Leif - Hungrig nach Leben: Ein jugendlicher Liebesroman
was ich dachte.
„Hallo Nina“, begrüßte er mich.
„Hallo.“
„Weißt du, wo Leif steckt?“
Misstrauisch musterte ich ihn und schüttelte sicherheitshalber den Kopf. „Nein.“
„Wenn du ihn zufällig siehst, richte ihm bitte aus, er soll sich bei uns melden“, sagte er mit dem Anflug eines Lächelns.
Wie er das zufällig betonte, machte mir klar, er wusste, dass ich log. „Warum? Wollen Sie ihn verhaften?“
Im Leben würde ich das nicht zulassen! Was natürlich Blödsinn war, wie ich selbst wusste. Wenn sie das vorhätten, könnte ich nichts dagegen unternehmen. Ich könnte ihn allenfalls warnen, ihm eine Wegzehrung und all mein Bargeld in die Hand drücken – im Geiste rechnete ich zusammen, wie viel das sein konnte, und es war erschreckend wenig – und ihm ans Herz legen, die Flucht zu ergreifen. Vielleicht oder sehr wahrscheinlich sogar würde ich mit ihm gehen. Wir könnten wie Bonnie und Clyde durch die Lande ziehen. Lebensmittel stehlen, uns in Heuschobern und Scheunen lieben. Eine nicht ganz unromantische Vorstellung. Auf alle Fälle ein großes Abenteuer …
Der Polizist lächelte sanftmütig und holte mich aus meinen Tagträumen. „Nein. Wenn dem so wäre, würden wir nach ihm fahnden und ihn auch finden. Im Gegenteil, ich bin hier, um dir zu sagen, dass jegliche Verdachtsmomente gegen ihn fallen gelassen wurden. Die Zeugenaussagen deiner Nachbarn bestätigen eure Geschichte, das ist der eine Grund. Zum anderen deutet nach derzeitigem Stand der Ermittlungen alles auf einen technischen Defekt hin.“
Ich konnte mir ein Lächeln nicht verkneifen und wollte es auch gar nicht. „Wissen seine Eltern es schon?“
Er nickte. „Dort war ich als Erstes.“
„Gut.“ Ich holte Luft. „Das wird ihn freuen.“ Mich freute es auch und so war ich etwas vorschnell, als ich versprach: „Ich sag’s ihm, wenn ich …“ Im letzten Moment kriegte ich noch die Kurve und korrigierte mich. „… falls ich ihn sehe.“
Kommissar Hansen schmunzelte. Ich hatte mich schon wieder verraten, aber das war nun auch egal.
Langsam kehrte wieder Ruhe ein in unserer aller Leben. Leifs Eltern versprachen, ihm mehr zu vertrauen. Meine Eltern wurden zugänglicher, was Leif anging. Sie lernten ihn kennen, machten sich ihr eigenes Bild von ihm und ließen uns nun ganz offiziell ein Paar sein.
10. Kapitel
Hatte ich geglaubt, es kehrte Ruhe in unser Leben? Ich hatte die Rechnung ohne Leif gemacht. Mit ihm war es nicht möglich. Mit ihm gab es immer Überraschungen, positive wie negative. Er musste noch nicht einmal aktiv beteiligt sein, er hatte ein Talent dafür, sich in dumme Situationen zu verstricken. Weil er mit den falschen Leuten herumhing. Leuten wie Ramon.
Mir war von Anfang an nicht wohl dabei, als wir ihn besuchten. Aber die Jungs meinten, es ginge ihm nicht gut, wir müssten ihn aufmuntern. Cinzia hatte ihn in die Wüste geschickt. Er war angetrunken und das mitten am Tag! Dass ihn das überhaupt so hart träfe, hätte ich nicht erwartet. Das waren ja menschliche Züge an ihm! Die einzigen, die ich kennen lernen durfte. Zumindest für einen kurzen Moment hatte ich Mitleid mit ihm und war drauf und dran, meine Meinung ihn betreffend zu überdenken. Wie gesagt, für einen kurzen Moment. Der dauerte vom Durchschreiten der Haustür bis zum Betreten seines Zimmers im Keller seines Elternhauses.
Ich weiß auch nicht, warum es gerade die Waffe war, die ich als Allererstes sah. Sie lag mitten auf seinem unaufgeräumten Schreibtisch – auf, zwischen und zum Teil unter Büchern, Blöcken, Zetteln, CDs, leeren Zigarettenschachteln, allerhand Zeug eben. Sie war gar nicht das Erste, das jedermanns Blick auf sich zog, wenn man den Raum betrat. Das war das Riesenbett, nein eigentlich der große Spiegelschrank, der geradeaus stand, und dann das Bett. Der Schreibtisch lag links von der Tür.
Die Jungs platzierten und warfen sich aufs Bett, Marek wechselte die CD in der Anlage, Leif zündete sich eine Zigarette an. Nur ich stand etwas fehl am Platz da, weil ich mich unwohl fühlte, wie in der Höhle des Löwen. Ich sah mich neugierig um und erblickte sie.
Ich kannte mich nicht mit Waffen aus, konnte mir auch nicht vorstellen, dass ein Teenager so ein Ding besaß, geschweige denn offen auf dem Schreibtisch herumliegen ließ. Ich beschloss für mich, es müsse eine Attrappe sein, ein Spielzeug. Was sonst?
„Schon mal geschossen?“, fragte Ramon hinter mir. Beim bloßen Klang seiner Stimme lief es mir kalt
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