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Leitfaden China

Leitfaden China

Titel: Leitfaden China Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jakob Roth
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chinesischen Gesellschaft wegen ihrer kurzen Wahrnehmungshorizonte sehr wichtig wird.
    China ist eine Schamgesellschaft, die sich vor allem auf Gruppennormen stützt und sich weit weniger an übergreifende Gesetze der Gesellschaft hält.
    Vertrauen beruht in dieser Schamgesellschaft immer auf gegenseitigen Verpflichtungen.

Drittes Kapitel
    Verhandeln mit chinesischen Geschäftspartnern
    Mit Blick auf die anfangs dargestellten Verhaltensmuster im interkulturellen Modell lassen sich auch für Verhandlungen mit chinesischen Geschäftspartnern einige wichtige Merkmale aufzeigen. Allein der Unterschied, dass China eine beziehungsorierte Kultur ist, während der Westen vor allem sachbezogen urteilt und handelt, kann beträchtliche Schwierigkeiten in den Verhandlungen bringen. Cellich und Jain (2004, S. 25) sagen dazu bezeichnenderweise: «In the United States, negotiation is a mechanical exercise of offers and counteroffers that leads to a deal. It is a cut-and-dry method of arriving at an agreement. In Japan, on the other hand, negotiation is sharing information and developing a relationship that may lead to a deal.» Auch eine chinesische Delegation handelt ähnlich wie eine japanische und wird deshalb zuerst versuchen zu ergründen, wer ihr als Delegation auf der anderen Seite gegenübersteht. Sie wird anfänglich gar kein Interesse an den Verhandlungszielen selbst zeigen. Da Risiken in China nur auf der Beziehungsebene eingegrenzt werden können, hat die Kenntnis des Gegenübers einen viel wichtigeren Stellenwert für die chinesische Seite als für eine westliche Delegation.
    Weiter wird auch die sprachliche Basis mit dem erwähnten Unterschied zwischen low context und high context eine grosse Rolle spielen. Viele Zeichen der chinesischen Delegation dürften entweder nur angedeutet oder sogar nur über die nonverbale Schiene kommuniziert werden (z. B. Saner, 1995, S. 147). Dies verlangt von einer westlichen Delegation eine hohe Aufmerksamkeit und in der Regel eine intensive Diskussion unter den Delegationsmitgliedern, wenn es um die Interpretation des Gesagten geht.
    Ein dritter Problemkreis ist sicher auch in den unterschiedlichen Risikokulturen zu suchen. Die westliche Risikoaversion – vielleicht mit Ausnahme der amerikanischen Kultur, die im Risikoverhalten doch sehr viel stärker in Richtung Asien neigt als Europa – trifft auf ein beträchtlich grösseres Risikoverhalten. Risikoaversion verlangt in der Regel grössere Informationsmengen als im Falle grösserer Risikoübernahme (s. z. B. Cellich & Jain, 2004, S. 27/28). Doch auch auf der chinesischen Seite sind beträchtliche Informationsflüsse verlangt. Allerdings kommen diese nicht aus der Risikoeinschätzung, sondern stammen aus der stark konkreten Orientierung des chinesischen Denkens.
    Ich schildere zuerst diese anderen Grundlagen etwas genauer, bevor ich auf verschiedene Verhandlungssituationen am Anfang einer Partnerschaft oder während ihres Bestehens eingehe. Am Schluss möchte ich noch auf das wichtige Thema der Auflösung einer Partnerschaft zu sprechen kommen.

    1. Verhandlungsmerkmale
    Erfolgreiches Verhandeln beginnt damit, sich Gedanken über die andere Seite zu machen. Nur in dieser vorausdenkenden Art ist es möglich, Verhandlungen zumindest bis zu einem gewissen Grad zu beeinflussen (s. wiederum Cellich & Jain, 2004, S. 53ff; Saner, 1995, S. 28, Tang & Reisch, 1995, S. 73). Wie tritt die andere Delegation auf, was sind ihre Ziele und welches mögen ihre Strategien sein, um zu diesen Zielen zu gelangen? Dies sind Fragen, die vorgängig gestellt werden sollten, nicht nur im Versuch, Antworten darauf zu finden, sondern vor allem auch, um sich selbst zu situieren und einzustimmen. Weiter ist ein wichtiges Element immer auch die Agenda, über welche die Verhandlung zumindest in einem gewissen Mass gesteuert werden kann.
    Die chinesische Delegation
    Chinas Gesellschaft und Gesellschaftsstruktur haben einen deutlichen Einfluss auf die Art, wie die Delegation (zumindest gegenüber der anderen Seite) zusammengesetzt ist und wie sie verhandelt (s. Tang & Reisch, 1995, S. 87ff). Die Wichtigkeit der Hierarchie stellt den Delegationsleiter in der Regel weit mehr in den Vordergrund, als dies in einer eher teamorienterten westlichen Delegation der Fall ist. Er wird zudem auf Grund der starken Beziehungsorientierung vor allem mit sozialen Kriterien im Auge gewählt. Auf der westlichen Seite hingegen kann davon ausgegangen werden, dass der Delegationsleiter

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