Leises Gift
letzter Zeit beweist mir nur allzu deutlich, dass es unmöglich ist, was Sie gestern angedeutet haben.«
Alex blickte ihn interessiert an, doch statt zu fragen, wovon er redete, antwortete sie: »Bis zu Ihrem Pick-up sind es fünfzehn Kilometer. Warum fahren wir nicht gemeinsam dorthin? Ich verspreche, dass ich Sie nicht wütend mache, wenn ich es vermeiden kann.«
Chris wusste, dass er Morse binnen weniger Sekunden abhängen konnte, wenn er wollte. Doch aus irgendeinem Grund – und wenn es nur die guten Manieren waren, die man ihm anerzogen hatte – entschied er sich dagegen. Er zuckte die Schultern, rastete die Schuhe in die Look-Pedale und fuhr in gemäßigtem Tempo los. Alex setzte sich neben ihn.
»Haben Sie jemanden angerufen, um sich nach mir zu erkundigen?«, fragte sie.
Er beschloss, Darryl Forster für den Augenblick aus dem Spiel zu lassen. »Ich denke, die Antwort darauf wissen Sie bereits. Oder haben Sie meine Telefone nicht angezapft?«
Sie ignorierte die Frage. »Ich bin sicher, Sie haben eine Reihe Fragen an mich, wenn man überlegt, was ich Ihnen gestern erzählt habe.«
Chris rieb sich das Regenwasser aus den Augen. »Ich gebe zu, dass ich darüber nachgedacht habe, was Sie mir erzählt haben. Insbesondere über die medizinischen Aspekte …«
»Nur weiter.«
»Ich möchte mehr über diese unerklärlichen Todesfälle erfahren, wie Sie sie genannt haben.«
»Was möchten Sie erfahren?«
»Wie die Leute gestorben sind. War es jedes Mal ein Schlaganfall?«
»Nein. Nur bei meiner Schwester.«
»Und bei den anderen?«
»In einem Fall war es ein Lungenemphysem. In einem weiteren ein Herzinfarkt.«
»Was noch?«
Sie legten dreißig Meter zurück, ehe Alex antwortete. »Die restlichen Fälle waren Krebs.«
Chris musterte sie überrascht, doch Alex blickte konzentriert auf die Straße vor sich. »Krebs?«
Sie nickte, und Wasser tropfte ihr von der Nase. »Bösartige Geschwülste, die zum Tod geführt haben.«
»Sie machen Witze.«
»Nein.«
»Sie erzählen mir allen Ernstes, zu den verdächtigen Todesfällen, die Sie so sehr beschäftigen, gehören auch Leute, die an Krebs gestorben sind?«
»Ja.«
Er dachte eine Weile nach. »Wie viele Opfer gab es insgesamt?«
»Neun Tote, die in irgendeiner Verbindung zu diesem Scheidungsanwalt gestanden haben. Sechs davon Krebs … bisher.«
»Die gleiche Art von Tumor bei jedem Toten?«
»Das kommt darauf an, wie pingelig Sie sind. Es war alles Blutkrebs.«
»Ich bin ziemlich pingelig. Blutkrebs beinhaltet eine ganze Serie verschiedener Krankheiten. Es gibt mehr als dreißig verschiedene Formen allein von Non-Hodgkin-Lymphomen, und wenigstens ein Dutzend verschiedener Formen von Leukämie. Waren die Todesfälle wenigstens alle durch den gleichen Typ von Blutkrebs verursacht?«
»Nein. Drei Fälle von Leukämie, zwei Lymphome, ein Fall von multiplem Myelom.«
Chris schüttelte den Kopf. »Sie sind nicht ganz bei Trost, Agentin Morse. Sie glauben allen Ernstes, dass jemand Menschen ermordet, indem er sie mit verschiedenen Formen von Krebs infiziert?«
Alex blickte zu ihm hinüber. Ihre Augen funkelten zornig.
»Ich glaube es nicht, ich weiß es.«
»Das ist unmöglich.«
»Sind Sie da so sicher? Sie sind kein Onkologe.«
Chris schnaubte. »Man muss kein Onkologe sein, um zu wissen, dass es eine dumme Methode wäre, jemanden zu ermorden – wenn es überhaupt möglich wäre. Selbst wenn man die Opfer auf irgendeine Art und Weise mit diesem Krebs infizieren könnte, würde es Jahre dauern, bis die Betreffenden sterben. Falls überhaupt. Viele Menschen überleben heutzutage Leukämie. Auch Lymphome führen nicht mehr zwangsläufig zum Tod. Und viele Menschen leben fünf Jahre und mehr mit Myelomen, nachdem sie eine Knochenmarkstransplantation erhalten haben. Manche Patienten haben zwei Transplantationen hinter sich und überleben ihre Erkrankung zehn Jahre und länger.«
»Die Menschen, von denen ich spreche, sind ohne Ausnahme innerhalb von achtzehn Monaten gestorben. Die meisten noch eher.«
Er horchte auf. »Achtzehn Monate von der Diagnose bis zum Tod? Alle?«
»Alle bis auf einen. Der Myelom-Patient überlebte dreiundzwanzig Monate – nach einer Transplantation von körpereigenem Knochenmark.«
»Sehr aggressive Krebsformen also. Äußerst aggressiv.«
»Offensichtlich.«
Alex wollte, dass er selbst dahinterkam. »Diese Leute, die starben … sie waren alle mit reichen Ehepartnern verheiratet?«
»Mit sehr reichen
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