Leitfaden Homöopathie (German Edition)
neuen, vom Patienten bisher nicht durchgemachten, chronischen Erkrankungen oder Symptomenkomplexen. Handelt es sich um echte Neuerkrankungen (d.h. keine Erkrankungen, an die der Patient sich evtl. nur nicht erinnert), ist die Beurteilung dieser Entwicklung von zwei Faktoren abhängig:
Dignität der Erkrankung: Handelt es sich bei der Neuerkrankung um eine harmlosere Erkrankung oder eine Erkrankung mit grundsätzlich benignerem Verlauf, liegt meist eine Verlagerung auf eine gesundheitlich bessere Ebene vor und der Heilungsverlauf ist als positiv zu beurteilen.
Betroffenes Organ oder Organsystem: Abhängig von der Bedeutung des Organs oder Organsystems bezüglich der Überlebensfähigkeit (= Entbehrlichkeit eines Teils oder einer Teilfunktion, z.B. bei großen Organen wie Darm oder Haut, paarig angelegten Organen wie Lunge und Niere) des Organismus, lässt sich als Anhaltspunkt annähernd folgende (theoretische und unvollständige) Hierarchie der Organe/Organsysteme erstellen ( Tab. 7.2 ).
Tab. 7.2 Hierarchie der Organe/Organsysteme
I.
Herz, Zentrales Nervensystem (inkl. Sinnesorgane)
II.
Lunge, Nieren
III.
Endokrines System, Immunsystem, Fortpflanzungsorgane
IV.
Abdominalorgane (Leber, Bauchspeicheldrüse, Milz), Magen-Darm-Trakt
V.
Bewegungsapparat
VI.
Haut und Hautanhangsgebilde
Orientierende Zusammenfassung
Treten im Therapieverlauf Erkrankungen oder Symptomenkomplexe auf, die in ihrem Verlauf harmloser sind als die gebesserte bzw. geheilte Grunderkrankung, oder die ein Organsystem betreffen, das nach obiger Hierarchie auf einer niedrigeren Stufe steht, hat sich der Gesundheitszustand des Patienten verbessert, der Therapieverlauf ist positiv.
7.3.4 Erweiterung der Beobachtungen zur Arzneimittelwirkung
Neben den zwölf Kent’schen Beobachtungen lassen sich in der täglichen Praxis noch zwei weitere Beobachtungen machen, deren Kenntnis für eine erfolgreiche Therapie von chronischen Erkrankungen unabdingbar ist.
Ausscheidungsreaktionen
Bei manchen Patienten kommt es nach der Verabreichung des richtigen homöopathischen Arzneimittels zu teils erheblichen Ausscheidungsreaktionen (Schweiß, Durchfall, Rhinitis etc.). Ist der Heilungsverlauf ansonsten gut, sind diese Ausscheidungen als positive Reaktion des Organismus zu werten (auf keinen Fall sollten diese, wie auch immer, unterdrückt werden).
Keine erkennbare Reaktion
Kommt es beim Patienten nach passender Dosierung und Ablauf der Mindestwirkzeit zu keinerlei Reaktion, wurde meist das falsche Medikament verabreicht. Seltene Ausnahmen sind Heilungsblockaden. Hierbei kann es sich um eine andauernde Konfliktsituation (z.B. unglückliche Beziehung, andauernde und existenzielle finanzielle Probleme), einen ungünstigen Lebenswandel (z.B. Drogenkonsum, extremer Schlafmangel etc.) oder um ein Fortbestehen der schädigenden/krankheitsauslösenden Einflüsse (Arbeit oder Privatleben) bzgl. der vorliegenden Symptomatik handeln. Eine Lösung dieser Blockaden muss meist auf nicht-homöopathischem Weg erfolgen (z.B. Psychotherapie ( Kap. 14.7 ), Umstellung der Lebensgewohnheiten).
Eine weitere Möglichkeit ist das Vorliegen einer miasmatischen Blockade. In diesem Fall muss der Krankheitsfall durch ein passendes homöomiasmatisch wirksames Medikament quasi „aufgeschlossen“ werden ( Kap. 3 ).
7.3.5 Zeitpunkt der Wiederholung des homöopathischen Arzneimittels
C-Potenzen können, abhängig von der jeweiligen Erkrankung, eine sehr lange Wirkzeit haben, unter Umständen Monate bis Jahre. Wie lange ein Arzneimittel wirkt bzw. wann es aufgehört hat zu wirken, ist von folgenden Faktoren abhängig:
Von der verabreichten Potenzstufe: Arzneimittel sollten auf keinen Fall vor Ablauf der Mindestwirkzeit wiederholt werden ( Kap. 6.1.2 ). Tritt eine erneute, echte Verschlechterung der Symptomatik vor Ablauf der Mindestwirkzeit auf, war das Arzneimittel wahrscheinlich falsch gewählt oder dessen Wirkung wurde unterbrochen. Unabhängig von Schwankungen in der Symptomatologie, diemit und ohne homöopathische Therapie auftreten ( Abb. 7.11–7.13 ), kommt es bei manchen Patienten zu einem scheinbaren, kurzzeitigen Einbruch der Arzneiwirkung nach sieben bis acht Wochen und nach etwa drei Monaten (nach Jahr, „Handbuch der Hauptanzeigen für die richtige Wahl der Homöopathischen Heilmittel“), der keiner Arzneiwiederholung bedarf.
Von der Wirkdynamik der verabreichten Arznei: Jedes Arzneimittel hat seine eigene Wirkdynamik, die in die Beurteilung des Therapieverlaufs mit
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