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Leitstrahl für Aldebaran

Leitstrahl für Aldebaran

Titel: Leitstrahl für Aldebaran Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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ja erst einige Zeit nach ihrer Landung erschienen. Von woher? Aus dem Sumpf? Aus der Steppe im Norden? Aus den südlichen Wäldern? Nach irdischen Vorstellungen hätte man am ehesten vermutet: aus den Sümpfen im Osten. Aber Gemma wußte längst, daß nicht alle Erfahrungen aus der irdischen biologischen Entwicklung anwendbar waren; manchmal gab es im Verhalten des Tiers Reaktionen, die ihr nicht nur unverständlich waren - was sie nicht weiter beunruhigt hätte -, sondern die überhaupt keine erkennbare Funktion zu haben schienen und die bei der Abrichtung des Tieres manchmal gefährliche Situationen heraufbeschworen. Gemma meisterte sie freilich immer, sprach aber weniger darüber, um die andern nicht zu beunruhigen.
    Eine davon war eine bestimmte Form von Unruhe, von Unbehagen, die sich in einer Reihe Anzeichen äußerte, und das so deutlich, daß Gemma sie jetzt schon ganz zuverlässig diagnostizieren konnte. Und das sonderbarste daran war, daß diese Unruhe sich nach dem Kalender richtete, und zwar nicht nach irgendeinem, sondern nach dem irdischen. Jeden zweiten Montag trat sie auf!
    Der Bequemlichkeit halber hatten sie nämlich nach der Landung einen Kalender angelegt, beginnend mit einem Montag. Wenn sie über Termine sprachen, gaben sie den Namen des Tages und die Zahl der Woche an. Es war jetzt die sechste Woche seit der Landung, die elfte seit der Katastrophe, in vierzehn Tagen bereits würde die halbe Zeit bis zur Abgabe des Leitstrahls vergangen sein.
    Selbstverständlich waren die Tage entsprechend der Rotation dieses Planeten gerechnet, und insofern war der Kalender eben doch nicht irdisch. Aber sonderbar blieb es auf jeden Fall. Gemma hatte diese Entdeckung bisher für sich behalten, zuerst, weil sie ihren eigenen Beobachtungen nicht traute, später, weil sie es für einen Zufall hielt; inzwischen aber war ihr klargeworden, daß man das Biest noch viel mehr als Indikator für planetarische Vorgänge benutzen mußte, als eine Art Anzeigegerät für unbekannte Gefahren, und da tat sich die Frage auf: Wenn diese Regelmäßigkeit auf einem zufälligen Zusammenhang beruhte, oder richtiger, einem Zusammenhang, der zufällig immer an dem gleichen Wochentag hergestellt wurde, was für ein Zusammenhang war das dann? Zusammenhang womit? Gemma nahm sich fest vor: Wenn bei dem Biest am kommenden Montag, dem siebenten also, wieder die gleichen Anzeichen aufträten, würde sie die andern über diese Beobachtung informieren, vielleicht fiel denen etwas ein.
    Es ergab sich, daß sie zuerst mit Mira darüber sprach. Die Kosmogonin hatte sich schnell erholt, aber Gemma, die auch als Medizinerin fungierte, hatte noch gezögert, sie wieder voll einzusetzen. Andererseits erschien es ihr angebracht, Mira das Gefühl zu nehmen, sie stände außerhalb, ein Gefühl, das gewiß nicht die Genesung gefördert hätte. Deshalb entschloß sie sich, die Patientin mit ihrem Problem zu beschäftigen, sozusagen mit leichter geistiger Aktivität - denn daß das Problem für die Gefährtin leicht sein würde, daran zweifelte Gemma nicht einen Moment.
    Und wirklich brauchte Mira nur Minuten, um den richtigen - oder zunächst einmal einen sehr wahrscheinlich richtigen - Zusammenhang herzustellen: Mit der Wocheneinteilung hatten sie bei der Landung begonnen, den nächsten darauffolgenden Tag hatten sie zum Montag bestimmt. Am Sonntag, am Vortag also, hatte auch ein Strahlungsausbruch der hellen Sonne ihre Landung kompliziert, und diese Strahlungsausbrüche hatten eine Periode von vierzehn Tagen. Möglich also, daß die Physiologie des Tieres den Rest zusätzlicher Strahlungen registrierte, den die Atmosphäre nicht verschluckte, und darauf mit Ermattungserscheinungen reagierte; auch die zeitliche Verschiebung war, wie Gemma bestätigte, durchaus denkbar.
    Diese Ausbrüche waren nicht etwa vollständig vergessen worden; Mira hatte, soweit energielos betriebene Meßgeräte das gestatteten, auch nach der Landung die Ausbrüche gemessen. Da aber die Atmosphäre die zusätzliche Strahlung fast vollständig zu verschlucken schien, hatte sie die Messungen eingestellt, und den anderen war dieses Problem bei der Fülle der zu bewältigenden Arbeiten aus dem Blickfeld gerückt. Es war also kein Wunder, daß Gemma dieser periodische Vorgang nicht eingefallen war, als sie die merkwürdigen Anzeichen bei ihrem Biest beobachtete. Ein Wunder war vielleicht eher, daß sie sich mit diesem Problem gleich an die richtige Adresse gewandt hatte; aber Mira fand

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