Lektionen der Leidenschaft: Roman (German Edition)
darin, dass seine Hände auf die eine oder andere Weise die gesamte Länge ihres Beines berührten. Als sie schließlich im Sattel saß, prickelte es überall heiß auf ihrer Haut, und ihre Selbstbeherrschung war mehr oder weniger zum Teufel. Mal wieder.
» Wie ist es da oben?« Er behielt sie genau im Blick, während er sich Zeit ließ, die Hand von ihrem lederbekleideten Bein zurückzuziehen. Und sie stieß sie nicht weg. Weil sie es nicht wollte oder nicht konnte? Fahrig nestelte sie stattdessen an ihrem Rock, um ihn sittsam über das Bein zu ziehen. Dabei drückte sie der Stute offenbar versehentlich die Ferse in die Flanke, sodass sie davongaloppierte, ehe Amelia die Zügel fest in den Händen hielt.
Als es ihr endlich gelang, das Tier zum Stehen zu bringen, war Armstrong bereits an ihrer Seite.
» Was zum Teufel tun Sie da?« Seine Augen blitzten vor unterdrücktem Ärger. » Wollen Sie sich etwa umbringen und mein Pferd zum Krüppel machen?«
Amelia wendete die Stute, um ihn direkt anzuschauen. » Es gibt keinen Grund, so zu schreien. Mein Bein ist abgerutscht, das ist alles.«
» Sie sind doch erfahren genug, um zu wissen, dass Sie nicht unkontrolliert die Beine bewegen dürfen, wenn Sie auf einem Pferd sitzen.«
» Nun, wenn Sie Ihre Hand zügiger von meinem Bein genommen hätten, dann wäre das vielleicht nicht passiert…« Kaum ausgesprochen wünschte Amelia sich schon, diese Bemerkung nie gemacht zu haben. Das war für ihn willkommene Munition, wie ihr sein träges Lächeln auch sogleich bewies. Würde er es ausnutzen?
» Das nächste Mal werde ich dran denken«, sagte er lässig.
» Es wird kein nächstes Mal geben«, brummte Amelia.
Sein Lächeln wurde breiter. » Vielleicht sollten wir jetzt mit unserem Ausritt beginnen«, erwiderte er und trieb sein Pferd an, ohne ein weiteres Wort über den Zwischenfall zu verlieren.
Amelia genoss die folgenden Stunden in vollen Zügen. Dieser Ausritt war zweifellos der Höhepunkt ihres bisherigen Aufenthalts auf Stoneridge Hall. Thomas Armstrong entführte sie auf eine wundervolle Tour über seinen ausgedehnten Besitz, durch bezaubernd pittoreske Landschaften, wie sie sie noch nie gesehen hatte.
Auch hinsichtlich ihres Verhaltens fanden sie an diesem Morgen einen anderen Umgangston. Sie schafften es, sich jenseits bloßer Höflichkeit vorsichtig in den unbekannten Bereich echter Herzlichkeit vorzutasten. Der Viscount führte ihr alles sichtlich stolz vor, zeigte ihr Weiden, Wälder und Fischteiche sowie einige Pachthöfe und wusste zu dem einen und anderen kleine Geschichten zu erzählen.
Als ihr Ritt nach zwei Stunden zu Ende ging, schien es ihr, als sei die Zeit verflogen. Als sie die Ställe erreichten, stieg Amelia, eingedenk ihrer misslungenen Bemühungen zu Beginn des Ausritts, schnell von ihrer Stute, bevor Armstrong ihr seine helfende Hand anbieten konnte. Sein verhaltenes Lächeln bewies ihr, dass er den Grund ihrer Hast sehr wohl begriff.
» Ich kümmere mich schon, Mylord«, sagte der junge Stallbursche, nahm die Zügel entgegen und führte die Pferde zu einer Tränke seitlich des Gebäudes.
» Ich kann mir vorstellen, dass Sie sich ein wenig frisch machen und etwas essen wollen, bevor Sie heute Nachmittag mit Ihrer Arbeit beginnen.«
Amelia konnte sich nur ungefähr vorstellen, welchen Anblick sie bot. Trotz der kühlen Temperatur fühlte sie sich erhitzt, und ein paar Haarsträhnen klebten ihr nass auf der Stirn. Für sie gab es jetzt nichts Schöneres, als in ein entspannendes warmes Bad einzutauchen.
Er dagegen wirkte nicht besonders mitgenommen. Nur seine Haare waren vom Wind zerzaust, was seine Attraktivität jedoch nur erhöhte. Auch sah sein Gesicht keineswegs von der frischen Luft gerötet aus, sondern schimmerte lediglich goldfarben. Es war wirklich unfair, dass ihm ein paar Stunden im Sattel nichts anhaben konnten, während sie sich so attraktiv fühlte wie eine Kuhmagd beim Melken.
Bei ihrer Rückkehr ins Herrenhaus machte er mit ihr noch einen kleinen Umweg zu einer Ulme, die er als Kind gepflanzt hatte, wie er behauptete. »Ich möchte Ihnen zeigen, wo ich meine Initialen in den Baum geschnitzt habe.« Er ergriff Amelias Hand und führte sie zu dem Baum; die trockenen Blätter um den dicken, knorrigen Stamm raschelten unter ihren Stiefeln. Sie bemühte sich, die Hitze zu ignorieren, die unter seiner Berührung aufwallte.
Thomas ließ sie auch dann nicht los, als er mit dem Finger auf die Stelle tippte, wo deutlich lesbar
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