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Leitstrahl für Aldebaran

Leitstrahl für Aldebaran

Titel: Leitstrahl für Aldebaran Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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wir siebenundneunzig Komma fünf Prozent Wahrscheinlichkeit. Mehr bekommen wir nicht. Es bleibt eine Lücke von zwei bis zweieinhalb Prozent.«
    Das letzte sagte sie mit einem Lächeln, als wolle sie sich entschuldigen, und als Mira sich ahnungsvoll umsah, fing sie wieder einen Blick von Rigel ein. Der dumme Kerl! dachte sie, drehte den Kopf zurück und zuckte mit den Schultern.
    Nachmittags aber brauchte sie den dummen Kerl, da sie selbst zum apparativen Basteln zu ungeschickt war. Ihr war eingefallen, daß sie vermutlich bessere Wetterprognosen würde geben können, wenn sie einen Fesselballon mit Instrumenten aufließen, der oben auf dem Hang verankert werden könnte. Alle nötigen Bestandteile waren vorhanden - Plastfolie für die Hülle, Seile, auch Helium für die Füllung, aber wenn sie selbst den Ballon bauen würde, dann nähme ihn vermutlich der erste Windstoß mit.
    Rigel war anfangs brummig, dann aber riß ihn die Arbeit mit. Sie berechneten die Tragfähigkeit - es war möglich, noch eine elektronische Weitwinkelkamera anzubringen, die das ganze Gelände des Horstgebirges erfassen konnte, mit Ausnahme des Gebietes, das hinter dem großen Berg lag. Hundertfünfzig Meter über dem Hang mußte der Ballon dazu stehen. Auch die Stromversorgung war nicht schwierig, ein normales Fotoelement genügte, um die Geräte in Betrieb zu halten und alle zwei Stunden die Werte und die Abtastung eines Fotos nach unten zu senden. Den Strom für den Empfänger konnte man von der vorgesehenen Kochanlage abzweigen, wie Gemma bestätigte. Am Spätnachmittag legten sie Toliman dann gemeinsam das Projekt vor.
    »Nein«, sagte Toliman.
    »Warum nicht?« fragte Rigel, und es war ein Trotz in seiner Stimme, der Toliman aufmerksam gemacht hätte, wenn er sich Rigels nicht so sicher gefühlt hätte.
    »Ihr habt doch alle zugestimmt, daß wir keine zusätzlichen Energieverbraucher installieren«, sagte Toliman müde und gereizt.
    »Es wird doch keine zusätzlich.«, begann Rigel, verstummte aber, weil Toliman wie ein Verzweifelter beide Arme hob.
    »Jedes Fotoelement, das wir haben, auch das kleinste«, sagte er, »werden wir installieren, um Energie zu gewinnen, nicht, um sie zu verbrauchen, das ist doch alles so sonnenklar. Entschuldigt, wenn ich eben etwas gereizt war, aber ich hatte nicht gedacht, das nun noch einmal erläutern zu müssen.«
    »Ich meine«, sagte Mira leise, aber fest, »daß eine bessere Wettervorhersage für uns lebenswichtig werden könnte. Auch zum Beispiel für die Abgabe des Leitstrahls.«
    »Nehmen wir an«, sagte Toliman belustigt, »du könntest das Wetter sogar ganz genau vorhersagen - kannst du es ändern?«
    Tolimans Belustigung kränkte Mira mehr, als scharfer Spott es getan hätte. Sie beherrschte sich aber und argumentierte weiter: »Es geht ja auch nicht nur um das Wetter. Wir müssen einfach über unsere nähere Umgebung mehr wissen.«
    Hin und her ging die Rede. Mira war dabei offensichtlich im Nachteil, denn sie konnte nur mit Vermutungen und allgemeiner Sorge operieren, während Tolimans Ablehnung immer konkret begründet war. So war das Ergebnis der Debatte eigentlich schon bald voraussehbar. Wenn Mira trotzdem weiter argumentierte, dann, weil eine tiefe, echte Sorge sie dazu trieb, die sie nur bei diesem Stand der Ereignisse noch nicht in Worten ausdrücken konnte.
    Daß diese Debatte dann doch anders endete, zwar mit dem erwarteten Ergebnis, aber auch mit einem ganz unerwarteten großen Krach, hatte niemand voraussehen können. Wenn Toliman sich gegen Mira oder Mira sich gegen Toliman erregt hätte, das wäre aus dem Gegenstand der Unterhaltung erklärbar gewesen, wenngleich sich die anderen doch sehr gewundert hätten. Wenn Toliman gegen Rigel oder selbst wenn Rigel gegen Mira unsachlich geworden wäre - auch das hätte sich irgendwie erklären lassen. Aber daß Rigel plötzlich Toliman anschrie, er solle sich nicht einbilden, allein alle Weisheit der Welt zu besitzen, das widersprach so sehr allen bisher bekannten Beziehungen und Absichten und Tendenzen, daß nicht einmal Rigel selbst es verstand.
    Eine Weile herrschte Schweigen. Dann stotterte Rigel: »Ja, ja.. schon richtig, wir haben ja alle beschlossen.. ich weiß auch nicht, wie ich.. entschuldigt bitte.« Er stand auf. »Wenn man wenigstens nicht hier eingesperrt wäre!« setzte er hinzu, und gleich darauf, weil ihm einfiel, daß dieser Seufzer seine Gemma bedrängen würde: »Vergeßt es.«
    Den ganzen Nachmittag hindurch quälte

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