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Leises Gift

Leises Gift

Titel: Leises Gift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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einigen Jahren war Rusk mit einem Freund, der sich für einen Floßtrip in Kanada fit gemacht hatte, mit dem Kajak über den Pearl gefahren. Zum damaligen Zeitpunkt waren die Wälder in Flussnähe noch durchzogen gewesen von Pisten und Wegen. Wenn Rusk sich nicht täuschte, gab es noch immer einige der verrotteten Wege, trotz der vielen neuen Häuser …
    Er bog nach rechts ab und parkte den Cayenne vor einem großen Farmhaus. Würde der Crown Vic hinter ihm anhalten? Oder würde der Fahrer zumindest versuchen, den Anschein von Desinteresse zu erwecken? Rusk beobachtete die dunkelblaue Silhouette, als sie die Lücke zur Straße passierte und weiterfuhr. Rusk fuhr wieder an, folgte dem Verlauf der Wohnstraße durch den langen, U-förmigen Bogen und kehrte schließlich zur Hauptstraße zurück. Als er herauskam, war die Straße vor ihm leer.
    Er blickte in den Innenspiegel. Der Crown Vic wartete etwa hundert Meter hinter ihm. Rusk trat das Gaspedal bis zum Boden durch; der Turbo brüllte auf, und er wurde in den Sitz gepresst wie ein Astronaut in der Startphase eines Shuttlefluges. Innerhalb weniger Sekunden jagte er auf eine Mauer aus Bäumen und brusthohen Büschen zu.
    Während die sackgassenartige Barriere albtraumartige Proportionen annahm, erspähte Rusk zur Linken einen unbefestigten Weg. Die Öffnung im Gebüsch war kaum breit genug, um den Porsche aufzunehmen, doch er zögerte nicht. Adrenalin schoss in seine Adern, als er das Lenkrad herumriss, erneut das Gaspedal durchtrat und mitten durch die Lücke raste, während er betete, dass er nicht irgendeinen Jungen auf einem Fourwheeler erwischte und zerquetschte wie ein Insekt auf dem Kühlergrill.
    Der Cayenne hüpfte und tanzte wie ein Strandbuggy auf den Meeresdünen, doch Rusk trat das Gaspedal unverwandt durch. Das Heck des Cayenne sprang hoch, und die Nase krachte in ein tiefes Loch. Wasser spritzte in alle Richtungen. Noch bevor er sämtlichen Schwung verloren hatte, bearbeitete Rusk das Lenkrad und ließ den Vierradantrieb seine Arbeit machen. Einige spannungsgeladene Sekunden später packten die Hinterräder wieder, und er kletterte aus dem Loch, während die Vorderräder weiter hilflos durchdrehten. Rusk stieß einen triumphierenden Schrei aus, als der Wagen mit wütend heulendem Motor auf den ausgefahrenen Weg zurückkehrte und seine Fahrt fortsetzte.
    Kein billiger Crown Victoria würde ihm durch dieses Loch folgen. Jetzt musste er nur noch zurück zu einer befestigten Straße, ehe sein Verfolger herausfand, wo das geschehen würde. Er jagte weiter in Richtung Fluss – oder zumindest in die Richtung, in der er den Fluss vermutete, während er nach einer breiteren Piste Ausschau hielt. Sein Gefühl ließ ihn nicht im Stich: Nach weniger als einer Minute erblickte er die braunen Fluten des Pearl, die sich dreißig Meter unterhalb durch eine breite Schlucht wälzten. Er riss das Lenkrad nach rechts und folgte dem Verlauf des Flusses.
    Wo war der Crown Vic? War der Fahrer ein Einheimischer? Würde er erraten, dass Rusk versuchte, sich nach Süden auf befestigte Straßen durchzuschlagen? Der unbekannte Verfolger konnte leicht Verstärkung anfordern, einen zweiten Wagen oder vielleicht sogar einen Hubschrauber. Einem Hubschrauber konnte er kaum entkommen, es sei denn, er ließ den Cayenne zurück und schlug sich zu Fuß durch. Doch was wollte er damit erreichen? Sie wussten bereits, wer er war. Rusk hatte längst einen Fluchtplan geschmiedet, der ihn sicher vor jedem Zugriff amerikanischer Behörden retten würde. Doch dieser Plan war schwer in die Tat umzusetzen, wenn sie bereits mit Hubschraubern nach ihm suchten.
    Das tun sie nicht, sagte er sich. Es sind nicht mal die Behörden, die nach mir suchen. Es ist eine Einzelperson.
    »Ja«, sagte er laut. »Aber wer?«
    Diese verdammte Frau.
    Rusk biss die Zähne zusammen und packte das Lenkrad fester. Er hatte keine andere Wahl, als die Karten zu spielen, die ihm in die Hand gegeben waren.
    Hinter einer Biegung kam ein Holzkanu in Sicht, in dem zwei junge Frauen im College-Alter saßen, große hellrote Rucksäcke zwischen sich. Rusk fragte sich, ob sie ihre Tour auf dem Strong River begonnen hatten und dann nicht weit von hier in den Pearl gepaddelt waren. Er hatte diese Tour in seiner Zeit an der Highschool ebenfalls unternommen, zusammen mit ein paar anderen Boy Scouts. Rusk beobachtete die Frauen, und Erinnerungen an seine Jugendzeit stiegen in ihm auf …
    Plötzlich erschien eine Öffnung hinter einer

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