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Leitstrahl für Aldebaran

Leitstrahl für Aldebaran

Titel: Leitstrahl für Aldebaran Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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entfernen. Sie nahm einfach eine einzelne Bohne und legte sie vor den Ausstieg zwischen die Bemeisen, die jetzt zum größten Teil inaktiv dasaßen.
    Viel langsamer nahmen die benachbarten Tiere davon Notiz, als Gemma es nach ihren nachmittäglichen Erfahrungen erwartet hatte. Aber das konnte ihr nur recht sein, es erleichterte ihr das Vorhaben, Aufschluß über Informationswege zwischen den Tieren und innerhalb des Schwarms zu erhalten.
    Zuerst geschah, was sie schon gesehen und auch jetzt erwartet hatte: Die benachbarten Tiere nahmen sich der Bohne an, und von ihnen ging die gleiche wellenförmige Bewegung aus wie nachmittags, nur langsamer. Und dank diesem verminderten Tempo entdeckte Gemma etwas, was ihr sonst bei dieser einfachen Versuchsanordnung vielleicht entgangen wäre: Der wellenförmigen Verdünnung der Populationsdichte schien eine Welle von Unruhe vorauszulaufen, Tiere, die von der Verdünnung noch nicht erreicht waren, zeigten plötzlich Zeichen von Aktivität, erhoben sich, wendeten den Kopf hin und her.
    Ein schneller Blick in das Zentrum belehrte Gemma, daß dort jetzt mit Eifer gefressen wurde. Trotz der hohen Dichte zeigte aber keins der Tiere hier den Ansatz der weißen Blase. Statt dessen beobachtete Gemma einen Austausch: Insekten, die wohl nicht mehr fressen konnten, räumten den Platz, krochen etwas beiseite und wurden inaktiv; ein kleiner Wall von Insekten hatte sich dort gebildet. Andere strömten hinzu und nahmen die frei gewordenen Freßplätze ein.
    Dann aber begann die Welle, sich umzukehren. Bei den Insekten, die sich, vom Fressen ermüdet, zum Wall gehäuft hatten, traten jetzt die weißen Blasen hervor, winzig, aber doch sichtbar. Sie rückten auseinander, die Verdickung setzte sich nach außen fort, ohne daß die paar Bemeisen, die die Reste der Bohne fraßen, dadurch irgendwie gestört wurden.
    Als alles vorbei war, wiederholte Gemma noch einmal das Experiment, allerdings bat sie jetzt Mira dazu, weil sie sich nicht sicher war, ob ihre Interpretation nicht zu weit ging. Aber auch Mira meinte, auf irgendeine Weise müsse Information über freies Futter weitergegeben werden.
    Im Tal wurde es dunkel.
    »Der Himmel sieht aus, als ob wir morgen gutes Wetter bekämen, was meinst du?« fragte Mira.
    »Ja, vielleicht«, antwortete Gemma. Es hörte sich an, als ob sie an etwas anderes dachte.
    Tatsächlich brachte der nächste Tag Sonnenschein - und die Hoffnung, daß diese Bemeisen sich mit ihren Ballons auf und davon machen würden. Was hatten sie hier noch zu suchen? Aufgefressen hatten sie alles, was für sie erreichbar war, es würde wieder vierzehn Tage dauern, bis neue Anpflanzungen Nahrung geben würden. Wieder würden die Weltraumfahrer alle gesammelten Vorräte an Nahrungsmitteln verbrauchen. Wenn aber die Insekten blieben, dann reichten die Vorräte nicht. Oder sie müßten versuchen - brrr! - die Insekten zu essen.
    Den ganzen Vormittag über trösteten sie sich damit, daß vielleicht die Sonnen noch nicht hoch genug ständen und der Strahlungseinfall noch nicht genügte. Aber auch dann geschah nichts, die Insekten lagen fast bewegungslos herum, in gleichmäßigen Abständen voneinander.
    Nach dem nun wieder sehr kärglichen Mittagessen entdeckte Gemma dann doch eine winzige Veränderung. Bei dem Insekt, das sie gerade beobachtete, erschien für kurze Zeit ein Zipfelchen der Ballonblase. Gleich darauf geschah dasselbe bei dem benachbarten Insekt. Bald hatte sie sich überzeugt, daß jetzt jedes Insekt von Zeit zu Zeit seine Blase ein wenig lüftete. Sie hoffte nun, daß die Pausen kürzer oder die Blasen größer würden, aber das geschah nicht. Durfte man das so interpretieren, daß eine allgemeine Ballonbereitschaft bestand oder auch erst entstand, daß aber noch andere Faktoren fehlten?
    »Man müßte irgendeine Fluktuation hervorrufen, bei der eine hinreichende Dichte entsteht, vielleicht wirkt das als Initialzündung!« sagte Gemma nachdenklich. Sie nahm eine Handvoll Bohnen und legte sie auf einen Haufen vor die Schleuse.
    Die Wirkung war zunächst die gleiche wie am Vorabend, nur daß die Vorgänge schneller abliefen und einen größeren Kreis erfaßten. Dann aber, als die Bohnen fast aufgefressen waren, erschienen die ersten weißen Blasen. Diesmal vergrößerten sie sich schnell, und einige Bemeisen erhoben sich langsam in die Luft.
    Und dann ging von diesem Fleckchen eine weiße Wolke aus, die sich über das ganze Tal ausbreitete. Das war ein fröhliches Bild, weil

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