Leises Gift
Sozialversicherungsunterlagen …
»Was haben Sie sonst noch?«
»Sieht aus wie ein Boot, wenn Sie mich fragen«, sagte Kaiser und hielt ein Foto im Format zehn mal dreizehn hoch.
Alex betrachtete das Bild. »Das ist kein Boot, das ist eine Yacht. Mit diesem Ding kann man die Welt umsegeln.«
»Ist Rusk gesegelt?«
»Rusk hat alles Mögliche gemacht. Sämtliche Hobbys der Reichen und Schamlosen.«
»Liegt die Yacht draußen in der städtischen Marina?«
»Ich habe sie noch nie gesehen. Er besitzt außerdem noch ein Powerboat, doch das steht normalerweise auf einem Trailer hinter dem Haus.«
Kaiser blickte von den Papieren auf. »Es steht aber kein Powerboat draußen hinter dem Haus.«
Alex warf einen erneuten Blick auf den Notizblock mit den handschriftlichen Koordinaten. »Was, wenn er vorgehabt hat, sich auf See mit jemandem zu treffen? Mit dem Powerboat die Vierundzwanzig-Meilen-Zone hinter sich bringen, an Bord dieser Yacht gehen und nach Costa Rica segeln?«
Kaiser starrte auf ein Blatt, das er in den Händen hielt, und stieß einen lang gezogenen leisen Pfiff aus.
»Was ist denn?«, fragte Alex.
»Dieses Dokument garantiert dem Inhaber freies Geleit durch kubanische Gewässer und gestattet ihm außerdem, in der Marina von Havanna anzulegen.«
»Was?«
»Es ist von Castro höchstpersönlich unterzeichnet.«
»Unmöglich!«
Kaiser erhob sich und hielt das Dokument ins Licht. »Nicht von Fidel, sondern von seinem Bruder, Raul. Dem Verteidigungsminister. Und es ist auch nicht auf Andrew Rusk ausgestellt, sondern auf jemand anderen. Auf Dr. Eldon Tarver.«
Alex nahm das Dokument und las es Zeile für Zeile. Ihr Pulsschlag beschleunigte sich mit jedem Wort. »Das ist eine Fotokopie.«
»Es ist viel mehr als das«, sagte Kaiser. »Es ist ein eindeutiger Beweis, dass Andrew Rusk und Eldon Tarver zusammengearbeitet haben.«
Alex schluckte mühsam und gab Kaiser das Dokument zurück. Sie fühlte sich seltsam losgelöst, nachdem sie endlich gefunden hatte, wofür sie so hart gearbeitet hatte. Dann wurde ihr der Grund bewusst: Sie hatte in Wirklichkeit daran gearbeitet, den Beweis zu finden, dass Bill Fennell ihre Schwester ermordet hatte. Ehe sie keine Beweise dafür vorlegen konnte, konnte sie Jamie nicht aus den Klauen seines Vaters befreien, wie sie ihrer Schwester auf dem Totenbett hatte versprechen müssen.
»Warum sollte Raul Castro dem guten Dr. Tarver eine Einwanderungsgenehmigung für Kuba erteilen?«, fragte sie.
Kaiser blickte sie an, als wäre sie schwer von Begriff. »Das Virus Cancer Project. Virale Biowaffen. Jede Wette, dass der kubanische Geheimdienst irgendwann nach Beendigung des VCP an Tarver herangetreten ist und ihm ein äußerst lukratives Angebot unterbreitet hat. Die Kubaner haben viele Wissenschaftler kontaktiert, die in geheime Forschungsprojekte involviert waren. Tarver muss geglaubt haben, dass Kuba ein geeigneter Ort ist, um für eine Weile den Kopf einzuziehen. So lange, bis es sicher war, unter einem anderen Namen nach Costa Rica zu gehen.«
»Und? Hatte er recht?«
»Sieht man davon ab, dass er den Zeitpunkt des Regierungswechsels in Kuba nicht vorhersehen konnte – ja.«
»Rusk hat sicherlich großes Vertrauen zu Tarver gehabt.«
»Fälschlicherweise, würde ich sagen.« Kaiser nickte mit dem Kopf in Richtung des Leichnams.
»Was ist Ihrer Meinung nach hier passiert?«, fragte Alex. »Glauben Sie, Tarver steckt dahinter?«
»Ich wüsste nicht, wer sonst. Hier wurde zweifellos gefoltert. Er hat seine beiden Gefangenen tief ins Haus gebracht. Keine Fenster und jede Menge Wände dazwischen, um den Schall zu dämpfen. Es muss grauenvoll gewesen sein hier drin.«
»Wie ist die Frau gestorben?«
»Der Gerichtsmediziner meint, dass es ein Schock gewesen ist.«
»Von einer Schusswunde?«
Kaiser schüttelte den Kopf. »Schlangenbiss.«
»Was?«
»Sehr vielsagend, nicht wahr? Sie wurde zweimal gebissen. Einmal in den Unterarm und einmal in die Brust, direkt über dem Herzen.«
»Mein Gott.« Alex erschauerte bei der Vorstellung, was sich in diesem Raum ereignet haben musste.
»Ein Spurensicherungstechniker hat zwei Schuppen von einem Bücherregal dort drüben eingesammelt«, fügte Kaiser hinzu. »Reptilienschuppen, sagt er, keine Fischschuppen.«
»Was ist der Unterschied?«
»Schlangenschuppen sind die eigentliche Haut des Reptils, während Fischschuppen wie Haare aus der Haut wachsen. Sie sind farblos und transparent. Schlangenschuppen sind
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