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Leitstrahl für Aldebaran

Leitstrahl für Aldebaran

Titel: Leitstrahl für Aldebaran Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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eine abstoßende Kraft zu wirken schien. Diese Ordnung war jetzt freilich in Auflösung begriffen, aber Gemma fand später, nach der Besetzung, noch einmal Gelegenheit, sie zu beobachten, und da fand sie sie bestätigt. Jetzt also löste sie sich auf. Die Tiere fanden nach einer Seite hin, in die Pflanzung hinein, keine Nachbarn und weiteten ihr Gebiet aus. Als Folge davon weiteten deren Nachbarn wiederum ihr Gebiet aus, die Erweiterung des Einzelterritoriums zog also die Gesamtbewegung nach sich.
    Und was passiert nun? Einige Insekten erreichten die ersten Bohnenpflanzen. Das erste kletterte hinauf, das nächste nicht, das bewegt sich auf dem Boden weiter, erst das zweit- oder drittnächste erkletterte wieder die Pflanze - und so überall.
    Dann aber schien der Prozeß sich zu beschleunigen. Irgendein Signal mußte das Vorhandensein entweder von freiem Raum oder von Futter weitergegeben haben, denn von außen drängten jetzt die Insekten schneller nach, und auch die ersten marschierten schneller hinein - aber halt, keine voreiligen Schlußfolgerungen: Da der Raum für die Welle kleiner wurde, mußte sich ja ihre Bewegung verstärken; nein, es war nicht zwingend, auf ein Signal solcher Art zu schließen, auch diesen Effekt konnte die Nachbarschaftsbeziehung allein erklären. Aber dann wurde doch interessant, was in der Mitte passieren würde, wenn die von allen Seiten kommenden Insekten aufeinandertreffen würden!
    Soweit war es noch nicht, jetzt hatten die Tiere erst einmal sie, Gemma, erreicht. Aber kein einziges Insekt versuchte, an ihren Schuhen hinaufzuklettern. Sie mußte an irdische Ameisen denken, die das ganz gewiß getan hätten - diese Tiere indessen schienen sehr gut unterscheiden zu können, ob das Senkrechte vor ihnen freßbar war oder nicht. Denn daß sie fraßen und wie sie fraßen, das konnte Gemma nun an den äußeren Bohnenpflanzen sehen. Auch das war interessant: Jedes einzelne Insekt fraß ein verhältnismäßig großes Loch in das Grün - und ließ sich dann einfach fallen. Als Gemma das zum ersten Mal sah, glaubte sie an einen Zufall, aber dann bemerkte sie, daß fast alle sich so verhielten. Freilich, diese Insekten waren leicht genug, um so einen Fall zu überstehen, von einem Grashalm herunter oder auch von einer Bohne. Aber von einem Baum?
    Diese Frage zog eine Kette von Gedanken nach sich, die sich wieder einmal - wie schon so oft - mit dem Fehlen von Holzgewächsen in diesem Tal befaßten. Am Ende stand die Feststellung: Nein, diese Ballontiere können auch nicht die Ursache für das vegetatorische Rätsel sein - vor allem, weil sie ganz offensichtlich nur Grünes fraßen. Wenigstens abgestorbene Baumstümpfe hätten übrigbleiben müssen.
    Nebenbei registrierte Gemma etwas verwundert die Tatsache, daß es ihr um die Pflanzung kein bißchen leid tat, obwohl sie doch in erster Linie ihr Werk war - die Insekten waren einfach zu interessant. Ein Jammer, daß man sich hier immer mit ungefähr und wahrscheinlich zufriedengeben mußte!
    Jetzt aber näherten sich die Tierchen von allen Seiten der Mitte des Feldes, selbstverständlich nicht ganz und gar gleichmäßig, und auch nicht genau der geometrischen Mitte, aber trotzdem gab es einen Punkt oder ein kleines Gebiet, auf das sie jetzt von mehreren Seiten her zueilten. Gemma erwartete eigentlich, entsprechend ihren bisherigen Beobachtungen, daß dort momentan eine Überbelegung entstehen würde, die sich dann wieder wellenförmig ausbreiten würde, bis sich alles ausgeglichen hatte.
    Das geschah auch - aber es geschah noch mehr, etwas, womit Gemma nicht gerechnet hatte: Im Augenblick der stärksten Konzentration bildeten sich an den Körpern der Insekten kleine, weiße Ballons, die sich freilich nicht zur anfänglichen Größe entwickelten, sondern wieder verschwanden, als sich die Belegung des Bodens normalisierte.
    Also die Populationsdichte löste das Schwärmen aus! Eigentlich nichts Umwerfendes, auch bei einer Reihe irdischer Insekten war das so. Aber trotzdem war das Grund zur Besorgnis. Wie schnell pflanzten diese Ballonflieger sich fort? Das konnte ja Wochen oder sogar Monate dauern! Konnte allerdings auch nur Tage währen. Aber so lange reichte das Futter nicht, so wie die fraßen. Das war noch eine Hoffnung, wenn Gemma auch noch nicht wußte, wie man. diese Tatsache nutzen konnte. Fürs erste hatte sie genug gesehen. Gewiß waren noch viel mehr Beobachtungen nötig, aber zuerst mußte sie in Ruhe nachdenken. Vielleicht ließ sich

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