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Leitstrahl für Aldebaran

Leitstrahl für Aldebaran

Titel: Leitstrahl für Aldebaran Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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darüber, wie zu entscheiden war, sondern auch, ob man überhaupt in der Lage, ja, ob man berechtigt sei, irgend etwas zu entscheiden.
    »Klargeworden ist aber doch eins«, fuhr er jetzt fort, »es ist sehr unwahrscheinlich, daß unser Leitstrahl eine fremde Gesellschaft schädigt. Sehr, sehr unwahrscheinlich. Fast unmöglich.« Seine Stimme war jetzt mühsam und müde geworden. Er stand auf. »Wir werden senden«, sagte er, »wir werden weiterarbeiten, wie geplant. Und wir werden das Klippendreieck regelmäßig beobachten.«
    Solange sie sich kannten, hatte Mira ihren Toliman noch nie unter solch einer Belastung erlebt. Und darum hatte sie auch noch nie einen solchen tiefen Respekt vor ihm gehabt.
    Weiterarbeiten, wie geplant, das hieß, daß nun, nach Aufho- lung der Rückstände des alltäglichen Pensums, die durch die Expedition entstanden waren, der nächste Ausflug vorbereitet wurde, der nach Süden, in den Wald, führen sollte.
    Dieser Ausflug war sogar durch die letzten Überlegungen noch dringlicher geworden. Auf den Luftaufnahmen, die sie vor der Landung aus der Umlaufbahn gemacht hatten, waren zwei Schneisen erkennbar gewesen, die vom südlichen Ende des benachbarten Kleinen Tals ausgingen, sich gabelten und sich irgendwo in dem Waldgebiet verloren. Schneisen könnten Verbindungswege sein, wenngleich Wege gewöhnlich irgendwo hinführen und nicht unterwegs versickern. Aber es konnten ja alte, nicht mehr benutzte Wege sein, die nun zuwuchsen. Jetzt, vom Ballon aus, war zu sehen, daß die Schneisen fast verschwunden waren, und das schien zunächst einmal dafür zu sprechen. Aber bei genauerer Überlegung auch wieder nicht: Wenn der vorher sichtbare Teil in einem Vierteljahr zuwuchs, aber so, daß der ehemalige Verlauf doch noch undeutlich zu erkennen war, dann konnten die ganzen Wege, falls es welche waren, noch nicht so lange unbenutzt sein - höchstens ein Jahr, und dann entstand die gleiche Frage, im verkleinerten Maßstab: Warum wuchsen die Wege nicht im ganzen zu, sondern der dem Gebirge nähere Teil zuletzt?
    Die Frage, ob es sich da um Spuren einer Zivilisation handelte, war also sehr wichtig, und es hätte sicherlich alle beruhigt, wenn es gelänge, sie mit Sicherheit zu verneinen. Für Gemma aber war noch etwas anderes bedeutungsvoll. Sie meinte, eine Parallele zu der gleichaltrigen oder vielmehr gleich jungen Vegetation in den Tälern zu sehen, aber diese Frage interessierte verständlicherweise die andern nicht so brennend.
    Trotzdem war Gemma bei dieser Expedition unentbehrlich, einmal wegen des Biestes, das ja nur ihr so richtig gehorchte, und zum anderen, weil es um die Vegetation, um Biologisches, ging. Diesmal war Rigel wieder unabkömmlich, es regnete von Zeit zu Zeit, und die nicht sehr sicheren Staudämme an den Enden des Tals brauchten ständige Aufsicht und Wartung. Mira mußte sich nun wieder voll ihren nächtlichen Messungen widmen. Also blieb als Begleiter nur Toliman übrig. Der war zufrieden, daß es sich so fügte.
    Toliman war sicherer geworden. Aber niemand, nicht einmal Mira wußte, wie schwer diese Sicherheit errungen war. Zwei Nächte lang hatte er damals, als die andern ihn ins Schlepptau genommen und eine Entscheidung erzwungen hatten, wach gesessen vor der Anabiosewanne des schlafenden Kapitäns, in der vergeblichen Hoffnung, daß ihm im stummen Zwiegespräch mit dem Kapitän eine Erleuchtung, ein Entschluß käme. Sie kamen ihm selbstverständlich nicht, aber umsonst waren diese Nachtwachen doch nicht gewesen, sie hatten ihm über die Anfälle verzweifelter Feigheit hinweggeholfen, über die Impulse, alles laufenzulassen oder gar die Führung abzugeben. Der hilflose Kapitän, der sich seinen Entscheidungen ausgeliefert hatte, als er ihn bestimmte, hatte damals sein Verantwortungsbewußtsein wachgehalten. Und die andern drei, denen er tief im Innern mißtraut hatte, wegen ihres Drängens, hatten ihn wieder an die Spitze getrommelt.
    Nein, nicht er allein, sie alle waren sicherer geworden, und das war gut so. Er ahnte, daß sie diese Sicherheit noch brauchen würden. Er glaubte nicht mehr wie anfangs, daß sie sich nur einzuschränken brauchten, um mit allen Problemen fertig zu werden. Dieser Planet war nicht so idyllisch, wie er sich anfangs gegeben hatte. Und regelrecht erschreckt hatte Toliman die Tatsache, daß da ein Zusammenhang bestand zwischen der Anomalie und dem Planeten; darum war eben auch dieser Zusammenhang Gegenstand seiner Phantasie gewesen - einer Phantasie

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