Leidenschaft in Rot
ungeduldig und wollte mich offensichtlich so schnell wie möglich loswerden.«
»Kannten Sie jemanden von den anderen, die auf den Bildern zu sehen waren?«
»Abgesehen von den M’Gruders nur einen, einen Künstler, den ich ...« Plötzlich hielt er inne und runzelte die Stirn. »Wieso fragen Sie eigentlich so neugierig nach diesen Bildern, Mr. McGee?«
Ich zuckte die Achseln. »Ich glaube, das ist nur natürlich. Mr. Burley war auch neugierig. Die Fotos haben einen Einfluß auf das Selbstbild des Mädchens. Ich nehme an, wenn sie glaubt, es sei ein Komplott gewesen, ein Trick, dann wird sie besser damit fertig.«
»Mr. McGee, wenn Nancy je die Hoffnung gehegt haben sollte, die Hälfte des Vermögens zu erben, dann hatte sie ihre Chancen schon lange verspielt, bevor diese Aufnahmen gemacht wurden, glauben Sie mir. Natürlich werde ich sie unterstützen, solange sie lebt. Aber was Sie da fragen, erscheint ...«
»Ach, ich glaube nicht, daß sie Ihnen ernsthafte Schwierigkeiten bereiten könnte, Mr. Abbott.«
»Ich sehe nicht, wie sie überhaupt welche bereiten könnte.«
Ich lächelte und zuckte die Achseln. »Eine Anstalt könnte jemanden hinzuziehen, der sie juristisch berät. Sie wissen ja, wie das ist. Auf Erfolgshonorarbasis. Und Sie sagen selbst, daß das Vermögen beträchtlich ist. Nancys Geschichte hört sich plausibel an. Alles, was sie vermutlich erreichen könnte, wäre, daß sich die Testamentsbestätigung hinauszögert.«
Er studierte eingehend seinen Daumennagel. Er biß ein kleines Stück von der Ecke ab, stand auf und ging zu dem Stahlfenster, wo er auf Hacke und Spitze vor- und zurückwippte.
»Sie sagen, sie wirkt glücklich da auf der Insel?«
»Sie hat dort Freunde. Und die Illusion von Freiheit.«
»Und die Demenz, die Sie erwähnten. Ist die fortschreitend?« fragte er, ohne sich umzudrehen.
»Allen Anzeichen nach.«
»Ich könnte mir vorstellen, daß sie, wenn ich die Rechnung für zusätzliche Behandlung ... sagen wir, für sechs Monate aufbringe, daß sie dann ...«
»Sagen wir achtzehn Monate.«
»Ich zahle ein Jahr lang. Nicht länger.«
»Ich werde Mr. Burley entsprechend informieren.«
Er schaute auf seine Uhr. »Elaine wird nervös, wenn ich sie zu lange da drinnen alleinlasse. Äh ... danke für Ihren Bericht. Auf Wiedersehen.« Er ging hinaus, ohne einen von uns direkt anzuschauen.
Im Aufzug schaute Dana mich an und schüttelte langsam den Kopf. »Sie sind verdammt gut, Travis. Sie sind besser, als ich dachte. Sie sind unverschämt. Sie sind ein Mistkerl, Trav. Sie wissen verdammt gut, daß er glaubt, Sie würden sich den Zuschuß mit Mr. Burley teilen. Er denkt, Sie würden in ihrem Namen einen Prozeß anstrengen, wenn er nicht mitspielt. Und Sie sitzen da, ganz rechtschaffen und nett. Junge, Junge.«
»Ein Mann wie er kann nichts glauben, wenn es sich nicht nach einer krummen Sache anhört.«
»Ein Mann wie er löst das Bedürfnis in mir aus, mich abzuschrubben. Den lassen sie besser nicht alleine mit dem lieben Papa. Der ist ungeduldig.«
Bevor ich das Auto anließ, wandte ich mich zu ihr um. »Zusammenfassung.«
»Was? Oh. Er hat die Bilder nicht aufnehmen lassen. Der Mann, der sie gemacht hat oder hat machen lassen, hat einen britischen Arbeiterakzent. M’Gruder wußte von den Bildern. Und noch etwas. Lassen Sie mich nachdenken. Ach ja, die Ehe der M’Gruders wurde annulliert. Habe ich etwas vergessen?«
»Sie sind auch sehr gut.«
»Ich bin mit einem systematischen Verstand geschlagen.«
So fuhren wir also zurück ins Herz der Stadt. San Francisco ist die deprimierendste Stadt in Amerika. Den Nachzüglern mag das anders Vorkommen. Sie mögen sich bezaubern lassen von den Straßen hinauf zu Nob, Russian und Telegraph Hill, vom maritimen Geheimnis der Brücke hinüber ins Land der Redwoods in einer Nebelnacht, von den getrennten Stadtvierteln von Chinesen, Spaniern, Griechen, Japanern, von der Eleganz der Frauen und dem eisernen Zugriff der Stadt auf die Kultur. Auf Neulinge mag sie recht nett wirken.
Aber so viele von uns haben sie geliebt, wie sie früher war. Sie war eine wilde, rassige, verrückte Kleine, so eine Spaziergängerin bei Regen, mit lachenden grauen Augen, zerzausten Haaren - voll vom Dunst der See, eine geschmeidige, lebensfrohe Lady, die über einen und mit einem lachen konnte, und notfalls auch über sich selbst. Die einem seltsame und wunderschöne Sachen erzählte. Ein Mädchen, in das man sich verlieben konnte, mit einer Liebe, die
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