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Leises Gift

Leises Gift

Titel: Leises Gift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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erhaschte man manchmal sogar einen Blick in ihre Köpfe.
    Das war der absolute Kick, Mann.

27
    Alex stand am Rand des kleinen Vorfelds auf dem Natchez Airport und beobachtete die Lear 35, die vor ihr eine perfekte Landung hinlegte. Sie war nur ein paar Kilometer vom Natchez Trace entfernt, wo sie zusammen mit Chris auf der Brücke über den Creek gestanden hatte. Das war nun schon eine ganze Woche her.
    Während der Jet sich über das Rollfeld der Stelle näherte, wo Alex stand und wartete, nahm sie ihr offizielles Mobiltelefon hervor und versuchte erneut, Chris zu erreichen. Der Akku ihres privaten Handys war in der Nacht leer geworden, als sie in Chris’ Gästezimmer unter dem Einfluss einer Ativan tief und fest geschlafen hatte. Zu ihrer Überraschung nahm Chris den Anruf entgegen.
    »Alex?«
    »Ja. Ich …«
    »Sind Sie immer noch bei mir zu Hause?«
    »Nein. Ich bin am Flughafen. Ich steige gleich in einen Jet nach Washington.«
    »Was?«
    »Das FBI hat mich durchschaut, Chris. Meine privaten Ermittlungen, alles. Sie haben mich heute Morgen angerufen.«
    Er schwieg ein paar Sekunden. »Das tut mir leid«, sagte er dann. »Kann sein, dass ich selbst auch in Schwierigkeiten bin.«
    »Wie das?«
    »Ich habe heute Morgen Shane Lansing in der Intensivstation getroffen. Ich habe ihn … zur Rede gestellt.«
    Alex schloss enttäuscht die Augen. Dr. Shepard war, wie sich herausstellte, schlecht dazu geeignet, eine Falle zu konstruieren. Er besaß nicht die Verschlagenheit, die dazu erforderlich war. »Was haben Sie zu ihm gesagt?«
    »Ich habe ihn gefragt, ob er meine Frau vögelt.«
    »Meine Güte!«
    »Er hat versucht, mich zu schlagen, also habe ich ihn aufs Kreuz gelegt.«
    »Aufs Kreuz gelegt? Ist er verletzt?«
    »Schon möglich. Aber bis jetzt waren die Cops noch nicht in meiner Praxis, um mich zu verhaften.«
    »Ich bezweifle, dass sie kommen.«
    »Hoffentlich habe ich Ihre Pläne nicht allzu sehr durchkreuzt. Ihre Ermittlungen, meine ich.«
    »Machen Sie sich deswegen keine Gedanken. Versuchen Sie einfach nur, nichts weiter auf eigene Faust zu unternehmen, okay?« Der Lear kam immer näher. »Ich kann nicht mehr lange reden. Ich wollte Sie nur informieren, dass Sie mich für eine Weile nicht sehen werden.«
    »Wie schlimm kann es für Sie werden? Washington, meine ich?«
    Ihr Lachen hatte einen hysterischen Unterton. »Ziemlich schlimm. Sie erinnern sich an meinen Fehler in der Federal Reserve Bank? Als ich angeschossen wurde?«
    »Ja.«
    »Ich bin in die Bank zurückgegangen, weil ich überzeugt war, recht zu haben, aber ein Deputy Director hat trotzdem das Geiselbefreiungsteam losgeschickt.«
    »Ja, ich erinnere mich.«
    »Dieser Deputy Director hat mich heute angerufen. Sein Name ist Dodson. Und die Sache ist die … wie sich herausstellte, hatte ich an jenem Tag recht. Der Bankräuber war kein Terrorist, er war ein unzufriedener Angestellter. Ich habe einen schrecklichen Verfahrensfehler begangen, doch als die Wahrheit herauskam, zeigte sich, dass meine Instinkte mich nicht getäuscht hatten. Ich hatte recht, und Dodson hatte unrecht. Das hat er mir nie verziehen. Seit damals hat er es auf mich abgesehen, und heute ist Zahltag.«
    Die heulenden Turbinen des näher kommenden Jets erstickten beinahe jedes andere Geräusch.
    »Was?«, rief Alex in ihr Handy.
    »Ich sagte, ich habe einen Freund am Sloan-Kettering angerufen!«, wiederholte Chris. »Ich lasse Sie wissen, was er sagt. Hören Sie, irgendjemand da oben muss wissen, dass Sie gebraucht werden. Konzentrieren Sie sich darauf!«
    »Ich muss aufhören. Bye.«
    Chris’ Antwort, falls er eine gab, ging im Heulen der Triebwerke unter.
    Alex drückte auf die rote Taste, aktivierte die Stummschaltung und schob das Mobiltelefon in die Tasche, als der Lear Jet hielt und die Luke geöffnet wurde. Ein stereotyper FBI-Agent kam die kleine Gangway hinunter. Blauer Anzug, dunkle Sonnenbrille. Selbst mit dem etwas zu weiten Jackett konnte Alex den Griff der Schusswaffe im Halfter unter seinem linken Arm erkennen.
    »Special Agent Alex Morse?«, rief er über den Lärm hinweg.
    »Das bin ich!«
    Der schneidige blonde Agent kam näher. Alex vermutete, dass er zu der exklusivsten Clique im FBI gehörte: der Mormonenmafia.
    »Ich bin Special Agent Gray Williams«, stellte er sich vor, ohne ihr die Hand anzubieten. »Tragen Sie eine Waffe, Agentin Morse?«
    »Ja.« Alex fürchtete, er könnte von ihr die Herausgabe ihrer Pistole verlangen.
    »Haben Sie noch weiteres

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