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Leidenstour: Tannenbergs neunter Fall

Leidenstour: Tannenbergs neunter Fall

Titel: Leidenstour: Tannenbergs neunter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Franzinger
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Konkurrenten sind.«
    Tannenberg zog die Oberlippe hoch und starrte ihn verständnislos an. »Konkurrenten um was?«
    »Um die Gunst der holden Weiblichkeit«, vollendete der schlaksige Gerichtsmediziner, dessen Kopf fast das Rolldach seines laubfroschgrünen 2 CVs berührte.
    »Wir zwei?«
    »Ja«, kam es gedehnt zurück. Dr.   Schönthaler tätschelte seinem Freund den Oberschenkel. »Aber mach dir nix draus, alter Junge, so erbarmungslos ist die Natur nun mal. In diesem harten, aber auch extrem aufregenden biologischen Überlebensspiel geht es um nichts anderes als um die Weitergabe unserer Gene. Und da verschafft einem Mann eben ein attraktives, jugendliches und faltenloses Gesicht …«, demonstrativ strich er sich über sein frisch rasiertes, glattes Kinn, »in der jeweiligen Altersklasse einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil gegenüber seinen Konkurrenten.«
    »Faltenloses Gesicht«, prustete Tannenberg los. Er drehte dem Pathologen den Rückspiegel hin. »Dann guck da mal rein: Ein verknitterter Faltenrock ist gar nix dagegen.«
    Während die beiden alten Freunde dröhnend lachten, schob Dr.   Schönthaler seine Lieblings-CD in den Player. Die beiden warteten, bis die Eingangstakte verklungen waren, dann sangen sie ›Stairway to heaven‹ lauthals mit:
    »There’s a lady who’s sure, all that glitters is gold.«
    Doch anstelle von ›Glitters‹ grölten die beiden ›Knitters‹.
     
    Am Pfaffplatz hielt der Gerichtsmediziner im absoluten Halteverbot und ließ Tannenberg aussteigen. Anschließend knatterte er mit seinem auffälligen fahrbaren Untersatz zum nahe gelegenen Westpfalz-Klinikum, um in den tristen, weiß gekachelten Katakomben die Obduktion des Mordopfers durchzuführen.
    Schmunzelnd verfolgte der Kriminalbeamte das ungewöhnliche Auto, bis es aus seinem Sichtfeld verschwunden war. Dann ging ein Ruck durch seinen hünenhaften Körper, denn er hatte sich gerade dazu entschlossen, einen kurzen Abstecher in die Innenstadt zu unternehmen. Seine direkt gegenüberliegende Dienststelle würdigte er keines Blickes und folgte der wie immer stark befahrenen Pariser Straße in Richtung des Platzes, an dem bis vor einigen Jahren das alte Pfalztheater stand.
    Nachdem er das klotzige Karstadt-Gebäude passiert hatte, überquerte er an der Ampel am Fackelrondell die Straße und schlenderte zielgerichtet durch die Fußgängerzone. Wie an einer langen Gummileine zogen ihn magische Kräfte schnurstracks in einen Drogeriemarkt hinein und dort in die Süßwarenabteilung.
    Die stark begrenzte Auswahl an Bitterschokolade enttäuschte ihn. Er war davon ausgegangen, dass er auf ein bedeutend größeres Angebot treffen würde, doch fand er in den Regalen lediglich drei verschiedene Sorten vor. Er wählte diejenige mit dem höchsten Kakaogehalt.
    ›Genießen Sie die kräftig herbe Fülle dieser außergewöhnlichen Schokoladenkreation‹, stand auf der Hochglanzverpackung geschrieben. ›Diese extraherbe Edelbitterschokolade besticht durch eine harmonische Kombination edler Zutaten und verschafft Ihnen ein exquisites, unvergessliches Geschmackserlebnis‹.
    Nur 14 % Zuckeranteil, das ist wirklich wenig. Na, da bin ich jetzt aber mal richtig gespannt, sagte er zu sich selbst, als er ins Freie trat.
    »Wolfram, komm mal rüber zu uns«, ertönte urplötzlich eine wohlbekannte Männerstimme von schräg gegenüber.
    Erschrocken schaute Tannenberg auf und entdeckte seinen Vater, der gemeinsam mit mehreren anderen Rentnern vor der Tchibo-Filiale an einem der Bistrotischchen stand. Nur zögerlich setzte er sich in Bewegung.
    »Vorhin haben sie im Radio gemeldet, dass auf dem Antonihof ein Mann ermordet wurde. Stimmt das?«, schrie Jacob in die belebte Fußgängerzone hinein.
    Während einige Passanten neugierig die Köpfe zu ihm hinwandten und andere sogar stehen blieben, beschleunigte der Kriminalbeamte seinen Schritt.
    »Du musst es doch am besten wissen, schließlich bist du der Chef der Mordkommission«, legte der Senior sogleich lautstark nach.
    Wolfram Tannenberg warf seinem biologischen Erzeuger einen bitterbösen Blick zu. Er platzte fast vor Zorn angesichts dieses unmöglichen Verhaltens. Doch traute er sich nicht, mitten in der Öffentlichkeit seinen Vater in die Schranken zu weisen, zumal vor dessen versammelten Freunden.
    »Nicht so laut«, zischte der erboste Kriminalbeamte. »Es muss doch nicht gleich die ganze Stadt hören.«
    »Also stimmt’s«, schlussfolgerte Jacob aus der Antwort seines jüngsten

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