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Leitstrahl für Aldebaran

Leitstrahl für Aldebaran

Titel: Leitstrahl für Aldebaran Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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auch das nicht so sehr sonderbar, sie war ja schon länger davon überzeugt, daß Gemma eine sehr hohe innere Affinität zu allen biologischen Erscheinungen dieses Planeten habe, oder, wie man vor hundert Jahren gesagt hätte, eine glückliche Hand in diesen Dingen. Auch heute noch war ja das Affinitätstheorem von Miller und Nayama umstritten; aber wegen seines heuristischen Werts hatte Mira sich öfter damit beschäftigt, und wenn sie den Ansichten der beiden Weltpreisträger auch nicht bis in die letzte Konsequenz folgte, so hatte sie doch wenigstens deren praktische Nutzanwendung oft genug an sich selbst erprobt und bestätigt gefunden.
    Beide Frauen bereiteten gemeinsam die experimentelle Prüfung des vermutlichen Zusammenhangs vor. Eine volle Bestätigung würden sie zwar nicht sofort erreichen, aber eine größere Wahrscheinlichkeit konnte der kommende Montag doch bringen. Denn der Abstand zwischen den Ausbrüchen war natürlich nicht genau vierzehn Tage, sondern ein paar Stunden mehr, so daß sich das Maximum von Mal zu Mal in der Tageszeit verschoben hatte. Mira errechnete die genauen Daten für die zurückliegenden Montage, und Gemma versuchte, sich präziser zu erinnern, wann ihr jeweils die Veränderung bei ihrem Biest aufgefallen waren. So kamen sie auf einen durchschnittlichen Abstand von fünfundzwanzig Stunden zwischen Maximum und Auswirkung. Wenn das stimmte, mußte das Biest diesmal gegen Abend reagieren, und zwar schwächer als früher, weil das Maximum auch auf den Sonntagabend gerückt war und die Abendatmosphäre mehr Strahlung absorbierte.
    Mira brachte am Sonntag also wieder ihre Meßinstrumente in Stellung, und obwohl der Ausbruch erst am Nachmittag zu erwarten war, blieb sie schon ab Mittag dabei, sie konnte das ja, weil sie zur allgemeinen Arbeit noch nicht wieder zugelassen war. Und nicht vergeblich - der Ausbruch kam eine Stunde eher, als sie gerechnet hatte, und war, bezogen auf den Planeten, im Maximum stärker als die früheren; die Strahlung, die sie erreichte, war genau so stark wie seinerzeit, als das Maximum mittags gelegen hatte. Das beunruhigte Mira. Es sah ja fast so aus, als würden sich die Ausbrüche verstärken. Nach Miras Theorie waren die Ausbrüche eine Reaktion der Sonnenmasse auf die Gezeitenwirkung, die durch den Überriesen ausgeübt wurde. Zwar hatte die kleine, helle Sonne inzwischen auf ihrer hyperbolisch gekrümmten Bahn den Punkt der kleinsten Entfernung zum Infraroten schon hinter sich gelassen, aber solche Störprozesse konnten ihr Maximum lange Zeit danach haben - um das entscheiden zu können, hätte sie viel mehr und viel exaktere Messungen zur Verfügung haben müssen.
    Nun warteten beide gespannt auf den Montagabend. Welche Wirkung würde das Biest zeigen?
    Die fünfundzwanzigste Stunde nach dem Maximum kam heran - aber das Biest verhielt sich normal, es zeigte nicht die geringsten Anzeichen für irgendeine Auswirkung der Strahlung.
    Gemma war teils froh, teils besorgt. Aber an der Richtigkeit ihrer früheren Beobachtungen zweifelte sie nicht, höchstens daran, ob der Zusammenhang mit der Strahlung zutreffend war. Aber Mira hatte bald eine Erklärung: Die Strahlung bestand aus recht unterschiedlichen Komponenten, deren Maxima dann auch zu unterschiedlichen Zeiten auf dem Planeten eintrafen. Wenn beim letzten Mal das Biest noch Wirkung gezeigt hatte, dann müßte also eine Komponente dafür verantwortlich sein, deren Maximum innerhalb von zwei bis drei Stunden nach dem Ausbruch auf dem Planeten wirksam wurde - denn so lange vor dem Abend hatte der letzte Ausbruch gelegen.
    Das hatte nun wiederum eine gute und eine schlechte Seite. Die schlechte bestand darin, daß man die Richtigkeit dieser Vermutung frühestens in acht oder zehn Wochen würde prüfen können - bis dahin würden die fraglichen Maxima den Planeten nämlich erreichen, wenn bei ihnen Nacht war. Aber das war eben auch wieder gut: Man mußte damit rechnen, daß auch den Menschen schadete, was das Biest nicht vertrug, und so brauchten sie für die nächsten drei oder vier Ausbrüche keine besonderen Vorsichtsmaßregeln zu treffen. Danach aber würden ja hoffentlich die Ausbrüche allmählich schwächer werden.
    Dieses Ergebnis war freilich wenig geeignet als Gegenstand einer allgemeinen Diskussion. Trotzdem hatten weder Gemma noch Mira das Gefühl, sie hätten sich umsonst bemüht. Für Gemma hatte sich noch einmal die Notwendigkeit bewiesen, die Natur des Planeten viel zielstrebiger und

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