Lektionen der Leidenschaft: Roman (German Edition)
wie am Tag zuvor mit einem Mal in die Wirklichkeit zurück. Ihr Körper versteifte sich, und entschlossen schob sie ihn von sich weg. Er seufzte resigniert und verärgert und nahm seine Hände von ihr.
Grundgütiger, was tust du da, fragte sie sich entsetzt. Was war nur los mit ihr? Früher hatte sie ihn für verrückt gehalten, doch in Wahrheit war sie keinen Deut besser.
Einen Moment lang sprach keiner von beiden. Nur ihr keuchender Atem durchbrach die Stille. Thomas’ Gesicht zeigte wieder die undurchdringliche Maske, die nichts erkennen ließ.
» Ich muss mich umziehen.« Sein Blick glitt über ihre Röcke. » Sie sich auch.« Rasch verließ er das Zimmer.
Amelia schaute an sich hinunter auf ihren Seidenrock, auf dem gut sichtbar ein großer Kaffeefleck prangte.
13
N och am selben Abend schrieb Amelia in ihrem Schlafzimmer beim Licht einer Kerze einen Brief an Lord Clayborough. An mehreren Stellen durchbohrte die Feder das Papier, als seien Worte nicht genug, um zu demonstrieren, dass die Sache immer dringlicher wurde. Und um ihrer Verzweiflung Ausdruck zu verleihen.
Amelia überlegte bereits, ebenfalls mit ihrer Freundin Elizabeth Kontakt aufzunehmen. Aber sie brachte es nicht über sich, die Countess of Creswell, die in vier Monaten ihr erstes Kind erwartete, mit ihren Problemen zu belasten.
Nachdem sie den Brief versiegelt und auf dem Nachttisch abgelegt hatte, damit der Lakai ihn in die Post geben konnte, dachte Amelia über die vertrackte Situation nach, in der sie sich befand. Vor allem war es ihr völlig unbegreiflich, in welcher Weise sie auf Thomas Armstrong reagierte, wie sie schwach wurde in seiner Gegenwart. Das ängstigte und ärgerte sie gleichermaßen.
Das Schlimmste war, dass sie sich selbst nicht mehr trauen konnte. Sobald er in ihrer Nähe auftauchte, war alles zu spät, wie sie erst heute Morgen wieder erleben musste. Ihr Kleid mit dem Kaffeefleck erinnerte sie nur zu deutlich daran. Sie war nicht besser als all die anderen Frauen, die er in seinem Bett gehabt hatte. Genau genommen sogar schlimmer, denn er machte ihr nicht den Hof, schickte ihr keine Blumen und flüsterte ihr keine süßen Worte zu. Nein, er überrumpelte sie, nachdem sie ihn nur zwei Minuten zuvor am liebsten am Galgen gesehen hätte. Beschämung war noch eine harmlose Beschreibung ihrer Gefühle.
Wenn sie den Brief an Lord Clayborough doch nur mit dem Boten schicken könnte wie in London, denn die Post auf dem Land galt nicht als besonders zuverlässig. Erst vor Kurzem hatte ein Farmer in seiner Scheune zwei Taschen voller Briefe gefunden, auf die die Empfänger vergeblich warteten.
Trotzdem musste sie darauf bauen, dass es klappte. Schließlich konnte sie kaum einen von Armstrongs Bediensteten als persönlichen Kurier nutzen, schon gar nicht mit einer Nachricht an Clayborough. Das würde sogar sie nicht fertigbringen, und selbst wenn sie es versuchte, würde der Viscount es zu verhindern wissen.
Am nächsten Morgen saß Amelia bereits eine Viertelstunde an ihrem Tisch, bevor er eintraf. Den Kuss des vergangenen Tages immer noch in allzu lebhafter Erinnerung zog sie es vor, den Blick stur auf die Papiere zu richten und so zu tun, als arbeite sie angestrengt und konzentriert. Aber in dem Moment, als er den Fuß in das Arbeitszimmer setzte, war es schon wieder um sie geschehen.
» Guten Morgen, Amelia.«
Wie erfrischender Tau schienen seine freundlichen Worte über ihre strapazierten Nerven zu perlen. Ein überraschend vertraulicher Ton lag in seiner Stimme. Amelia warf ihm einen raschen Blick zu und nickte knapp. Besser, sie schaute ihn nicht zu genau an, denn auch in seiner Reitkleidung sah er umwerfend attraktiv aus. Allerdings deutete das darauf hin, dass er den Tag nicht im Haus zu verbringen gedachte, was zweifellos für ihre aufgewühlten Sinne besser war und somit eine tröstliche Aussicht darstellte.
» Legen Sie die Papiere beiseite«, sagte er und kam zu ihrem Tisch. » Heute Vormittag unternehmen wir einen Ausritt.«
Amelia starrte ihn verwundert an. Seine Lippen umspielte ein weiches Lächeln.
» Das möchte ich lieber nicht«, erwiderte sie reserviert, nachdem sie sich vom ersten Schrecken erholt hatte.
Er lachte kurz. » Fassen Sie es einfach als Teil Ihrer Pflichten auf, obwohl ich eigentlich dachte, dass Sie die frische Luft genießen würden. Ihr Vater hat mir oft erzählt, wie geschickt Sie im Sattel sitzen. Ich dachte wirklich, dass Sie es kaum erwarten können, die Zügel wieder in die
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