Leidenschaft in Rot
die Augenbrauen bis auf schmale Linien gezupft, den Mund mit Lippenstift vergrößert.
»Haben Sie die Bilder je zu Gesicht bekommen?« fragte ich sie.
Selbst die Abgestumpftesten besitzen eine gewitzte Schlauheit, den Argwohn der beständigen Verteidigungshaltung.
»Was für Bilder?«
»Die, die Vance hat machen lassen.«
»Ich bin schon stunden- und tagelang verhört worden. Woher soll ich wissen, daß Sie nicht auch so ’n Klugscheißer sind?«
»Ich kann es nicht beweisen.« Ich zögerte. Sie war zu beeinflussen. Ich suchte den richtigen Ansatz, ohne Scherereien. Der Kummer machte sie zusätzlich wehrlos. Der nette, alte McGee erschien mir als die beste Methode. Traurig schüttelte ich den Kopf. »Ich glaube nur, daß Vance M’Gruder Patricia böse mitgespielt hat, sehr böse, genaugenommen.«
Ihr kamen die Tränen. Sie schnüffelte in ihre Hand. »Ach Gott, ach Gott, ja. Das Schwein. Das dreckige Schwein!«
»Ein paar von uns haben nie begriffen, wieso Pat sich nicht ein bißchen stärker dagegen wehrte.«
»Mein Gott, Sie wissen ja nicht, wie er sie reingelegt hat. Dieser hundsgemeine Vance hatte alles schon lange geplant. Er hat sich so ’ne Art Führungszeugnis von der Polizei in London besorgt, aus der Zeit, bevor sie verheiratet waren. Wahrscheinlich, um zu beweisen, daß sie wußte, daß sie gar nicht heiraten durften. Und dann hatte er noch Tonbandaufnahmen von ihr und Nancy in ihrem Haus, und von ihr und mir in ihrem Haus, und die Bilder vom dem Mann, den er angeheuert hatte, damit er ihnen hinterherfuhr. Die ganze Sache muß eine Riesenstange Geld gekostet haben, aber Pat hat gesagt, es sei noch ’ne ganze Menge billiger als ’ne Scheidung in Kalifornien. Sie konnte keinen Anwalt dazu bringen, es anzufechten. Ich meine, schließlich stand ja fest, wie sie war.«
»Haben Sie diese Bilder gesehen, Martha?«
»Na klar. Das Komische war, die haben das so hingedreht, daß es aussah, als war sonst niemand dabei. Ich hab keine Ahnung, wie der die Bilder von so nah knipsen konnte. Pat mit mir und mit Nancy und mit Lysa Dean. Nur eins mit Lysa Dean, eins wo man nicht erkennen konnte, daß es Lysa Dean war, wenn man’s nicht wußte.«
»Als Sie diese Bilder sahen, waren Sie und Pat also zusammen?«
»Ja. Er hat noch so eine Schweinerei gemacht. Wir waren zu Besuch bei ein paar Freunden von ihr in der Stadt. Und dann kamen wir zurück nach Carmel, und er war weg, und die Schlösser waren ausgetauscht, und unsere persönlichen Sachen waren in der Garage aufgestapelt. Und da war ein Mann, der aufpaßte, daß niemand einbricht. Die Sache war die, daß sie immer noch in Nancy verliebt war, und vielleicht hat sie’s nie geschafft, drüber wegzukommen. Ich glaube, daß sie nie drüber weggekommen ist. Aber ich hab wirklich versucht, sie glücklich zu machen, wirklich.«
»Wieso hätte jemand sie umbringen sollen, Martha?«
Sie schluchzte erneut auf und schneuzte sich die Nase. »Ich weiß nicht! Ich weiß es einfach nicht. Das haben die mich auch ständig gefragt. Himmel, wir haben hier ganz friedlich gelebt, über ein Jahr jetzt schon, und eine ganze Weile haben wir zusammen in der gleichen Schicht im Four Treys gearbeitet, ich als Kellnerin und sie an der Wechselkasse. Wir hatten nur ganz wenige Freunde. Sie hat sich nicht für andere Mädchen interessiert oder so, und hinter mir war auch niemand her. Da war nur eins.«
»Was meinen Sie damit?«
Sie runzelte die Stirn und schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht. Es fing vor ein paar Wochen an. Davor wurde sie immer fuchsteufelswild, wenn sie an Vance dachte, und manchmal hat sie auch geweint. Vor ein paar Wochen bekam sie von irgend jemand einen Brief. Sie hat ihn mir nicht gezeigt, und ich kann ihn auch nicht finden. Ich nehm an, sie hat ihn weggeschmissen. Ein paar Tage lang war sie irgendwie ... weit weg, nachdem sie ihn bekommen hat, und sie hat mir kein Wort gesagt. Dann an einem Tag, als ich weg war, hat sie so Ferngespräche gemacht. Gab echt ’ne fette Rechnung. Über vierzig Dollar. Und später hat sie noch ein paar Anrufe gemacht. Dann hat sie sich über irgendwas ganz doll gefreut. Sie grinste immer so und summte vor sich hin, und ich hab sie gefragt, wieso es ihr so gut geht, und sie hat gesagt, ach nichts. Manchmal hat sie mich geschnappt und ist mit mir rumgetanzt, und sie hat gesagt, alles würd gut werden und wir würden reich. Mir war das ziemlich egal. Ich meine, es ging uns doch ganz gut hier. Wir brauchten nicht reich zu
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