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Leidenschaft in Rot

Leidenschaft in Rot

Titel: Leidenschaft in Rot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John D. MacDonald
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angezogen.

    Alexander Armitage Abbott, Mitglied des Amerikanischen Architektenverbandes, lag auf Zimmer 310 der Universitätsklinik von San Francisco im Sterben. Am Ende des Korridors gab es einen Aufenthaltsraum. Ein grauer Regen, der nicht aufhören wollte, rann an den Fenstern herab und verschleierte die Aussicht auf die grauen Hügel. Es war Freitagnachmittag. Dana und ich saßen da wie abgekämpfte Passagiere in einem dicht besetzten Zug, der irgendwo in der Wildnis auf ein Nebengleis abgeschoben worden ist. Sie legte eine zerfledderte Zeitschrift aufs Regal zurück und setzte sich neben mich auf die Couch.
    »Sie machen sich sehr gut«, sagte ich ihr.
    »Ich mag diesen jungen Mann und seine Frau nicht.«
    »Das merkt man. Aber es macht überhaupt nichts. Die legen keinen Wert darauf, gemocht zu werden.«
    Der junge Mann kam zurück. Nicht ganz so jung, wie er aussah oder aussehen wollte. Nancys Bruder. Alex. Feist, dunkelhaarig, nichtssagend. Von der Sorte, die immer nach Fichtennadel riecht und perfekt manikürt ist. Er lächelte uns gemessen bekümmert an und nahm gegenüber Platz. »Entschuldigen Sie die ständigen Unterbrechungen. Sie wissen ja, wie das ist.« Er zuckte die Schultern. »Einer von uns beiden sollte bei ihm sein. Es scheint ihm ein bißchen zu helfen. Elaine kümmert sich ja so um ihn. Sie haben keine Ahnung.«
    »Ich nehme an, er hat nicht den Wunsch, Nancy zu sehen«, sagte Dana unschuldig.
    »Um Himmels willen, nein!« sagte Alex. »Wirklich, ich bin überzeugt, daß er noch Jahre hätte leben können, wenn sie nicht ... wenn sie ihm nicht solche Schande und solchen Kummer zugefügt hätte. Sie ist meine einzige Schwester. Aber mir geht jede geschwisterliche Regung ab. Manche Menschen sind einfach von Geburt an verdorben.« Er machte eine hilflose Geste. »Alles, was wir für sie getan haben, war vergeblich. Sie hat sich das Leben nur schwer gemacht ... und uns allen.«
    »Sie verstehen unseren Standpunkt in dieser Sache, Mr. Abbott«, sagte ich.
    »Natürlich. Natürlich. Ich weiß es zu schätzen, daß Sie versuchen, die Angelegenheit ganz unbürokratisch zu regeln. Ich denke, ich weiß, wie es um sie steht, und begreife auch, daß Mr. Burley sich Sorgen macht. Und ich bin durchaus bereit, ihm persönlich und schriftlich zu garantieren, daß die tausend Dollar pro Monat solange ausgezahlt werden, wie sie ... wie sie dort bleiben kann. Offen gesagt, war ich für die Auswahl dieses Sanatoriums verantwortlich. Ich wollte sie so weit entfernt wie möglich von San Francisco untergebracht wissen. Dad hinterläßt ihr natürlich nichts. Aber ich kann Ihnen ganz im Vertrauen sagen, daß das Vermögen ... beträchtlich ist. Ich halte es für meine moralische Pflicht, für sie aufzukommen. Ich bin sehr froh, daß Miss Holtzer und Sie wegen einer anderen Angelegenheit hierherkommen mußten. Es ist gut, die Sache zu besprechen.«
    Er versuchte, uns abzuwimmeln. Vielen Dank und auf Wiedersehen. Er wollte sich auf nichts festlegen lassen. »Wir haben es noch nicht geregelt, Mr. Abbott«, sagte ich zu ihm. »Mr. Burley hat ebenfalls gewisse moralische Verpflichtungen, deren er sich sehr wohl bewußt ist. Er ist nicht dafür eingerichtet, Nancy die notwendige psychologische Betreuung angedeihen zu lassen. Und unter den gegebenen Umständen ist er nicht in der Lage, regelmäßig jemanden kommen zu lassen, der sie dort behandelt. Wir sind hier lediglich in der Eigenschaft als ... Freunde von Hope Island, Mr. Abbott.«
    »Ich verstehe, aber ...«
    »Wenn der monatliche Beitrag verdoppelt werden könnte ...«
    »Das kommt nicht in Frage«, sagte er mit gut gespieltem Bedauern. »Ich glaube, es wäre besser, wenn Mr. Burley sie in eine psychiatrische Einrichtung verlegen lassen würde, wenn es das ist, was sie seiner Meinung nach braucht.«
    »Da gibt es nur ein kleines Problem«, sagte ich. »Zuweilen wirkt sie völlig gesund und vernünftig. Und sie hat sich eine ganze Verschwörungstheorie zusammengebastelt. Wir wissen natürlich, daß es nicht der Wahrheit entspricht, aber es hört sich völlig plausibel an. Wenn sie an einen anderen Ort ginge, könnte man dort glauben, eine vollständige Untersuchung sei erforderlich.«
    »Ich glaube, ich verstehe nicht ganz«, sagte er.
    Ich schaute Dana an und nickte ihr zu. Sie übernahm. »Nancy beharrt darauf, daß Sie sie vor eineinhalb Jahren einem Ehepaar in Carmel namens M’Gruder in Pflegschaft gegeben hätten.«
    »In Pflegschaft!« schnaubte er. »Das

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