Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Leitstrahl für Aldebaran

Leitstrahl für Aldebaran

Titel: Leitstrahl für Aldebaran Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
Vom Netzwerk:
Risiko erforderlich machte?
    »Wer will anfangen?« fragte Toliman. Seltsamerweise wirkten alle ein bißchen befangen. »Also gut«, sagte er, »dann fange ich an. Das auffallendste ist für mich der Zusammenhang mit der Anomalie. Rhythmische Möglichkeiten gibt es so unendlich viele, daß man die Übereinstimmung kaum als Zufall betrachten kann. Ich denke, man kann es als gegeben ansehen, daß unsere Gehirne oder vielmehr die von Mira und Gemma genauso reagiert haben wie das Gehirn unseres Kapitäns. Das Gehirn ist das empfindlichste Meßinstrument, das sich denken läßt. Der Zusammenhang ist unabweisbar. Alle anderen Zusammenhänge können zufällige Folgeerscheinungen sein - zum Beispiel das Auftreten von Eiweißmolekülen; auf einem belebten Planeten kommen die überall vor. Ich sehe also in den Erscheinungen im Klippendreieck eine planetarische Reaktion auf die Anomalie. Ich kann selbstverständlich nicht sagen, wie sie zustande kommt und worin sie genau besteht, aber das ist auch gar nicht nötig. Es lassen sich nämlich auch ohne diese Kenntnis Schlußfolgerungen ziehen, wenn man nun die anderen Fakten darum herum gruppiert. Zum ersten: Da die Erscheinung umweltfeindlich ist, kann sie nicht das Werk einer entwickelten Zivilisation sein; und eine unentwickelte Zivilisation würde andere Spuren hinterlassen. Zum zweiten: Diese Erscheinung könnte jetzt, bei Abwesenheit der Anomalie, ihr Minimum haben und bei deren Annäherung in ein paar Wochen wieder anwachsen. Dann könnte sie uns gefährden, wir sie aber nicht, weil die Randerscheinungen des Leitstrahls in keiner Kenngröße Werte erreichen, die sie beeinflussen können, ich habe das nachgerechnet.«
    Im Gegensatz zu dieser vorsichtigen, abwägenden und um Sachlichkeit bemühten Deutung, die allerdings auch nicht übermäßige Phantasie verriet, hörte sich Rigels Spekulation fast ausschweifend an.
    »Mir kommt das Ganze vor«, sagte er, »wie ein deformiertes automatisches Schutzfeld. Ein Schutzfeld, weil es mindestens die höheren Tiere abweist, aber nur in der unmittelbaren Umgebung, auf Sichtweite sozusagen. Und wenn wir an die Reaktion der Tiere auf Gemmas Pfiffe denken, dann muß dazu wohl Grund sein. Oder aber, die Pfiffe waren ursprünglich auch Bestandteil des Schutzes. Außerdem könnte das Feld ursprünglich auch vor zu starker Sonnenbestrahlung geschützt haben - die reflektierenden Gebilde bauen sich nur bei Sonnenlicht auf, und dann reflektiert es überwiegend weiß, also Helligkeit. Und deformiert ist es, weil die zu erwartende einheitliche Überspannung des zu schützenden Gebietes nicht mehr besteht, aber von der Einheitlichkeit übriggeblieben ist die Regelmäßigkeit. Technisch ausgedrückt: Die Feldgeneratoren funktionieren noch, aber der Zusammenhang ist gestört. Ich meine also, dort hat es eine Station gegeben von einer fremden Zivilisation, und die Anomalie ist vielleicht ein zerstörtes Raumschiff, was weiß ich. Oder eine Art Startfenster. Oder der langsam abklingende Rest davon. Warum sollte es so was nicht geben in einer Raumfahrttechnik, die uns vielleicht um Jahrmillionen voraus ist?«
    Gemma starrte vor sich hin und schüttelte gedankenvoll den Kopf.
    »Meinst du nicht?« fragte Rigel, auf ganz naive Art bekümmert.
    »Zum Glück nicht«, sagte sie, »denn es kommt ja darauf an, möglichst unterschiedliche Geschichten zu erzählen.«
    »Richtig«, sagte Rigel, »entschuldige. Also deine Geschichte ist anders?«
    »Ja, aber laß erst mal Mira berichten.«
    »Ihr müßt mir verzeihen«, sagte Mira, »aber diese Formen, die Kuppeln und Säulen, haben mich an Geschlechtsmerkmale erinnert. Ich weiß, es ist ein bißchen einfach, aber das war der Ausgangspunkt meiner Phantasien. Vielleicht sind hier schon die Mikroorganismen zweigeschlechtlich, es muß doch nicht alles sein wie auf der Erde. Vielleicht ist das, was wir gesehen haben, ihr Hochzeitstanz. Sie erheben sich in die Lüfte, nehmen die Energie des Sonnenlichts auf, sinken strahlend herab, um sich zu vereinigen, grinse nicht, Rigel, mit strahlend meine ich: Licht emittierend, irgendwie findet dabei noch eine Auslese statt. Die Säulen sind gelb, die Kuppeln weiß, es müssen also unterschiedliche Teilchen in ihnen sein, denn sonst wären die Säulen, weil sie dünner sind, einfach blasser. Wie ordnen sich nun die anderen Fakten in diese Spekulation ein? Die Kraft, die sie emporhebt und die ihre Säule und Kuppel stabil hält, kann sicherlich nicht das einzelne Teilchen haben,

Weitere Kostenlose Bücher