Leitfaden Homöopathie (German Edition)
werden. Bei passender Dosierung verfehlen sie selten ihre Wirkung, bei Unterdosierung kann eine positive Arzneiwirkung ausbleiben.
7.2.3 Verlaufsbeurteilung bei akuten Erkrankungen und gleichzeitiger allopathischer Therapie
Unabhängig von der Diskussion über die Notwendigkeit oder Sinnhaftigkeit zusätzlicher allopathischer Behandlung bei Akuterkrankungen kommt es in der täglichen Praxis aus den unterschiedlichsten Gründen vor, dass Patienten zusätzlich schulmedizinische Medikamente einnehmen. Dabei muss unterschieden werden zwischen palliativer und kurativer allopathischer Medikation ( Kap. 8.2.2 ).
Folgende Konsequenzen ergeben sich für die Praxis:
Palliative Medikation:
– Einzelgaben palliativer Medikamente (z.B. Antipyretika bei Fieber, seltene Gaben von Nasentropfen bei Schnupfen oder Hustensaft bei Bronchitis): Die homöopathische Behandlung wird meist nicht gestört oder unterbrochen, das Medikament wirkt weiter und muss nicht wiederholt oder gewechselt werden.
– Dauermedikation palliativer Medikamente (z.B Zinklotio bei Windpocken, Antihistaminika bei Juckreiz durch Exanthem, Hustenblocker bei Bronchitis): Diese Vorgehensweise entspricht einer Unterdrückung von Krankheitsäußerungen (meist einer Teilsymptomatik) und stellt aus homöopathischer Sicht ein Risiko für die gesundheitliche Integrität des Organismus dar. Die Beurteilbarkeit des Krankheits- bzw. Heilungsverlaufs ist erschwert bzw. unmöglich. Sollte eine Parallelbehandlung mit homöopathischen und allopathischen Medikamenten unumgänglich sein, empfiehlt sich eine Dosierungsform, bei der die Dosis des homöopathischen Medikamentes öfters wiederholt werden kann (niedrige C- oder D-Potenzen, Arzneimittel in verklepperter Form, Q-Potenzen).
Kurative Medikation (z.B. Antibiotika bei bakteriellen Infekten, antivirale Medikamente): Die Behandlung mit kurativ wirksamen Medikamenten z.B. bei akuten Infektionserkrankungen hat den Charakter einer massiven Unterdrückung. Aus homöopathischer Sicht ist es in sich nicht schlüssig, eine parallele homöopathische Behandlung durchzuführen, da aus dem Heilungsverlauf nicht ersichtlich ist, ob das homöopathische Medikament oder das allopathische Therapeutikum zum Verschwinden der Krankheitsäußerungen geführt hat.
7.3 Verlaufsbeurteilung bei chronischen Erkrankungen
7.3.1 Definition „chronische Erkrankung“
Chronische Erkrankungen haben keine Selbstheilungstendenz und verlaufen mit unterschiedlicher Dynamik über Jahre oder Jahrzehnte. Hierzu zählen unter anderem alle Autoimmunerkrankungen wie Rheuma, neoplastische Erkrankungen, Erkrankungen der Psyche und des Nervensystems wie Multiple Sklerose und Psychosen, Erkrankungen aus dem allergischen Formenkreis etc. Der Verlauf chronischer Erkrankungen ist, neben der Dignität der Erkrankung, geprägt vom grundsätzlichen Gesundheitszustand des Patienten, wodurch sich auch der häufig unterschiedliche Verlauf bei verschiedenen Patienten mit identischer Diagnose erklärt.
Die Verlaufsbeurteilung bei der homöopathischen Behandlung chronisch Kranker stellt eine der größten Herausforderungen für den praktisch tätigen Arzt dar. Um eine Behandlung nach dem Start mit dem passenden Arzneimittel in der richtigen Potenz erfolgreich beenden zu können, ist eine klare Beurteilung der Arzneimittelwirkung und des Heilungsverlaufes notwendig. Gelingt dies nicht, ergeben sich daraus eine Reihe von Fehlern, die eine Besserung oder Heilung verhindern können, z.B.:
Das passende Arzneimittel wird zu Gunsten eines anderen verlassen.
Trotz negativen Therapieverlaufs wird das Arzneimittel nicht gewechselt und die Heilung verzögert oder verhindert.
Das Arzneimittel wird zu früh wiederholt.
Ein klares Beurteilungsschema bei der Behandlung von chronisch Kranken mit hohen C-Potenzen, das sich in der Praxis bewährt hat, lieferte Kent („Zur Theorie der Homöopathie“).
7.3.2 Beurteilung der Arzneiwirkung von hohen C-Potenzen nach Kent
Im Laufe seiner langjährigen, praktischen Tätigkeit, beobachtete Kent nach der Gabe von konstitutionell wirksamen Medikamenten unterschiedliche Reaktionen der Patienten auf die Arzneigabe. Er beschrieb insgesamt zwölf Beobachtungen („Zur Theorie der Homöopathie“), die das gesamte Spektrum an Reaktionsmöglichkeiten abdecken und die jeweils eindeutige Konsequenzen für die Weiterbehandlung nach sich ziehen:
1.lang anhaltende Verschlechterung mit Übergang in den Zusammenbruch,
2.lang
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