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Leises Gift

Leises Gift

Titel: Leises Gift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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gegeben, unter der Kaiser zu erreichen war – für den Notfall. Nach einem weiteren Schluck Jack Daniels nahm Will den Hörer ab und tippte die Nummer ein.
    »Kaiser«, meldete sich eine energische Stimme.
    »Agent Kaiser, mein Name ist Will Kilmer. Ich bin nicht sicher, ob Sie mich …«
    »Ich weiß, wer Sie sind, Mr. Kilmer. Ein pensionierter Detective der Mordkommission, richtig?«
    Will richtete sich ein wenig gerader auf. »So ist es, Sir.«
    »Was haben Sie für mich?«
    »Einer meiner Männer observiert das Büro von Andrew Rusk. Wir beobachten es inzwischen seit Wochen. Einer meiner Leute hat mich eben angerufen und gesagt, dass Rusk bereits eine halbe Stunde über die Zeit ist. Und das, obwohl er normalerweise so pünktlich ist, dass man die Uhr nach ihm stellen kann.«
    »Tatsächlich?«
    »Ja, Sir. Ich weiß nicht, was draußen bei Rusk los ist, weil ich gestern Abend niemanden hingeschickt habe. Ich wollte Ihnen nicht in die Quere kommen, Sir.«
    »Ich danke Ihnen, Mr. Kilmer. Ich werde mich gleich um die Sache kümmern.«
    »Ich muss nichts weiter unternehmen?«
    »Rufen Sie mich an, wenn Ihnen noch irgendetwas einfällt, von dem Sie meinen, dass ich es wissen sollte.«
    »Geht in Ordnung.«
    Will legte auf. Das war die Sorte von FBI-Agent, die er liebte. Durch und durch sachlich, kein territoriales Gehabe, kein Gerangel, wer wofür gelobt wurde. Will überlegte, Alex anzurufen, doch wenn sie ihn bis jetzt noch nicht angerufen hatte, dann hatte sie wohl in der vergangenen Nacht eine Mütze Schlaf genommen. Vielleicht hatte Chris Shepard damit zu tun. Will hoffte es. Die kleine Alex hatte lange gelitten, und es war ihm egal, wie sie sich Trost verschaffte – solange sie von irgendwoher Trost bekam.
    Er zog den Aktenstapel wieder zu sich heran und öffnete die oberste Akte.
     
    John Kaiser stieg in den Fond eines schwarzen Chevy Suburban, der vor Andrew Rusks Grundstück parkte. Fünf Agenten vom FBI-Büro Jackson Field warteten im Wagen – drei Männer und zwei Frauen, alle handverlesen.
    »Wir haben immer noch keinen Durchsuchungsbeschluss«, sagte Kaiser. »Also gehe ich zur Haustür und klopfe. Wenn niemand öffnet, werden Sie sich um das Haus herum verteilen und die Fenster im Auge behalten. Halten Sie Ausschau nach einem hinreichenden Verdachtsmoment, das es uns erlaubt, ins Haus einzudringen. Verstanden?«
    Alle nickten.
    Kaiser zupfte den Fahrer am Ärmel. »Schön langsam, okay?«
    Der Suburban rollte gemächlich unter den Bäumen hindurch, umrundete das ultramoderne Heim, in dem Rusk wohnte, und hielt vor dem Haupteingang. Kaiser stieg aus und ging zur Tür. Er läutete zunächst; dann klopfte er energisch.
    Niemand öffnete.
    Er läutete erneut. Wieder keine Reaktion. Er blickte zurück zum Suburban. Zwei Agenten beobachteten ihn durch das offene Seitenfenster.
    Eine weitere Minute verging.
    »Okay!«, rief er den Agenten zu. Eine düstere Vorahnung erfüllte ihn. »Ausschwärmen!«
    Sämtliche Wagentüren öffneten sich gleichzeitig, und die Agenten verteilten sich rings um das Haus. Kaiser klopfte unterdessen weiter. Je länger er klopfte, ohne dass eine Reaktion erfolgte, desto mieser fühlte er sich. Er hatte während seiner Zeit beim FBI zahllose grauenhafte Tatorte besucht, und trotz seiner Überzeugung, dass der größte Teil der Mythologien über »Intuition« bloß Aberglaube war, hatte er das Gefühl, dass hinter dieser Tür etwas Obszönes lauerte.
    Er stieg die Treppenstufen der Veranda hinunter und umrundete das Haus. Einige seiner Agenten waren unterdessen kreativ geworden. Sie kletterten auf Leitern oder Klimaanlagen, um durch Fenster ins Innere des Hauses zu blicken. Doch als der Schrei ertönte, kam er von der anderen Seite des Hauses.
    Kaiser rannte los.
    »Hierher!«, rief ein weiblicher Agent. »In der Küche!«
    »Was gibt’s denn?«
    Die Frau wich vom Fenster zurück. Sie war blass im Gesicht. »Sieht aus wie eine weibliche Person. Sie liegt mit dem Gesicht nach unten auf dem Boden. Wagenschlüssel in der rechten Hand. Ein wenig Blut unter dem Arm … es ist das einzige Blut, das ich gesehen habe.«
    Kaiser drückte das Gesicht an die Scheibe. Die Szene war genauso, wie der weibliche Agent sie beschrieben hatte. Die Frau auf dem Boden trug Radlerhosen, ein Tank Top und pinkfarbene Flipflops.
    »Warten Sie fünf Minuten, dann alarmieren Sie die State Police«, sagte er. »Und das Sheriff’s Department. Ich nehme an, wir befinden uns nicht mehr im Stadtgebiet?«
    »Ja,

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