Leises Gift
Sir.«
»Also, wenn Sie mich fragen – es sieht nach einem hinreichenden Verdacht aus«, sagte Kaiser.
»Es könnte sein, dass sie dringend ärztliche Versorgung benötigt«, sagte ein männlicher Agent hinter ihm. »Ich habe gesehen, wie sie sich bewegt.«
»Wir wollen nicht übertreiben«, sagte Kaiser. »Holen Sie mir die Ramme aus dem Truck.«
»Jawohl, Sir.«
Kaiser trat zurück, während ein stämmiger Agent die Tür aufbrach; dann trat er mit gezogener Waffe ein. Drei Agenten folgten ihm und verteilten sich, um die übrigen Zimmer zu überprüfen.
Kaiser kniete vor der liegenden Frau nieder und fühlte nach ihrem Puls.
Tot.
Er erhob sich und ging tiefer ins Haus, während er sich fragte, woran die Frau in der Küche wohl gestorben war. Ein scharfer Ausruf von weiter vorn ließ ihn zusammenfahren. Er stürzte vor und blieb wie erstarrt stehen.
Er war in einem Büro. Hinter einem Schreibtisch saß, in einen Sessel gefesselt, ein Mann mit unkenntlichem, blutüberströmtem, verschwollenem Gesicht. Offensichtlich war sein Schädel zerschmettert. Vor ihm auf dem Schreibtisch lag ein blutiger Golfschläger.
War das Andrew Rusk?
»Was ist denn hier passiert?«, fragte ein Agent und zeigte auf längliche Blutspritzer an der Decke.
»Sie meinen wohl, wie das passieren konnte?«, verbesserte Kaiser ihn. »Hatten wir nicht Leute abgestellt, die das Haus die ganze Nacht observieren sollten?«
»Hatten wir, Sir. Sechs. Ich war selbst hier.«
»Sie haben nichts gehört?«
»Absolut nichts, Sir.«
»Haben Sie ihn umgebracht?«, fragte Kaiser mit ausdrucksloser Stimme.
»Nein, Sir.«
Kaiser trat hinter den Sessel, griff in die Gesäßtasche des Toten und zog vorsichtig die Brieftasche hervor. Der Führerschein identifizierte die blutige Masse im Sessel als Andrew Rusk.
Verdammt, dachte Kaiser. Das wird ein Albtraum. Ein totales Durcheinander von Zuständigkeiten, ein Grabenkrieg im FBI.
Beim Läuten seines Handys zuckte er zusammen. Er erwartete Webb Tyler, den Leitenden Spezialagenten, doch auf dem Display stand ALEX MORSE . Zuerst wollte er den Anruf ignorieren, rief sich dann aber ins Bewusstsein, dass es Morses Fall war. Es war von Anfang an ihr Fall gewesen.
»Morgen, Alex.« »Hallo, John. Will Kilmer hat mich informiert, dass bei Rusk zu Hause irgendwas nicht in Ordnung ist.«
Kaiser seufzte. »Das könnte man so sagen. Rusk ist tot. Außerdem haben wir eine tote weibliche Person in seinem Haus gefunden. Ich nehme an, es ist seine Ehefrau.«
»Tot? Meine Güte, John – ich komme sofort zu Ihnen raus!«
Kaiser hörte die Aufregung in ihrer Stimme. »Das ist eine ganz schlechte Idee, Alex. Hier wimmelt es in den nächsten Minuten vor Cops und Agenten. Webb Tyler kommt mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit persönlich her. Sie dürfen sich nicht in der Nähe dieses Falles blicken lassen – oder irgendeines anderen Falles, vergessen Sie das nicht.«
»Nun … wenigstens wissen wir jetzt, dass ich von Anfang an recht hatte. Rusk hat bis zum Hals in dieser Geschichte gesteckt.«
»Das wissen wir noch nicht. Wir wissen nur, dass jemand, gegen den Sie eine mächtige Abneigung hatten – man könnte fast sagen, den Sie verfolgt haben –, tot in seinem Haus aufgefunden wurde. Ich halte es deshalb für das Vernünftigste, Sie kommen nicht her und lassen sich später über alles von mir informieren.«
Langes Schweigen.
»Alex? Sind Sie einverstanden?«
»John, ich ermittle seit Wochen gegen Andrew Rusk, während alle anderen auf dem Hintern gesessen und behauptet haben, ich wäre verrückt. Ich war in diesem Haus. Ich bemerke vielleicht Dinge, die Sie und Ihre Leute in zehn Jahren nicht sehen würden.«
In Kaiser stieg Misstrauen auf. »Sie waren im Haus von Andrew Rusk?«
Alex verstummte, als ihr bewusst wurde, dass ihre Leidenschaft sie in gefährliches Gewässer getragen hatte.
»Sie bleiben, wo Sie sind, Alex. Das ist ein Befehl.«
»Ich habe Sie gehört, John, verdammt!«
»Ich rufe Sie an, sobald ich mehr weiß.«
»Lassen Sie sich nicht zu lange Zeit.«
Kaiser legte auf.
Eine Stunde später lenkte Alex ihren gemieteten Corolla mitten hinein in den Pulk von Behördenfahrzeugen, die vor dem Anwesen der Rusks parkten. Sie wusste, dass Kaiser wütend sein würde, doch nach sechs Wochen voller Blut, Schweiß und Tränen konnte sie nicht untätig herumsitzen, während andere den Stab aufnahmen und weitermachten. Abgesehen davon kann Kaiser mir keine Befehle erteilen, wenn ich keine Agentin des
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