Leidenstour: Tannenbergs neunter Fall
in sanftem Tonfall: »Einen Mordfall, den Sie garantiert schon sehr bald aufgeklärt haben werden. Da bin ich mir ganz sicher. Genauso wie ich mir sicher bin, dass keiner der Rennfahrer auch nur das Geringste mit diesem schrecklichen Vorfall zu tun hat.«
»Ihr Wort in Gottes Ohr.«
Der Staranwalt warf einen schnellen Blick auf seine goldene Cartier-Uhr. »Ich werde mich nun eingehend mit meinen Mandanten beraten.« Er warf die sonnengebräunte Stirn in Falten. »Was halten Sie davon, wenn Ihnen das Team ab 14 Uhr zur Verfügung steht? Hier im Hotel natürlich.«
Tannenberg blies die Backen auf. »Von mir aus.«
»Sehr schön, dann können die Jungs anschließend noch eine Trainingseinheit absolvieren. Sind Sie eigentlich auch ein leidenschaftlicher Radsportfan?«
»Radsport? Eher weniger. Leidenschaftlicher Fan? Klar doch – vom 1. FCK, dem Verein, der große Leiden schafft.«
Tannenberg musste sich noch etwa eine Viertelstunde gedulden, dann hatte der Gerichtsmediziner die vorläufige Begutachtung des Leichnams abgeschlossen und er konnte mit ihm zurück in die Stadt fahren.
Da Dr. Schönthaler bezüglich des Mordopfers mit keinerlei Neuigkeiten aufwarten konnte, zapfte der Kriminalbeamte dessen medizinische Fachkompetenz anderweitig an.
»Sag mal, Rainer, was hältst du denn eigentlich von Schokolade mit einem sehr hohen Kakaoanteil? Aus medizinischer Sicht, meine ich. Die soll ja unheimlich gesund sein.«
Im Gesicht des Rechtsmediziners zeigte sich ein verschmitztes Lächeln. »Ach, unsere liebe Flocke hat dich also auch schon mit ihrem Schoko-Fimmel-Virus infiziert.«
»Ist da nun was dran oder nicht?«
»Aber sicher doch, mein Guter. Kakao ist schon lange als Stimmungsaufheller und Antidepressivum bekannt. Am besten isst du ab sofort fünf Tafeln pro Tag. Das ist nämlich die Minimaldosis für besonders hartnäckige, eigentlich untherapierbare Fälle.« Ein schallendes Lachen erklang.
»Komm, jetzt aber mal im Ernst.«
»Aus Spaß wurde Ernst, Ernst lernt gerade laufen.«
»Du erzählst auch immer nur denselben alten Schrott.«
»Apropos alt. Kakao ist zudem ein bewährtes Anti-Aging-Produkt«, dozierte Dr. Schönthaler. Von der Seite her sondierte er seinen Freund mit einem bekümmerten Blick.
Der hielt ihm stand und blaffte: »Guck lieber auf die Straße, sonst landen wir gleich im Graben.«
Stur, wie er nun einmal war, schaute der Rechtsmediziner nur kurz auf die Landstraße und dann gleich wieder zu seinem Freund.
»Wenn ich mir deine runzelige Gesichtshaut anschaue, könnte dir hoch konzentrierter Kakao wirklich nicht schaden«, frotzelte er. »Am besten schluckst du das Zeug gleich kiloweise. Oder besser noch: Du badest in Kakaoöl. Diese schwarze Wunderwaffe wirkt nämlich Faltenbildung entgegen, verbessert die UV-Verträglichkeit der Haut, macht sie feuchter, frischer und elastischer. Und erzeugt damit einen Gesichtsteint, der quasi das genaue Gegenteil dessen ist, was da gegenwärtig so schlaff um deinen alten Schädel herumhängt. Du siehst heute Morgen übrigens mal wieder aus wie eine aufgeplatzte Matratze.«
»Danke, für das Kompliment.«
»Aber nun mal ohne Quatsch, alter Junge: Kakao ist wirklich megagesund. Das wissen wir Mediziner schon seit Langem. Legendär ist die Studie über die Kuna-Indianer in Panama. Bei diesen Ureinwohnern ist Bluthochdruck unbekannt. Außerdem leiden diese beneidenswerten Menschen nur selten an unseren Zivilisationskrankheiten.«
»Ja, Gott, die gehören eben zu einem Naturvolk.«
»Wir Pfälzer etwa nicht?«
»Du garantiert.«
»Zurück zu den Kuna-Indianern. Anfangs vermutete man als Ursache für diese Phänomene eine extrem gesunde Lebensweise. Aber als man dieses Indianervolk wissenschaftlich näher untersuchte, stellte sich schnell heraus, dass dies nicht der zentrale Faktor war. Viel entscheidender war die Tatsache, dass die Kuna-Indianer pro Woche im Schnitt 40 Tassen Kakao trinken. Und seitdem ich das weiß, esse ich jeden Tag eine halbe Tafel schwarze Schokolade.«
Dr. Schönthaler reckte den Zeigefinger in die Höhe. »Und zwar eine mit einem extrem hohen Kakaoanteil.«
»Und warum hast du mir das nicht schon viel früher gesagt?«, beschwerte sich Tannenberg mit vorwurfsvollem Unterton.
»Warum wohl, mein liebes Wölfchen, hab ich das nicht getan?« Der Pathologe wartete einige Sekunden auf eine Reaktion. Doch als sich diese nicht einstellte, beantwortete er selbst die Frage. »Weil wir zwei, biologisch betrachtet,
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