Leise Kommt Der Tod
Schätze.
»Tad?«, rief sie noch einmal. Im nächsten Moment hörte sie seine Schritte. »Wo bist du?« Es kam ihr etwas seltsam vor, dass er nicht mit ihr sprach, obwohl sie wusste, dass er in der Nähe war. »Ich bin es, Sweeney. Ich würde dich gerne etwas fragen.«
Aber der große Raum blieb still, als sie an den Schränken entlangging und dabei die Vasen, das Silber und die Keramikstücke betrachtete.
Sie fand Tad, auf dem Boden sitzend, neben einem hohen Gestell, das der Aufbewahrung europäischer und amerikanischer Gemälde diente. Als er zu ihr hochsah, erkannte sie, dass er geweint hatte, obwohl er versuchte, es zu verbergen. Er lächelte sie an und stand auf.
»Tad, was ist los?«
»Nichts. Ich bin nur …« Er unterbrach sich, erkannte aber, dass er nicht wegkommen würde, ohne den Grund für seine Tränen zu nennen. »Es ist nur … Willem«, sagte er beiläufig, als ob er genau wie alle anderen um Willem trauerte. »Es war sehr schwer in den letzten Wochen.«
Aber als sie ihn ansah, fiel ihr etwas ganz anderes in seinem Gesicht auf. Sein Blick wirkte gequält, bedürftig, wie der eines verzweifelten Liebhabers mit gebrochenem Herzen.
»Tad? Wart ihr...?« Sie fragte sich, warum sie nie an diese Möglichkeit gedacht hatte. Weder Tad noch Willem waren je eine Beziehung eingegangen, von der sie gewusst hätte. Außerdem würde es erklären, warum Tad seine eigene Karriere schon vor so vielen Jahren aufgegeben hatte, um mit Willem zu arbeiten. »Du hast ihn geliebt.«
Tad beugte den Kopf. Es gab nichts weiter zu sagen. »Es tut mir leid. Was wolltest du von mir?«
Sie wartete einen Herzschlag lang. Gerne hätte sie sich zu
ihm gebeugt, ihn getröstet und ihm gesagt, dass es ihr leidtat, aber stattdessen sagte sie: »Ich würde gerne mit dir über das Falkenkollier sprechen. Ich glaube, dass es falsch datiert wurde, nachdem Arthur Maloof es 1979 gestiftet hatte. Auf mich wirkt es, als sei das absichtlich passiert, um zu verschleiern, dass es illegal aus Ägypten ausgeführt wurde. Und ich glaube, es ist um vieles wertvoller, als alle gedacht haben, und Karen Philips hat das vermutlich herausgefunden. Ich weiß nicht, ob diese Entdeckung etwas mit ihrem Tod zu tun hatte, aber ich frage mich, was da los war. Warum hat niemand bemerkt, dass die Information in der Akte nicht zu dem besagten Stück passten? Ich meine, du und Willem, ihr kanntet euch beide ziemlich gut mit ägyptischen Antiquitäten aus, richtig?«
Tad sah sie wachsam an. »Willem war nicht gerade auf Schmuck spezialisiert«, erklärte er. »Maloof hat es zur selben Zeit gestiftet wie die goldene Grabmaske, und das war das Stück, nach dem er sich tatsächlich verzehrte. Der Schmuck war nur eine Beigabe, die Maloof nicht mehr brauchte.«
»Willem war vernarrt in die Maske, nicht wahr?«, sagte Sweeney. »Sie ist ja auch wunderschön. Natürlich war er fasziniert davon. Und er liebte auch den Kanopenkrug. Ich erinnere mich noch, wie ich ihn dabei ertappte, als er ihn ein paar Tage vor der Eröffnung verstohlen betrachtete. Er sah ihn an wie ein Kind.«
»Er hatte Hutchinson über Jahre hinweg hofiert«, sagte Tad. »Es war eine echte Anstrengung, das Ding zu bekommen.«
Sweeney lächelte. »Er war so stolz darauf, dass er den Krug am Abend der Eröffnung allen gezeigt hat.« Er war stolz gewesen . Sie versuchte, sich an seinen Gesichtsausdruck zu erinnern, als er die Gäste gebeten hatte, in den Keller zu kommen, um den Krug zu bestaunen. Wie ein stolzer Vater. Als sie bemerkt hatte, dass der Verschluss fehlte, war einer ihrer ersten Gedanken gewesen, wie bestürzt Willem wohl deswegen sein würde.
»Eigentlich war es seltsam«, sprach sie ihre Überlegung laut aus. »Ich hätte erwartet, dass er vollkommen ausflippen würde angesichts der Erkenntnis, dass dem Krug etwas zugestoßen sein könnte. Aber das ist er nicht. Er war...«
In dem stillen, halbdunklen Raum sah sie den Ausdruck in Tads Gesicht. Er wich ihrem Blick beschämt aus.
Sweeney hatte plötzlich eine schreckliche Vorahnung. »Warte, er hat vielleicht gar nicht damit gerechnet, dass dem Krug etwas zugestoßen sein könnte? Das kann nicht sein, doch nicht Willem. Wenn Willem wirklich geglaubt hätte, dass einer der Verschlüsse des Kruges gestohlen worden war, dann wäre er an die Decke gegangen. Er wäre vor Wut im Dreieck gesprungen und hätte alle Hebel in Bewegung gesetzt, um das Ding zu finden. Aber das hat er nicht. Er war ganz ruhig.«
»Sweeney, es ist... Ich
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