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Leitstrahl für Aldebaran

Leitstrahl für Aldebaran

Titel: Leitstrahl für Aldebaran Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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ihre Arbeit getan, »erst mal«, wiederholte Toliman, »werden wir die Beleuchtung einsparen.«
    Er führte eine komplizierte Schaltung aus, die Wände ringsum begannen aufzuhellen. Dann erschien im Westen ein heller Lichtfleck - die kleine Sonne. Eine Weile später, als schon die Konturen der Felswände sichtbar wurden, die das Tal begrenzten, zeichnete sich im Osten ein roter Fleck ab - der große Stern. Und dann wurden Einzelheiten des Tals sichtbar, verschwommen erst, doch unter Tolimans Regelung wurde das Bild zunehmend schärfer. Am Ende sah man von den Wänden gar nichts mehr, sie waren durchsichtig wie Glas, nur über ihnen schwebte der Oberteil des KUNDSCHAFTERS, der die Sonnenkollektoren trug.
    Das Tal war grün. Und es sah doch fremdartig aus, verglichen mit den Tälern der Erde, die jeder im Gedächtnis hatte. Nur war nicht auf den ersten Blick erkennbar, woher dieser Eindruck des Befremdenden rührte.
    Gemma kam zuerst darauf. Das mochte wohl daran liegen, daß sie jenes Stück eines Grashalms schon gesehen hatte, als die andern noch gar nichts von ihrem Landeplatz erkennen konnten.
    »Das Gras ist wie ein Teppich«, sagte sie, »alles gleich lang, gleich grün, keine Büsche, keine vergilbten Horste, alles gleichmäßig.«
    »Schön«, sagte Mira.
    »Und die Heizung können wir auch abschalten«, sagte Rigel.
    »Richtig«, stimmte Toliman zu, »und wenn ihr fertig seid, schalten wir auch alle Rezeptoren und Regelkreise ab, vor allem den großen Rechner. Alles bis auf das Stoffwechselsystem. Sieht ganz gut aus, wie?«
    »Ich brauche den Rechner noch ein paar Stunden«, meldete Mira ihre Ansprüche an.
    »Ich dachte, du bist fertig?« fragte Toliman erstaunt.
    »Hab noch was zu prüfen, so eine Idee«, sagte Mira unbestimmt.
    Es verdroß Toliman ein bißchen, daß Mira geheimnisvoll tat, aber er hielt es nicht für geraten, abrupt zu reagieren - sie alle mußten sich erst an das Regime des Energiesparens gewöhnen. Und da sie ja wohl oder übel ein halbes Jahr unter diesen Bedingungen würden leben müssen, packte er das Problem am besten so an, daß jeder etwas dazu beitrug, jeder etwas erfand, jeder schöpferisch beteiligt war an diesem System, damit bei all den Entbehrungen, die er vielleicht deutlicher als die andern auf sie zukommen sah, ein wenig Freude zustande käme.
    »Überlegt euch alle«, sagte er, »was ihr noch braucht vom großen Rechner. Heute abend schalten wir ihn ab. Dann läuft nur noch der kleine Prozessor, der die Umweltanalysen auswertet. Wenn der fertig ist, schalten wir ihn auch ab, und wenn dann noch etwas zu berechnen ist, greifen wir auf die Taschengeräte zurück, aber sparsam, damit die Batterien reichen, bis wir wieder starten.«
    Den kurzen Rest des Nachmittags verbrachten alle bis auf Mira mit Haushaltsarbeiten. Nicht lange, und der westliche Hang lag im Dunkeln. Bald wurde auch der östliche Hang, von der sinkenden kleinen Sonne beleuchtet, schmaler - die Schattengrenze kletterte allmählich den Hang hinauf. Schließlich wurde es dämmrig im Raumschiff. Aber das war eine seltsame Dämmerung. Die große rote Sonne stand jetzt fast senkrecht über ihnen, man sah sie nicht, doch ihr Licht wirkte. Das Gras auf der Talsohle sah schwarz aus, die Hänge leuchteten dunkelrot, und der Himmel, soweit von hier drinnen sichtbar, war nicht samtschwarz wie auf der Erde, sondern hatte einen dunkelgrünen Hauch - beinahe, als sei die Wiese oben und der Himmel unten.
    »Guckt mal!« sagte Gemma hingerissen.
    »Ja, ich gucke auch schon«, antwortete Rigel, »man müßte versuchen, ob man der roten Sonne auch ein bißchen Strom abzapfen kann. Wenn es auch nicht viel ist.«
    »Aber heute nicht mehr«, sagte Mira, schaltete den Rechner ab und stand auf. »Habt ihr das Abendbrot fertig?«
    Toliman fühlte sich erschöpft, als sie zu Bett gingen. Dieser Tag hatte ihn Kraft gekostet. Die andern sicherlich auch. Obwohl, Mira wirkte nicht so, sie strahlte Optimismus aus, ihr Lächeln, mit dem sie sich neben ihn legte, war fast mütterlich. Ob das mit der Rechnerei zusammenhing?
    »Was hast du eigentlich noch gerechnet?« fragte er.
    »Ich werde morgen einen Vorschlag machen«, sagte Mira sinnend, »wir könnten ein Ionosphärenkraftwerk einrichten, dann wären wir mit einem Schlag alle Energiesorgen los. Das war es, was ich berechnet habe.«
    Sie sah zu ihm hinüber, im schwachen roten Licht schimmerte sein helles Gesicht wie Gold. Aber die Reaktion, die jetzt von ihm kam, hatte Mira nicht

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