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Leitstrahl für Aldebaran

Leitstrahl für Aldebaran

Titel: Leitstrahl für Aldebaran Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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aber ewig konnte man nicht warten. Während sich die Gefährten im Schiff nur allmählich beruhigten, war Toliman bereits am dritten Tag sicher, daß alles gut ausgehen würde. Er wußte freilich, daß dieses Gefühl der Sicherheit, bei seiner sonstigen Arbeit als Navigator und Organisator aus Erfahrung und Kenntnis erwachsend, in diesem Falle grausam täuschen konnte. Er wußte es und fand sich damit ab. Während er sonst stets Vorbild zu sein hatte und nichts riskieren durfte, was den anderen oder der Aufgabe schaden konnte - hier würde sein Risiko nur nützen, und deshalb war es auch nicht Leichtsinn, was er jetzt beschloß, sondern notwendige Konsequenz: nämlich, sich am dritten Tage von den Bohnen und Kräutern zu ernähren, die draußen angepflanzt waren.
    Er begann gleich morgens damit. Das Zeug schmeckte scheußlich, und bei dem Gedanken daran, ein halbes Jahr lang davon leben zu müssen, schüttelte es ihn, aber sein Körper akzeptierte die Nahrung ebenso wie die übrige Umwelt, und mittags aß er wieder davon, ohne die Proteste aus dem Raumschiff zu beachten.
    »Warum macht er das?« fragte Gemma drinnen bekümmert. »Erst müßte ich mal die Gewächse analysieren, das wäre doch nur vernünftig, oder nicht?«
    »Vielleicht sind da draußen solche Strahlen, die.« Rigel vollendete den Satz nicht und ließ den Zeigefinger ein paarmal vor seiner Stirn kreisen.
    Mira schüttelte den Kopf, schwieg aber. In ihr reifte ein Entschluß. Ja, sie würde es tun, sie gehörte zu Toliman. Nein, sie würde niemand danach fragen, sie war ja schließlich jetzt hier drin der Chef. Immerhin, das Risiko, das Toliman eingegangen war, hatte seine Berechtigung, ihres nicht, wenn man es genau berechnete. Aber sie war eben davon überzeugt, daß man nicht alles genau berechnen konnte. Ob man nun ganze drei Tage wartete oder eine Nacht weniger, machte tatsächlich kaum einen Unterschied.
    Als alle schlafen gegangen waren, auch Toliman draußen in seinem Zelt, das er sich auf dem Boden des Tals aufgebaut hatte, verließ Mira das Schiff durch die Schleuse. Noch im Schutzanzug ging sie zum Zelt und schlug den Eingang auf. Dann setzte sie den Helm ab und begann sich auszuziehen.
    Toliman unterdrückte einen Ausruf. Plötzlich trudelten seine Gefühle durcheinander: Vorwurf und Zustimmung, Ärger und Freude, ungläubiges Staunen und Begreifen.
    Mira stand nackt vor ihm im letzten Dämmer der roten Sonne, sie nahm sein Gesicht in die Hände und erschrak. »Du hast ja Fieber!«
    »Das ist was ganz anderes als Fieber«, flüsterte er.
    Selbstverständlich war Toliman immer von der Richtigkeit seiner Anordnungen überzeugt gewesen, sonst hätte er sie selbst verworfen oder geändert. Und er war ja auch hartnäckig und beständig genug, über längere Zeit konsequent zu bleiben, wenn sich Anfangserfolge nicht einstellten - wegen dieser Eigenschaften hatte der Kapitän ihn schließlich zum Kommandanten bestimmt.
    Trotzdem empfand er den zwanzigsten Tag nach der Landung als einen Tag seiner persönlichen Bestätigung, seines Erfolgs: Es war der erste Tag mit positiver Energiebilanz. Zum erstenmal hatten sie mehr Treibstoff synthetisiert als verbraucht; eine Spur mehr nur, bei weitem nicht ausreichend, aber eben doch - mehr.
    Wie anders sah jetzt das Schiff aus, wie anders die ganze Wirtschaft, der Tagesablauf, die Umgebung!
    Die beiden fast ebenerdigen Schleusen des KUNDSCHAFTERS waren jetzt geöffnet, wenigstens tagsüber, nachts konnten dünne Folien davorgezogen werden; man schlief trotz der erfolgreichen Erkundung im Schiff, Störungen durch hiesige Lebewesen waren immerhin nicht ausgeschlossen. Und Nachtwachen konnten sie sich nicht leisten, Arbeit gab es in den nächsten Wochen erst einmal reichlich und für alle.
    Ein paar Schritte vom Schiff entfernt zum Beispiel, am Bach, stand ein Aggregat. Ein Sonnenkollektor betrieb einen Wasserkessel. Hier wurde das Wasser abgekocht für den täglichen Bedarf und auch, um eine möglichst große Reserve zu schaffen. Nächst der Luft zum Atmen war Wasser der wichtigste Stoff für die Aufrechterhaltung des Lebens. Viele Tage hatten sie unermüdlich daran gearbeitet, die Bordanlage für den ökologischen Kreislauf stillzulegen und zu konservieren. Jetzt mußten sie also für das alles - Luft, Wasser, Lebensmittel - nicht nur ständig sorgen, sie mußten vor allem ausreichende Vorräte anlegen, für den Fall, daß irgend etwas in ihrer Umgebung den normalen Ablauf stören würde. Denn sie konnten die

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