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Leises Gift

Leises Gift

Titel: Leises Gift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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sagte er halsstarrig. »Ich glaube das einfach nicht. Ich kann es nicht glauben.«
    Alex berührte seinen Arm. »Das kommt daher, dass Sie Arzt sind und kein Anwalt. Jeder Bezirksstaatsanwalt in diesem Land hat eine Liste von Leuten, die mehr oder weniger regelmäßig bei ihm erscheinen und ihn bitten, eine Morduntersuchung wegen des Todes eines Verwandten einzuleiten. Die Todesfälle stehen in den Akten als Selbstmorde, Unfälle, Feuer, hundert verschiedene Dinge. Doch die Eltern, Kinder oder Frauen der Opfer … sie kennen die Wahrheit. Sie wissen, dass es Mord war. Also gehen sie den Weg durch das System, betteln darum, dass irgendjemand Kenntnis nimmt und die Geschehnisse wenigstens als Verbrechen einstuft. Sie heuern Detektive an und geben ihre wenigen Ersparnisse aus, um die Wahrheit herauszufinden und Gerechtigkeit zu erlangen. Aber das kommt so gut wie niemals vor. Irgendwann verwandeln sie sich in so etwas wie … Geister. Manche bleiben es für den Rest ihres Lebens.« Alex starrte Chris mit den zornig funkelnden Augen eines kampferprobten Veteranen an. »Ich bin kein Geist, Doktor. Ich werde nicht tatenlos hinnehmen, dass meine Schwester aus Profitgier ausgelöscht wurde. Weil es irgendjemandem in den Kram gepasst hat.« Ihre Stimme nahm an Schärfe zu. »Gott ist mein Zeuge – ich werde nicht zusehen.«
    Aus Respekt wartete Chris ein paar Sekunden, ehe er sprach. »Ich verstehe Sie«, sagte er. »Und ich bewundere Sie aufrichtig. Aber es gibt einen Unterschied zwischen Ihnen und mir. Sie haben eine persönliche Rechnung in dieser Angelegenheit offen. Ich nicht.«
    Ihre Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen. »Doch, haben Sie. Es ist Ihnen bis jetzt nur noch nicht klar geworden.«
    »Bitte fangen Sie nicht schon wieder an.«
    »Doktor, ich würde alles tun, um Sie dazu zu bringen, mir zu helfen. Verstehen Sie das? Ich würde in die Sträucher gehen und meine Hose runterlassen, wenn es nötig wäre.« Ihre Augen leuchteten in kaltem Feuer. »Aber das muss ich gar nicht.«
    Chris gefiel der Ausdruck nicht, der in ihrem Gesicht erschienen war. »Warum nicht?«
    »Weil Ihre Frau Sie betrügt.«
    Chris hatte alle Mühe, sich seinen Schock nicht anmerken zu lassen.
    »Thora treibt es mit einem Chirurgen hier in der Stadt«, fuhr Alex fort. »Sein Name ist Shane Lansing.«
    »Unsinn!«, sagte Chris in rauem Flüsterton.
    Alex blickte ihm unverwandt in die Augen.
    »Haben Sie Beweise?«
    »Indizien.«
    »Indizien? Nein, ich will es nicht hören.«
    »Verweigerung ist immer die erste Reaktion.«
    »Halten Sie den Mund, verdammt!«
    Alex’ Gesicht wurde weich. »Ich weiß, wie sehr es schmerzt. Ich war auch mal verlobt, bis ich herausfand, dass der Mistkerl es mit meiner besten Freundin getrieben hat. Aber Ihr Stolz ist im Moment Ihr Feind, Chris. Sie müssen den Dingen ins Auge sehen, so wie sie sind.«
    »Ich soll den Dingen ins Auge sehen, so wie sie sind? Sie sind doch diejenige, die sich die absurdesten Theorien von Serienmorden zusammenspinnt! Krebs als Waffe, Frisch vermählte, die ihre Ehepartner umbringen wollen … kein Wunder, dass Sie ganz alleine dastehen!«
    Alex’ Blick wankte nicht. »Wenn ich verrückt bin, dann sagen Sie mir eines, Doktor: Warum haben Sie gestern nicht das FBI angerufen und mich gemeldet?«
    Er starrte auf die Betonbrüstung und schwieg.
    »Warum?«
    Er spürte, wie die Worte wie aus eigenem Antrieb aus ihm kamen. »Thora fährt diese Woche weg. Sie hat es mir gestern Abend erzählt.«
    Alex’ Unterkiefer sank herab. »Wohin fährt sie?«
    »Ins Delta. Ein Wellnesshotel in Greenwood. Ein berühmtes Hotel.«
    »Das Alluvian?«
    Er nickte.
    »Kenne ich. Wann fährt sie los?«
    »Vielleicht morgen. Jedenfalls diese Woche noch.«
    »Wann kommt sie zurück?«
    »Sie bleibt drei Nächte, dann kommt sie wieder nach Hause.«
    Alex ballte die Hand zur Faust und legte sie vor ihren Mund. »Das ist es, Chris … Mein Gott, sie haben es eilig. Sie müssen reagieren, Chris. Sie schweben in großer Gefahr. Sie müssen sofort handeln!«
    Er packte sie bei den Schultern und schüttelte sie. »Ist Ihnen eigentlich klar, was Sie da reden? Sie haben nichts außer Indizien! Überhaupt nichts! Keine einzige Tatsache!«
    »Ich weiß, es hat den Anschein … Und ich weiß, dass Sie mir nicht glauben wollen, aber … Möchten Sie wirklich alles wissen, was ich weiß?«
    Er starrte sie lange an. »Ich glaube nicht«, sagte er schließlich und schaute auf seine Uhr. »Ich bin spät dran. Ich muss

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