Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Leitstrahl für Aldebaran

Leitstrahl für Aldebaran

Titel: Leitstrahl für Aldebaran Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
Vom Netzwerk:
einmal in einer hellsichtigen Minute der Hauptursache nahe gekommen war - ihr fiel es schwer, sich unterzuordnen, oder richtiger, sich völlig einzuordnen, sich reibungslos anzupassen, und jetzt, da das Rebellieren auf allen anderen Gebieten unvernünftig geworden war, äußerte sich dieser vom Verstand unterdrückte Hang in ihrem erotischen Verhalten, wo er mit der ganz entgegengesetzten Tendenz Tolimans zusammenstieß, der überall und gerade hier das Einordnen, Zusammenwirken, das Sich-Ergänzen als Ideal anstrebte und Enttäuschungen ziemlich ratlos gegenüberstand. Aber da alles andere auf gutem Wege war, ertrugen sie beide ihre Schwierigkeiten geduldig, zumal es ja nicht nur Enttäuschungen gab, sondern auch Höhepunkte.
    Die wichtigste positive Wirkung aber bestand darin, daß die Verständigung über Arbeit und Leben immer leichter wurde, lange Debatten fanden gar nicht statt, sachlich und sachbezogen wurde entschieden, höchstens kurze Rückfragen oder Bemerkungen ergänzten hier und da Gedankengänge. Alle entwickelten in erstaunlichem Maße die Fähigkeit, nuanciert zu unterscheiden zwischen Wichtigem und Unwichtigem, sachdienlichen und sachfremden Argumenten, und so erforderte auch die Planung der ersten Exkursion wenig Zeit und Aufwand. Und dabei war es das erste Mal, daß die vier sich trennten! Es wäre doch zu erwarten gewesen, daß Unsicherheiten, geheime Befürchtungen und dergleichen einen gewissen Raum, wenn schon nicht in der Debatte, so doch in den stillen Überlegungen der einzelnen eingenommen hätten. Aber das war nicht der Fall.
    Die Sache stellte sich so dar: Es war günstig, das Biest dabeizuhaben, als biologisches Warnsystem sozusagen, vielleicht auch als Schutz. Also mußte Gemma mit. Einer allein sollte aber nicht gehen, er könnte sich als zu schwach erweisen oder als ratlos, man wußte ja nicht, was ihm begegnen würde. Wer also sollte Gemma begleiten? Brennend gern wäre natürlich Rigel mitgegangen, aber da die beiden Zurückbleibenden die Arbeit der andern beiden mit übernehmen mußten, die ganz alltägliche, schwere körperliche Arbeit, wollte man eine solche Belastung keiner Frau zumuten - und soweit war man noch nicht, daß man ein paar Tage hätte aussetzen können, die Pflanzen waren gerade erst nachgewachsen, die Vorräte weitgehend aufgebraucht.
    Also ergab es sich ganz selbstverständlich aus den Umständen, daß Mira Gemma begleitete. Die wichtigsten ihrer nächtlichen Beobachtungen konnten Toliman und Rigel sich teilen, so viel verstand schließlich jeder von der Astronomie und ihren Geräten, daß er Werte ablesen und Positionen kontrollieren konnte, wenn ihm nur gesagt wurde, welche.
    Die beiden Frauen sollten nach Norden gehen, durch das Enge Tal nach Nordosten bis ins benachbarte, parallele Kleine Tal, wo sie wieder auf den Bach stoßen würden; diesem sollten sie folgen bis zum Nordstrom, der am Rand des Gebirges nach Osten floß, und sich im Schlauchboot so weit wie möglich tragen lassen, maximal aber bis zum jenseitigen Rand der Sümpfe, wo die Erscheinungen beobachtet worden waren.
    Schweren Herzens hatte Toliman angeboten, eins der kleinen Wasserkraftwerke stillzulegen, damit sie einen Strahler als Waffe mitnehmen konnten, aber zu seiner Freude hatte Gemma das abgelehnt, und Mira hatte sich ihr angeschlossen. Das hieß aber nicht, daß die Frauen unbewaffnet waren - Gemma mußte im stillen schon lange an dieser Exkursion gearbeitet haben, denn so viele Ideen, wie sie für Ausrüstung, Schutz und Kommunikation plötzlich entwickelte, lassen sich selbst aus dem befähigtsten Kopf normalerweise nicht wie an einer Schnur hervorziehen. Und bei alldem blieb die Gesamtlast doch so gering, daß sie sie notfalls, wenn das Biest sie verlassen und das Wasser sie nicht tragen sollte, auch auf dem eigenen Rücken transportieren konnten.
    Morgens zogen sie los, das Biest trug die beiden Frauen und das Gepäck - nebenbei: Es trug merkwürdigerweise beide oder Gemma allein, aber nicht Mira ohne Gemma.
    Am Abend des folgenden Tages sollten sie zurück sein.
    Das Enge Tal, kurz und ebenso bewachsen wie die beiden parallelen Täler, die es verband, blieb ihnen durch seine Lichtwirkungen im Gedächtnis - die eine Seite wurde von der hellen Sonne beschienen, die andere von der roten, aber beide nur teilweise, die Sohle blieb im Dunkeln. Wie auch in den beiden längeren Tälern guckten vereinzelt Felstrümmer aus dem Gras, zwischen die das Biest geschickt seine großen Füße

Weitere Kostenlose Bücher