Leidenschaft in Rot
gegrillten Hamburger, dick wie ihr Handgelenk, mitgebracht. Es schmeckte so gut, wie es roch.
Ich wachte wieder auf. Das Zimmer war dunkel. Meine Schuhe waren ausgezogen. Ich lag unter einer Decke, aber die Kälte hatte mich geweckt. Von draußen fiel das Licht der Leuchtreklame durch die Fensterläden, und ich konnte ihren schlafenden Schatten mit den dunklen Haaren auf dem Kissen sehen. Ich schlich zum Badezimmer, kam zurück, zog mich bis auf die Unterhose aus und schlüpfte unter die kühlen Laken. Ich schlief sofort ein. Man weiß nur selten im voraus, was einen emotional auslaugt. Der Muskelprotz hatte sich als Schwächling und Angeber erwiesen. In meinen Träumen hörte ich ihn flennen. Oh, bitte nicht. Bitte. Bitte, Mister.
Nach Danas Flugplänen war es günstiger, von Syracuse abzufliegen. Wir brachen früh auf und fuhren durch einen kalten, grauen Morgen und spärlichen Schneefall zur Autobahn nach Westen zum Flughafen Syracuse. Sie fand die beste Verbindung über Chicago und dann nonstop nach San Francisco. Beim Buchen, Einchecken und Zurückgeben des Leihwagens, ja sogar im Umgang mit den Stewardessen, fiel mir etwas an ihr auf. Ohne das geringste Aufsehen erreichte sie allein durch ihre Haltung - lächelnd und höflich daß etwas anderes als perfekter Service undenkbar erschien. Sie konnte eine Augenbraue heben, und schon eilte aus zwanzig Metern Entfernung ein Träger herbei. Es ist eine seltene Gabe. Ich versuchte, ihr das eine oder andere abzunehmen, aber das schien sie zu irritieren. Es war ihr Job, und sie war daran gewöhnt. Und sie wußte, wie sie alles zu regeln hatte. Ihre ganze Tüchtigkeit kam mir zugute. Leute starrten mich an, als versuchten sie sich zu erinnern, wo sie mich schon gesehen hatten. Genau das zu bekommen, was man will, und es genau dann zu bekommen, wenn man es will, ist eine Fähigkeit, über die nur große Damen, Könige und die besten Chefsekretärinnen verfügen. Ich muß auch zugeben, ihr starkes, hübsches Gesicht und die funkelnde Intensität ihrer dunkelgrauen Augen erweckten den Eindruck, daß, wenn etwas nicht nach ihrem Willen ginge, sofort die Hölle losbrechen würde. Aber es war komisch, jemanden derart Tüchtiges dabei zu haben. Ich fühlte mich ein bißchen wie die Braut eines bedeutenden Witwers auf Flitterwochen. Oder ein Junge, der von einer jener Supermütter ins Sommerlager gebracht wird.
Sie versuchte, mir ihren Fensterplatz abzutreten. Kaum hatten wir uns angeschnallt, schaute sie in ihr kleines Notizbuch. »In Chicago haben wir eine Stunde und fünfzig Minuten Aufenthalt. Da werde ich ein paar Anrufe erledigen«, sagte sie. »Haben Sie es auch wirklich bequem, Travis? Brauchen Sie noch etwas?«
»Sie gehen jetzt besser nach vorne und helfen denen bei der Checkliste für den Abflug, Süße.«
Ihr Mund wurde schmal, und ihr Gesicht rötete sich leicht. »Ich wollte nicht übereifrig sein.«
»Sie sind ein wenig überwältigend, Dana.«
»Sie könnten das alles genauso gut. Aber warum sollten Sie?«
»Okay. Danke. Sie sind wirklich toll.«
Es war nicht gerade nett. Die meisten meiner Frauen waren außerhalb der Wohnung nicht besonders brauchbar. Ich blickte auf ihr ausdrucksloses Profil und seufzte. »Och, komm schon, Myra.«
Widerwillig wurde ihr Mund weicher. »Du hast wieder deine miese Laune, Frank.«
»Ich mach mir halt Sorgen, wie es im Büro läuft.«
»Ich wette, die haben kaum bemerkt, daß du weg bist, Süßer.«
»Oh, danke. Vielen Dank. Das ist wirklich beruhigend.« Sie lachte mit mir. Ihre Augen lachten mit. Es ging tief. Diese Art der Zuneigung wird bei der Abschleppclique bedeutend unterschätzt. Wem sollten sie auch Vertrauen schenken? Jemandem, der sie mag. Wenn sie lachte oder breit lächelte, konnte ich sehen, daß einer ihrer Eckzähne, der linke, leicht schief stand und sich über den Zahn davor schob. Wenn einem ein kleiner Makel sehr liebenswert erscheint, ist das eine Botschaft, die man nicht ignorieren sollte. Lysa Deans Zähne waren gnadenlos perfekt. Da war keine Botschaft. Vielleicht machte meine Aufmerksamkeit sich bemerkbar. Dana Holtzer hörte plötzlich auf, echt zu lachen, und fuhr kurz mit einem unechten Lachen fort. Dann verkroch sie sich wieder in sich selbst, außer Sicht- und Reichweite, und wurde wieder zu der Sekretärin an meiner Seite. Elegant, in Wolle, Spitzen, Gürtel eingerüstet saß sie aufrecht neben mir, den Hals gereckt, die Augen auf einen fernen Punkt gerichtet, den Sitzgurt zum Abflug fest
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