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Leitstrahl für Aldebaran

Leitstrahl für Aldebaran

Titel: Leitstrahl für Aldebaran Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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aber unbenutzbar wurde; viertens - Durchführung von Exkursionen in die benachbarten Areale, je nach den Gegebenheiten der Versorgungslage und nach den Ergebnissen der Bodenbeobachtung. Dieser vierte Punkt also war im Laufe der weiteren Entwicklung zu konkretisieren.
    Alle dafür benötigte Energie sollte aus Quellen kommen, die zusätzlich zu erschließen und für die Gewinnung von Aktivkomponente nicht verwendbar waren.
    Diesmal nahmen sie bei wiederum minimalen Essenrationen - die Pflanzung war ja zerstört - noch schwerere körperliche Arbeiten auf sich, das war allen klar an diesem Abend; aber diesmal freuten sie sich darauf, selbst Toliman, der seinen Standpunkt dazu hatte ändern müssen.
    Ja, Toliman war leicht und froh zumute, als sie zu Bett gingen. Er war Mira grenzenlos dankbar, er hatte wohl bemerkt, daß sie ihn bei der Exerzise vor Versagen und Abbruch bewahrt hatte, und für ihn flossen Exerzise und Wirklichkeit so sehr ineinander, daß er sehr erstaunt, ja fast verblüfft war, als er entdecken mußte, wie müde Mira war und wie wenig ansprechbar. Woher nur immer wieder diese emotionale Wand zwischen ihnen kam, die so viel wirksamer und undurchdringlicher war als die materielle Wand, die sie ja herunterdrücken konnten? Warum gelang es ihm nicht, sie mit diesem Fühlen zu erreichen?
    »Mußt schon entschuldigen«, sagte Mira, als hätte er seine Gedanken laut ausgesprochen, »ich bin nun mal so. Im Bett das Gegenteil wie bei der Arbeit.« Sie gähnte. »Ich meine, was Harmonie und Konflikt angeht. Ich fürchte«, sie gähnte noch mal, »ich werde mich auch nicht mehr ändern.«
    Und nach einer Weile, als Toliman schon glaubte, sie schliefe, setzte sie noch dazu: »Es liegt nicht an dir.«
    Endlich wieder das vertraute Bild vor Augen: Sterne, die Wegweiser im Kosmos!
    Mira war sich wohl bewußt, daß sie nun, nach der Fertigstellung des Observatoriums, eine Ausnahmestellung genoß: Als einzige konnte sie in ihrem Stammberuf arbeiten. Und das zog sogleich weitere Ausnahmeregelungen für sie nach sich: Mal mußte sie nachts die Sterne, mal tags die beiden Sonnen beobachten; mal ließ das Wetter Beobachtungen zu, mal verwies es sie an den Rechner; ihre Arbeit ließ sich nur inhaltlich planen, nicht zeitlich, und so fiel sie für fast alle Arbeiten zur Lebenssicherung oder Energiegewinnung aus.
    Das Erlebnis, zum ersten Mal wieder den Nachthimmel durch ein halbwegs brauchbares Fernrohr zu beobachten, kam nicht überraschend; sie war innerlich darauf vorbereitet. Sie hatte vierzehn Tage lang nicht nur schwer gearbeitet, um zuerst den geeigneten Platz für das Observatorium zu bestimmen, wobei ein Kompromiß zu finden war zwischen den Ansprüchen der Beobachtung und dem Wunsch nach möglichst geringem Aufwand und nach Nähe zum Schiff; sodann um auf dem Hochplateau, das sich westlich an das Tal anschloß, die Station einzurichten; sie hatte in diesen vierzehn Tagen auch unablässig darüber nachgedacht, was sie denn da eigentlich beobachten würde und sollte. Denn eins war klar: planlos das Fernrohr irgendwohin zu richten würde nicht die geringste Erkenntnis bringen. Sie brauchte einen theoretischen Ansatz, eine Hypothese, oder, noch besser, mehrere. Auch das würde vage genug ausfallen, aber einen anderen Weg gab es nicht.
    Denn trotz der Bemühungen aller vier Raumfahrer - und ohne diese Bemühungen geringzuschätzen -, was sie da für das Suchen und Auffinden unbekannter Naturerscheinungen an Technik zur Verfügung hatte, das hätte sie vor dieser Ausnahmesituation als lächerlich, als Zumutung empfunden. Es begann ja schon damit, daß das halbe Himmelsgewölbe ihrer Beobachtung unzugänglich blieb, eine Folge des festen planetarischen Standorts!
    So bot ihre Ausnahmestellung nicht nur Erhebendes. Der Widerspruch zwischen dem wissenschaftlich-technischen Stand der Menschheit und den primitiven Mitteln, mit denen sie sich seit ihrer Landung begnügen mußten, war hier nicht etwa abgeschwächt, sondern trat noch stärker hervor, da es jetzt nicht mehr um einfaches Überleben, sondern um Forschung ging. Und zugleich fühlte sie sich auch den Opfern verpflichtet, die die andern brachten, damit ihre Arbeit möglich wurde - nicht nur bei der Einrichtung ihres Observatoriums, sondern ständig, indem sie sie miternährten, die schwere Arbeit für sie mittaten, die notwendig war, um zu überleben.
    Während der ganzen Bauzeit also - und eigentlich auch schon vorher - hatte sie Ideen gewälzt. Ihr ursprünglicher

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