den meisten Bildern. Nur bei dieser extremen Nahaufnahme, die die Frau aus einem Abstand von etwa einem Meter zeigt, mit weniger Schärfe, wurde vielleicht ein Viertel oder weniger vom Negativ abgezogen. Die Tiefenschärfe ist gut, und jede Bewegung ist eingefroren, da würde ich einer Entfernung von hundert Metern zustimmen. Okay, soweit?«
    »Ja.«
    »Angenommen, derselbe Kerl, der die Aufnahmen geschossen hat, hat auch die Originalabzüge gemacht, dann versteht er etwas von seinem Handwerk. Ausgezeichnete Ausleuchtung, gute Schärfe über das gesamte Bild. Wenn er die Negative abgedeckt und die Abzüge gemacht hat, hatte er eine gute Kontrolle über die Qualität. Man sieht, daß er einige Tricks und Kniffe angewandt hat und daß er einen ziemlich guten Sinn für Bildkomposition hat. Ich würde sagen, er hat verdammt viele Fotos geschossen, vielleicht mehrere hundert, und die besten vergrößert. Sehr scharf, sehr deutlich, und er hat Hochglanzabzüge gemacht. Ich würde sagen, eindeutig ein Profi, wenn dir das was hilft. Und dann hat irgendein Pfuscher einen Satz der Abzüge in die Finger gekriegt. Siehst du die hellen Stellen auf dem da und dem. Da hat sich sein Blitz gespiegelt, als er die Hochglanzfotos abfotografiert hat. Er hat einen Satz Negativkopien hergestellt und einen neuen Satz Abzüge. Das ist billiges Papier, und er hat gepfuscht bei der Entwicklerflüssigkeit und beim Fixieren und bei den Entwicklungszeiten. Aber die Abzüge, die er kopiert hat, waren von so guter Qualität, daß die Kopien im großen und ganzen nicht allzu schlecht sind. Der Kerl, der die Originalvergrößerungen gemacht hat, wäre nie fähig gewesen, beim zweiten Mal so eine jämmerliche Arbeit zu liefern, selbst wenn er sie in einem Motelschrank entwickelt hätte. Daß deine Klientin die Originalnegative zerstört hat, hat jetzt keinerlei Bedeutung mehr. Auf jedem von denen hier ist sie eindeutig zu erkennen. Ich schätze, das ist die, für die du arbeitest.«
    »Ja. Jetzt würde ich gerne wissen, ob du etwas mit denen anfangen kannst.«
    »Das hab ich befürchtet.«
    »Kannst du davon einen anderen Satz Negative herstellen und einen Satz Abzüge, die ein bißchen anders sind als die hier?«
    »McGee, wenn man mit Mist anfängt, kriegt man am Ende Mist raus. Die ursprüngliche Qualität bekomme ich nicht mehr hin. Ich kann den Kontrast ein bißchen verstärken und die weißen Stellen ein bißchen säubern, aber eine scharfe Einstellung auf ein unscharfes Bild ergibt ein unscharfes Bild.«
    Nach anfänglichem Zögern fing er an, Geschmack an der Arbeit zu finden. Er benutzte eine Kopierkamera, ein größeres Negativformat, einen Kopierfilm mit feinem Korn. Als die Negative entwickelt waren, rief Doris, daß sie etwas Unterstützung brauchen könne. Er hängte die Negative zum Trocknen auf, und wir gingen zu einem Drink ins Haus. Das Kindermädchen hatte sich um das Zubettbringen gekümmert. Die älteren Kinder tappten herein und sagten wohlerzogen gute Nacht. Doris kochte und servierte uns eine alte chinesisch-hawaiianische Spezialität - gegrillte Steaks, Bratkartoffeln und grünen Salat. Zu dritt saßen wir um den großen Kamin mit einem sehr kleinen Feuer, brachten das Außenministerium auf Vordermann, vereinfachten die Steuergesetze, rissen halb Florida ab und bauten es vernünftiger und hübscher wieder auf.
    Dann machten wir uns wieder an die Arbeit. Er

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