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Leitstrahl für Aldebaran

Leitstrahl für Aldebaran

Titel: Leitstrahl für Aldebaran Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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gesprungen ist.«
    »Hier ungefähr«, sagte Toliman unsicher und beschrieb mit dem Finger einen gar nicht so kleinen Kreis auf seinem Schutzanzug.
    »Nein, hier war’s, ein Stück weiter links«, sagte sie. Dort war ein Fleck, so hellgrau wie die Verfärbung auf ihrem Ärmel, sogar noch intensiver, wie sie feststellte, als sie ihre Streifen danebenhielt.
    »Jetzt möchte ich bloß wissen«, grübelte Gemma, »ob diese Springmäuse auch Pflanzen fressen.«
    »Ich könnte ja mal ein bißchen durch den Wald streifen«, erbot sich Toliman. »Aber du mit deinem offenen Visier bleibst auf jeden Fall auf der Schneise!«
    »Nein, lieber nicht«, sagte Gemma. »Etwas anderes ist viel wichtiger. Sag mal - wir haben ja beide die Mäuse an dem toten Tier nur ganz kurze Zeit gesehen, aber jetzt versuch dich mal zu erinnern: Waren die gleich groß?«
    Toliman blieb stehen und schloß die Augen. Dann sagte er: »Es waren fünf. Die, die dich angesprungen hat, war auf jeden Fall größer als die meisten anderen.« Er öffnete die Augen wieder. »Und was schließt du daraus?«
    »Dein eidetisches Gedächtnis ist ein wahrer Segen!« sagte Gemma statt einer Antwort. »Ich muß es noch mal durchdenken«, fügte sie dann hinzu.
    »Was ist bloß mit dir geschehen?« sagte Toliman mit heiterer und etwas schläfriger Zufriedenheit. »Du bist auf einmal so.. so.«
    »Wie bin ich denn?« fragte Mira zärtlich und streichelte seinen Arm. Sie hatten die Trennwand noch unten gelassen.
    »So.. so weich und anschmiegsam.« Er wurde ein ganz klein wenig nervös, weil er nicht die treffenden Worte fand, und setzte hinzu: »Ich weiß, das sagt der männliche Teil der Menschheit hinterher seit einer Million Jahre, aber - aber bei dir stimmt’s wirklich.« Er mußte lachen, weil ihm plötzlich klar wurde, daß das auch nicht besser war.
    »Ja«, sagte Mira, »und es ist trotzdem schön, daß du das sagst.«
    »Das klingt ja irgendwie - traurig?« fragte Toliman verwundert.
    »Ein bißchen.«
    »Sei nicht traurig.«
    »Wirklich nur ein bißchen. Weil ich nicht immer so zu dir war. Erst jetzt, wo.«
    »Wo?«
    »Ach, das ist kein Thema fürs Bett«, sagte Mira.
    »Na erlaube mal«, entrüstete sich Toliman im Spaß, »wenn du bei mir liegst und traurig bist, das soll kein Thema fürs Bett
    sein? Warum bist du traurig? Was heißt: erst jetzt, wo?«
    »Erst jetzt«, flüsterte sie, »wo es vielleicht zu spät ist.«
    »Sprich!« sagte Toliman. Es war ihm klargeworden, daß etwas seine Mira bedrückte, es mußte etwas sein, das noch nicht spruchreif war, eine Spekulation, Vermutung, Befürchtung.
    »Die Anomalie«, sagte sie. »Nein, noch keine Ergebnisse, die hätte ich sofort bekanntgegeben. Aber Denkergebnisse. Quintessenz von Grübeleien in den langen Nächten im Observatorium, wenn du so willst. Die Geschichte mit dem Klippendreieck hat uns in der Auffassung bestärkt, daß es sich bei der Anomalie um einen periodisch auftretenden Vorgang handelt, weil.«
    »Weil«, ergänzte Toliman, »wenn diese Kuppeln und Säulen mit der Anomalie zusammenhängen, dann muß sie früher schon mal hier eingewirkt haben.«
    »Ja«, flüsterte Mira, »und damit sind wir auf halbem Wege stehengeblieben. Wenn sie ein periodischer Vorgang gleichbleibender Stärke wäre, dann müßte es diese Lebensform seit Urzeiten auf dem Planeten geben, das heißt, dann müßte sie eigentlich die vorherrschende sein. Da sie das nicht ist, muß man da nicht befürchten, daß die Anomalie zwar periodisch kommt, aber.«
    Jetzt begriff Toliman. »Aber mit wachsender Stärke.«
    »Und wer will prophezeien, was dann mit uns geschieht? Wir kriegen schon Kopfschmerzen, wenn wir uns nur diesem Dreieck nähern. Der Kapitän war hinter dem Schutzfeld geborgen und ist trotzdem. Wir werden kein Schutzfeld haben. Und die Anomalie wird sich wohl auch erst nach der Stunde Null richtig entfalten. Und uns bleibt nur, daß wir uns der Illusion hingeben, wir hätten die ALDEBARAN gerettet.«
    Sie hatte das alles ohne die geringste Panik gesagt, freundlich und mit innerem Abstand wie bei lange Überlegtem und auch ein wenig in dem Ton, in dem man Kindern schonend unange- nehme Tatsachen beibringt. Trotzdem hatte die letzte Bemerkung Toliman alarmiert.
    »Illusion?« fragte er ungläubig und tief erschrocken. Er wußte, daß Mira das nicht so hingesagt hatte, und er fühlte, daß sich diese Worte hinter ihrem veränderten Verhalten verborgen hatten und daß sich hinter diesen Worten wiederum etwas

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