Leif - Hungrig nach Leben: Ein jugendlicher Liebesroman
Jürgen, Ansgar und Malte standen ebenfalls auf. Ich hielt den Atem an.
Ramon lachte bitter. „Warum sollte ich nicht etwas mit der Waffe machen? Wen kratzt es schon, ob ich da bin oder nicht?“
Ich wünschte niemandem etwas Böses, aber diese Frage erschien mir wie eine Weggabelung und aus einem Impuls heraus wünschte ich mir, er würde etwas mit der Waffe machen.
„Sag mal, wie viel hast du heute schon getrunken?“, wollte Malte wissen.
„Was hat das damit zu tun?“, pampte Ramon.
„Du solltest so eine Entscheidung vielleicht besser treffen, wenn du nüchtern bist.“
Er lachte hysterisch. „So wie Cinzia, die war sogar sehr nüchtern.“
Er fuchtelte wieder mit der Waffe, richtete sie auf mich und ich schluckte. „Teichert, du hättest deine Schnalle heute lieber zuhause gelassen. Ich reagiere zurzeit allergisch auf weibliche Schweiß- und Tränendrüsen.“
Ich zitterte mittlerweile wie Espenlaub. Leif schob sich vor mich, streckte eine Hand nach hinten, um mich davon abzuhalten, nach vorn zu kommen, und um mir das sichere Gefühl zu geben, er war da, um mich zu beschützen. Aber was nützte es, wenn er für mich eine Kugel einfing?
„Ramon, wir alle hatten schon mal Liebeskummer, aber das ist doch kein Grund …“
Polizeisirenen unterbrachen Leif.
„Die Bullen?“, fragte Marek.
„Die kommen doch nicht deswegen, oder?“, überlegte Jürgen laut.
Wir lauschten angespannt. Die Sirenen kamen näher. Es kam uns wie ein seltsamer Zufall vor. Es war kein Zufall, aber es brauchte ein paar Sekunden, bis wir das realisierten.
„Bestimmt haben die Nachbarn die Schüsse gehört“, sagte Malte.
Ich griff nach Leifs Hand. „Du musst hier weg. Ich meine … wir alle müssen es, aber du besonders.“
Er nickte. Geistesgegenwärtig schob er mich aus dem Zimmer, rannten wir nach oben. Ins Wohnzimmer. Nach draußen. Durch den Garten. Wir kletterten über den Zaun. Hinter uns rief eine Stimme: Halt .
Wir rannten weiter. Zu unserem Glück lag das Haus von Ramons Eltern direkt am Wald und dorthinein flüchteten wir. Verstreuten uns in alle Himmelsrichtungen. Bis auf Leif und mich. Ich wollte, dass er allein weiterrannte, weil ich nicht so schnell war und ich ihn zurückhielt. Er war nicht gewillt, meine Hand loszulassen. Wir rannten um unser Leben. Wir sprangen über Baumstämme, stolperten über Steine. Fielen hin, standen wieder auf. Ich keuchte. Ich hatte Seitenstechen. Meine Lunge schmerzte. Alles schmerzte.
Irgendwann blieb ich stehen, japste nach Luft. „Du musst … ohne mich weiter …“
Ich bekam keine Luft mehr. Ich war fest davon überzeugt, jeden Moment zusammenzubrechen.
„Nicht mehr nötig. Ich glaube … wir haben sie abgehängt“, stieß Leif atemlos hervor.
„Geh’ ohne … mich weiter … nur für … den Fall …“
Er schüttelte den Kopf. „Niemals. Komm!“
„Ichkannnichmehr!“
„Nur noch … ein paar Meter.“ Er deutete auf das Bootshaus unten am Fluss.
„Da suchen sie … uns doch als Erstes. Wenn wir überhaupt … reinkommen“, wandte ich ein.
Wir kamen rein. Es hatte kein Schloss mehr, es stand schon lange leer und unbenutzt. Atemlos stand ich vor Leif. „Und jetzt?“
„Zieh’ dich aus!“
„Was? Wie kannst du jetzt an Sex denken?“
„Mach’ es einfach!“ Er zog sich den Pullover über den Kopf.
Zum Vorschein kam seine nackte, verführerische Brust. Ich zog mir die Sweatjacke und das T-Shirt aus. Seine Hose folgte und meine. Dann trat er auf mich zu, legte seine Hände unter mein Kinn. „Wenn jemand kommt, erwischen sie uns bei einem Schäferstündchen. Und so lange wir hier warten … halten wir ein Schäferstündchen ab“, flüsterte er grinsend.
Es wäre nicht nötig gewesen, es kam niemand. Wir hatten sie abgehängt. Aber freiwillig auf Sex mit Leif verzichten? Da musste ich schon mit dem Klammerbeutel gepudert sein!
„Wie geht’s jetzt weiter?“, fragte ich später, als ich in seine Arme gekuschelt mit ihm auf dem Boden lag. Wir hatten sogar eine Decke gefunden. Etwas löchrig und schmutzig, aber eine bessere Unterlage als der blanke Holzboden.
„Ich schätze, Ramon kriegt gewaltig den Hintern aufgerissen. Von den Bullen, von seinen Eltern. Der ist erst mal weg vom Fenster. Ich hab’ keine Ahnung, wie er da wieder rauskommen will.“
„Aber die Waffe … deine Fingerabdrücke …“
Leif schüttelte den Kopf. „Sie lag in meiner Hand, aber ich habe sie nicht angefasst. Da dürfte nichts passieren.“
„Und wenn
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