Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Leitstrahl für Aldebaran

Leitstrahl für Aldebaran

Titel: Leitstrahl für Aldebaran Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
Vom Netzwerk:
Hinweise, wie man sich dieser Invasion erwehren könne, aber sie hatte keine Minute Zeit und Gelegenheit, das Verhalten der Insekten zu studieren. Wenn sie wenigstens wüßte, was das Weiße gewesen und wo es geblieben war! Es mußte doch irgendein Körperorgan sein. Vielleicht eine dehnbare Blase, die dann wie ein Luftballon wirkt, ein Heißluftballon. Eben, die Insekten waren eingefallen, als die Sonne durch Wolken verdeckt wurde; sollte das etwa so funktionieren, daß der nächste Sonnenschein sie wieder zum Abfliegen brachte? Lauter kleine Luftballons? Nun ja, warum sollte das Leben nicht auch einmal dieses Prinzip verwirklichen, um sich in die Luft zu erheben!
    Dann aber mußte es doch möglich sein, mit künstlicher Sonnenstrahlung. Sie schaltete die Helmlampe ein, das bedeutete zwar Energieverbrauch, aber hier war es notwendig. Nichts jedoch geschah, nichts Weißes zeigte sich, die Insekten reagierten überhaupt nicht. Licht war es also nicht. Oder: Licht allein genügte nicht. Vielleicht konnten die Insekten nicht immer fliegen, vielleicht mußten sie erst mal fressen und erwarben dann dadurch wieder die Fähigkeit, ihren körpereigenen Luftballon aufzublasen, und wenn der Sonnenschein als verstärkender Faktor hinzutrat. Aber es konnten auch andere Faktoren eine Rolle spielen, zum Beispiel die Fortpflanzung.
    »Es hat keinen Zweck«, sagte Toliman, »wir können nicht tagelang die Pflanzungen frei halten. Was meinst du, Gemma, ob die hier bald wieder verschwinden?«
    »Heute bestimmt nicht mehr!« erklärte Gemma.
    »Dann müssen wir die Pflanzungen aufgeben, oder sieht jemand eine andere Möglichkeit?«
    »Nein«, sagte Gemma, »geht ihr hinein, ich will beobachten, wie sie die Pflanzung in Besitz nehmen.«
    Gemma wußte, daß die Gefährten äußerst bedrückt abzogen. Ihre Zukunft war plötzlich, gerade als alles im richtigen Gleis zu laufen schien, in Frage gestellt worden: Wovon sollten sie leben, wenn es diesen Balloninsekten einfallen sollte, hier etwa das nächste halbe Jahr zu verbringen?
    Sie hätte ihnen freilich sagen können: Spätestens, wenn hier alles aufgefressen ist, müssen die Insekten weiterziehen. Oder sterben. Oder in eine Metamorphose eintreten, sich verpuppen vielleicht. Jedenfalls war dann Gelegenheit, ein Stück für ihre Pflanzungen so zu sichern, daß eine nächste Generation oder ein anderer Schwarm dieser Insekten nicht herankam.
    Aber dazu hatten sie keine Zeit, sie mußte sich auf das konzentrieren, was sie jetzt sehen würde. Die Gelegenheit würde sich nicht wiederholen, den aufschlußreichen Vorgang zu beobachten, wie der Schwarm ein Gebiet in Besitz nahm. Sie wußte noch nicht, worauf sie ihre besondere Aufmerksamkeit lenken sollte, aber das würde sich ergeben, dessen war sie sicher.
    Sie hatte sich in der Bohnenpflanzung so postiert, daß sie sowohl den Rand als auch das Zentrum einigermaßen gut sehen konnte; sehr groß war das Gebiet nicht. Sie wollte hier stehen bleiben und sich möglichst nicht bewegen, einerseits, um nicht unnötig viele Insekten zu zertreten, Raumfahrer achten fremdes Leben; andererseits aber auch, um den natürlichen Vorgang nicht zu beeinflussen.
    Sie sah, daß die Insekten von allen Seiten gleichmäßig in die Pflanzung eindrangen, eigentlich sogar eher einsickerten, denn der Vorgang lief relativ langsam ab, das war kein Sturm auf eine eroberte Festung wie in der menschlichen Geschichte, natürlich nicht, wie denn auch, es wäre albern gewesen, so etwas anzunehmen, aber Gemma gestand sich ein, daß sie doch irgend etwas in dieser Richtung erwartet hatte, und nun wußte sie auch, worauf sie zu achten hätte: ob sich nämlich erkennen ließ, was eigentlich diese Bewegung hervorrief.
    Nein, es ließ sich nicht feststellen, ob es chemische, taktile oder andere Signale waren, mit denen die Insekten aufeinander einwirkten, dazu hätte sie spezielle Meßgeräte haben müssen, und auch dann würde das vermutlich länger dauern, als dieser Schwarm überhaupt hier bleiben würde; aber daß sie wirklich aufeinander einwirkten, war mit ziemlicher Sicherheit an der Art und Weise zu erkennen, wie die Inbesitznahme der Pflanzung vor sich ging. Es war nicht etwa so, daß die am Rand befindlichen Tiere jetzt eine Wendung machten und zielstrebig auf das Zentrum der Pflanzung zumarschierten; ganz im Gegenteil: Jedes Tier schien ein gewisses eigenes Territorium zu haben, einen kleinen Fleck, in dem es hin und her lief, wobei allzu große Nähe zum Nachbarn wie

Weitere Kostenlose Bücher