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Leises Gift

Leises Gift

Titel: Leises Gift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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fünf Jahren hatte er eine ansehnliche Sammlung an Steinen angelegt. Rusk ebenfalls, auch wenn seine Sammlung kleiner war. Rusk hatte seine ersten Zahlungen in Form von Beteiligungen an einträglichen Geschäften seiner reichen Mandanten erhalten. Er war der Meinung gewesen, dass es ein brillanter Schachzug war, der ihn gegenüber der Steuerbehörde auf der legalen Seite hielt. In dieser Hinsicht hatte er sogar recht gehabt – er hatte Steuern auf seine Einnahmen gezahlt und sich die Finanzbehörden auf diese Weise vom Hals gehalten. Allerdings war das, was er getan hatte, um diese Einnahmen zu erwirtschaften, dadurch noch längst nicht legal geworden. Und je zahlreicher die Geschäftsverbindungen wurden, desto mehr häuften sich die nachverfolgbaren Verbindungen zu einer Serie von Mordfällen. Und genau das war es gewesen, da war Eldon mehr oder weniger sicher, was Spezialagentin Alex Morse überhaupt erst auf ihre Spur gebracht hatte.
    Nach zwei Jahren hatte Rusk seinen Fehler eingesehen. Von da an hatte auch er sich seine Gebühren in Rohdiamanten auszahlen lassen. Hin und wieder akzeptierte er noch eine Geschäftsbeteiligung, wie er es beispielsweise bei Fennell getan hatte, doch auch er hatte inzwischen eine ziemlich große Schachtel mit Steinen gesammelt. Die einzige Frage war – wo bewahrte er sie auf? Falls Eldon die Antwort auf diese Frage fand, konnte er den Übergang in sein nächstes Leben als sehr viel reicherer Mann bewerkstelligen. Er wäre ein Narr, wenn er darauf verzichtete, Rusks Schatz dem seinen hinzuzufügen, falls sich eine Gelegenheit bot.
    Und sie wird sich bieten, dachte er voller Zuversicht. Rusk hat nicht die Standhaftigkeit, Schmerzen durchzustehen. Das Bergsteigen und Fallschirmspringen und Marathon laufen bringt ihn angesichts wahrer Schmerzen keine fünf Minuten weiter.
    Es war an der Zeit für drastische Maßnahmen.
    Es war an der Zeit, Schuldscheine einzulösen. Alle. Und das bedeutete Edward Biddle.
    Eldon hatte seit mehr als zwei Jahren nicht mehr mit Biddle gesprochen – nicht mehr, seit der Mann von TransGene die Gaskanister geliefert hatte. Biddle schien zu spüren, dass er umso sicherer war, je weniger er wusste. Nichtsdestotrotz hatte die Gaslieferung eine Sache deutlich gemacht: Biddle hielt sich an sein Versprechen, sich um seine Leute zu kümmern. Und »seine Leute« waren die ehemaligen Mitarbeiter beim Virus Cancer Project. Nicht jeder, sondern die wenigen Engagierten, die die wahren Zusammenhänge zwischen Technologie und Leben verstanden hatten. Jegliche wissenschaftliche Entdeckung war ein zweischneidiges Schwert. Ein Skalpell konnte einen Tumor aus dem Gewebe eines Patienten schneiden – oder seine Halsschlagader durchtrennen. Morphium konnte einen Patienten von seinen Schmerzen befreien – oder sein Leben auslöschen. Eine Virusinfektion konnte lebensrettende Gentherapie bedeuten – oder einen globalen Holocaust verursachen. Es war die Verantwortung einiger weniger, diese Möglichkeiten zu entdecken und weiterzuentwickeln. Andere würden entscheiden, wie sie einzusetzen waren. Eldon hatte seinen Platz in der Hierarchie nie infrage gestellt, und Edward Biddle hatte ihn dafür geschätzt.
    Eldon blätterte durch das Rolodex auf seinem Schreibtisch – er zog die Rollenkartei noch immer einem computergestützten Organizer vor – und fand Biddles Visitenkarte. Edward Biddle, Vice President, TransGene Corporation. Darunter: America Leading the World.
    Tarver liebte sie dafür. Es gehörte eine Menge Mumm dazu, im so genannten Zeitalter der Globalisierung einen Sinnspruch wie diesen auf die Karte zu setzen. Doch TransGene konnte es tun, und niemand würde es wagen, dagegen zu protestieren. Mikrobiologie war die eine Arena, in der Amerika seine Führung gegenüber den Konkurrenten behalten hatte. Man musste sich nur Korea und den Klonbetrug ansehen: Unser Klonen funktioniert besser, weil wir die ganze Nacht hindurch menschliche Babysitter in den Labors haben, die auf die Zellen aufpassen. Was glaubten sie eigentlich, wem sie mit diesem Warmduscher-Wischiwaschi-Mist etwas vormachen konnten? Wie nicht anders zu erwarten, war die Wahrheit schließlich ans Licht gekommen, wie es in der Wissenschaft immer geschah. Man konnte für eine Weile bluffen, doch nicht für immer. Und darin lag die grausame Schönheit der Wissenschaft: Es gab kein Warmduscher-Wischiwaschi. Wissenschaft war Wahrheit. Und Wahrheit scherte sich einen Dreck um Moral.
    Tarver wählte die Nummer auf

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