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Leitstrahl für Aldebaran

Leitstrahl für Aldebaran

Titel: Leitstrahl für Aldebaran Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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Lichteinwirkungen der beiden Sonnen herrühren. Der Strom, mäßig breit, trug hier und da ein paar kleine, felsige Inselchen.
    »Man kann die Farben beinahe riechen«, sagte Mira versonnen.
    Gemma war realistischer. »Besser, wir schließen den Helm«, sagte sie. »Pollenallergie ist nicht so hübsch. Und Insektenstiche auch nicht.«
    Nachmittags näherten sie sich dem Zielgebiet. Sie konnten ohne weitere Aufregungen den Strom befahren, hatten auch eine kleine Insel betreten und untersucht, während das Biest weidete, viele Pflanzen und Tiere gefunden oder wenigstens gesehen, die sie noch nicht kannten, auch Vögel und Fische, und sie hatten sich auch schon eine Insel zum Übernachten ausgesucht. Da die Rückfahrt stromaufwärts ging und also etwas länger dauern würde, wollten sie bis zum Abend wieder zu dieser Insel zurückkehren.
    Sie hatten sich viel unterhalten, Gedanken, Hypothesen, Hoffnungen und Befürchtungen ausgesprochen, immer unter dem Aspekt ihres Spezialgebietes; und doch, obwohl sie ganz freimütig und ungehemmt erzählt hatten, war keine von beiden bis in den dunklen Hintergrund ihrer Ahnungen gekommen - nicht, weil sie sich nicht getraut hätten, das auszusprechen, sondern weil es sich nicht in Worte fassen ließ. Denn Worte, wie verschwommen auch immer, bedeuteten doch schon ein wenig Wissen, bedeuteten vielleicht Richtung, Umriß, aber all das hatten sie nicht. Mira war sich dessen bewußt geworden, sowohl was sie selbst betraf als auch in bezug auf Gemmas Äußerungen, und sie fühlte auch, daß es Gemma genauso ging: Beide hatten zum ersten Mal bemerkt, daß die andere auf ihrem Gebiet gar nicht so nachtwandlerisch sicher war, wie sie bis dahin geglaubt hatten.
    Der Kartenskizze nach hatten sie noch eine Biegung des Flusses zu umfahren, dann würde das Zielgebiet ins Blickfeld rücken. Und jetzt plötzlich, zum ersten Mal auf dieser Fahrt, weigerte sich das Biest weiterzuschwimmen. Es scherte aus und marschierte linker Hand ans Ufer, das hier bewachsen war und nach zehn, zwanzig Schritten in eine unregelmäßige Hügelkette überging. An Land gekommen, fing das Biest sofort an zu weiden.
    »Wir lassen uns ein Stück weitertreiben und rudern dann zurück«, schlug Mira vor.
    »Ich weiß nicht«, sagte Gemma, »hoffentlich haut uns dann das Biest nicht ab. Ich meine, es muß ja nicht mal wollen, aber das Gelände ist unübersichtlich, es braucht bloß beim Weiden zwischen den Hügeln verschwinden. Nein, weißt du, wenn wir auf den Hügel da vorn klettern, hier, sieh mal, auf der Karte, das muß der hier sein - von da aus müßten wir eigentlich einen Überblick haben!«
    Eine Viertelstunde später standen sie auf dem Hügel, schwer atmend, denn die Gravitation war zwar etwas kleiner als auf der Erde, aber die Schutzanzüge hatten ihr Gewicht; doch der Anblick, der sich ihnen bot, entschädigte sie für die Anstrengung.
    Das Bild hatte sich allmählich entfaltet, bei den letzten Metern des Aufstiegs. Zuerst sahen sie die Spitzen der hohen, schlanken Gebilde, weiß mit einer rosa Kante an einer Seite, entsprechend dem Stand der beiden Sonnen. Etwas später wurden auch die Kuppeln sichtbar, ihre Farbe spielte zwischen einem gelblich getönten Weiß und Goldgelb.
    Und schließlich übersahen sie das ganze Gelände. Es war das Beste gewesen, was sie hatten tun können, nämlich, daß sie auf einen Hügel gestiegen waren und sich der Erscheinung nicht auf dem Fluß genähert hatten - dort hätten sie gar keinen Eindruck gehabt, nun ja, einen Eindruck sicherlich schon, aber jedenfalls nicht diese Übersicht.
    Sie hätten nicht gesehen, daß alle diese Gebilde auf einem ziemlich kleinen, ungefähr dreieckigen Areal standen, das im ganzen vielleicht einen halben Quadratkilometer umfaßte. Zuerst fiel ihnen auf, daß sie die merkwürdige Bodenbeschaffenheit dieses Gebietes ziemlich deutlich sahen, wenigstens zwanzig, dreißig Meter in der Tiefe; was weiter drinnen lag, verschwamm etwas. Die Türme und Kuppeln waren also fast durchsichtig, wie Glas etwa oder wie leichter Dunst. Erst weiter oben wurde ihr Leuchten intensiver; das konnte auch daran liegen, daß sie das Leuchten der Kuppeln und Türme dahinter durchließen.
    Das Gelände bestand aus Felstrümmern und Steinklippen, zwischen denen entweder dichter Dunst oder Wasser vom benachbarten Fluß stand, das ließ sich von hier aus nicht unterscheiden. Am Rand, der ihnen am nächsten lag, war jedenfalls ein schmaler Wasserarm oder Zufluß zu sehen. Aber

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