Leidenstour: Tannenbergs neunter Fall
Tier auf den Teller kam, das sein Leben im Wasser verbracht hatte.
»Aber ermordet hat man ihn trotzdem«, warf Armin Geiger ein. »Zwar nicht mit Gift, aber dafür mit einer Fahrradkette.«
»Messerscharf analysiert – wie immer«, lobte sein Vorgesetzter scheinheilig. Tannenberg kratzte sich lächelnd an der Schläfe. »Also war das mit den arsenvergifteten Pralinen ein absolutes Windei.«
»Anscheinend«, bestätigte der Kriminaltechniker. »Und zwar eins, das unserem Doc richtig peinlich ist.«
»Deshalb ist er auch noch nicht hier.«
»Er kommt auch nicht mehr«, gab Mertel zurück. »Angeblich hat er keine Zeit.«
»Was für ein elender Hosenschisser«, höhnte Dr. Schönthalers bester Freund. »Sag mal, Karl, gibt’s was Neues zum Thema ›Sprengsatz‹?«
»Nein, denn meine Vermutung hat sich bestätigt: Der Plastiksprengstoff wurde mit dem elektrischen Impuls eines Handyempfängers ferngezündet.«
Tannenberg nickte. »Okay. Dann lautet die zentrale Frage: Wer hatte Gelegenheit, den Sprengsatz zu deponieren? Habt ihr dahin gehend schon etwas in Erfahrung bringen können?«, fragte er an das Ermittlerehepaar Schauß adressiert.
»Nein, Wolf, wir sind immer noch dabei, die Abläufe im Vorfeld der Pressekonferenz zu rekonstruieren. Denjenigen Leuten des Fernsehsenders, die wir bisher befragt haben, ist nichts Ungewöhnliches aufgefallen. Eigentlich kein Wunder, denn die Vorbereitungen müssen ausgesprochen hektisch und chaotisch abgelaufen sein. Da war offenbar auch jede Menge Fremdpersonal zugange.«
»Rekonstruieren ist genau das richtige Stichwort«, sagte Tannenberg. »Damit müssen wir uns intensiv beschäftigen. Nur so kommen wir in dieser Sache voran.« Er seufzte und presste die Zahnreihen aufeinander. »Das wird wohl leider einige Zeit in Anspruch nehmen.« Er klopfte mit der Faust ein paarmal auf den Tisch. »Verdammt, warum rücken diese Europol-Fuzzis auch nicht mit ihren Informationen raus?«
»Na ja, vielleicht, weil sie Angst haben, du würdest alles verderben«, murmelte Mertel.
»Wieso?«
»Weil du ungeduldiger Knochen sehr wahrscheinlich sofort zuschlagen würdest, wenn du wüsstest, wer hinter den Morden steckt«, entgegnete der Spurenexperte. »Und gerade das wollen die womöglich unter allen Umständen vermeiden.«
Der Leiter des K 1 knurrte, enthielt sich jedoch eines bissigen Kommentars.
»Vielleicht hat Europol ja noch einen weiteren Undercoveragenten in den inneren Zirkel der Doping-Mafia eingeschleust oder sie haben einen Spitzel in der Mannschaft sitzen«, orakelte Mertel weiter.
»Du meinst einen Radrennfahrer?«
»Ja, warum denn nicht?«
An der Tür klopfte es.
»Herein«, rief Tannenberg.
Die Holztür schwenkte langsam in den Raum hinein und Petra Flockerzie tauchte im Türrahmen auf. Vor ihrem wogenden Busen trug sie eine flache Glasschüssel, die mit etwa einem Dutzend Riegeln Bitterschokolade gefüllt war. Unter dem johlenden Gelächter ihrer Kollegen stellte sie die Schale mitten auf den Tisch.
»Was ist denn los mit euch?«, fragte sie verwundert.
»Ach, nichts Besonderes, Flocke«, sagte Mertel, »wir freuen uns nur darüber, dass Wolf heute Morgen so gut gelaunt ist.«
»Das wird sich leider gleich ändern«, erklang plötzlich Mariekes Stimme von der offenen Bürotür her.
Alle wandten sich zu ihr um. Die junge, sportlich gekleidete Frau hielt in der linken Hand ihren Motorradhelm und in der anderen mehrere Din -A4-Blätter, mit denen sie herumwedelte. Sie eilte zu ihrem Onkel und überreichte ihm die Computerausdrucke.
»Was ist das denn, Marieke«, fragte Tannenberg, dem das Erstaunen deutlich ins Gesicht geschrieben stand.
»Schau’s dir selbst an«, forderte sie.
Wolfram Tannenbergs Augen huschten über die rätselhaften Diagramme und Zahlen hinweg, aber er wusste offensichtlich nicht viel damit anzufangen. »Sind das etwa die …?«
»Ja, das sind die Auswertungen der Dopingproben aller Turbofood-Rennfahrer«, vollendete die Biologie-Studentin.
»Ich verstehe dieses kodierte Zeug nicht. Sag du mir bitte, was ihr gefunden habt.«
Marieke blickte sich ängstlich um. »Ihr dürft niemandem etwas darüber sagen, dass ich euch diese Auswertungen gezeigt habe, sonst komme ich in Teufels Küche.«
»Keine Angst, davon erfährt niemand etwas«, versprach ihr Onkel und wiederholte seine Bitte.
»Als ich die Auswertungen gesehen habe, musste ich sofort zu dir fahren. Die Analyseergebnisse sind nämlich allesamt negativ.«
»Wie
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