Lektionen der Leidenschaft: Roman (German Edition)
Wirrwarr aus Papieren, Büchern und verschiedenen Schreibutensilien ein freies Eckchen zu finden, neigte Amelia das Tablett zu sehr zur Seite, sodass die Tasse schwankte wie ein betrunkener Matrose im Sturm. Und trotz ihrer verzweifelten Versuche konnte sie nicht verhindern, was unweigerlich als Nächstes geschah: Heißer Kaffee, zubereitet nach den Wünschen des Viscount, ergoss sich über seinen Schoß.
Mit einem Aufschrei und unter deftigen Flüchen sprang Mylord auf und stieß dabei seinen Stuhl um, der krachend auf dem Parkett landete. Die leere Tasse folgte, blieb aber heil, weil sie auf den weichen Teppich fiel
» Ich… es tut mir außerordentlich leid«, stammelte Amelia diesmal echt betroffen. Sie starrte ihn an und seine nasse, mit Kaffeeflecken übersäte Hose…
» Du freche Göre, das hast du absichtlich getan«, stieß er hervor, riss eine der unzähligen Schreibtischschubladen auf und holte ein weißes Taschentuch hervor.
» Ich schwöre, ich wollte nicht…« Amelia brach abrupt ab, als sie begriff, wie er sie gerade genannt hatte. Stocksteif schob sie die Schultern zurück.
Göre?
Dabei war sie drauf und dran gewesen, sich aufrichtig zu entschuldigen. » Nun, wenn Sie sich deshalb wie ein Berserker benehmen wollen, sollte ich meine Entschuldigung vielleicht besser zurückziehen.«
» Mylord«, rief jemand atemlos hinter ihr.
Amelia drehte sich um und entdeckte den jungen Lakaien, der das Tablett für sie besorgt hatte.
» Ich habe gehört…« Er brach ab und schaute verwirrt auf das Bild, das sich ihm bot.
» Ich werde sofort jemanden aus der Küche schicken«, versprach er, bevor er verschwand.
» Wenn auf dem Schreibtisch nicht solches Durcheinander herrschen würde, wäre das nie passiert. Wo hätte ich es denn hinstellen sollen?« Amelia schaute demonstrativ auf das Tablett in ihren Händen.
Armstrong gab ein unwilliges Knurren von sich. » Warum haben Sie die verdammte Tasse nicht heruntergenommen? Das und nichts anderes hätten Sie tun sollen.« Nach einem letzten Tupfen auf seinem Oberschenkel warf er das einst weiße Taschentuch zu Boden und stieß einen unverständlichen Fluch aus.
» Mylord, Sie befinden sich in Gegenwart einer Lady, ob Sie die Tatsache nun anerkennen wollen oder nicht. Ich möchte Sie bitten, Ihre Zunge zu hüten«, hielt sie ihm frostig vor.
Er riss den Kopf hoch. Plötzlich glühten seine grünen Augen wie bei einem Raubtier. » Ich? Ich soll meine Zunge hüten?«, fragte er gefährlich leise.
Er umrundete den Schreibtisch, kam bedrohlich auf sie zu, und mit jedem Schritt, den er sich näherte, wich Amelia unwillkürlich einen Schritt zurück. Das Tablett hielt sie so vor sich, als würde das Silber ausreichen, um sich vor ihm zu schützen.
Ein merkwürdiger Tanz vollzog sich: Schweigend und lauernd bewegten sie sich, sie rückwärts, während er ihr mit langsamen Schritten folgte, bis sie im wahrsten Sinne des Wortes mit dem Rücken zur Wand stand.
» Mylord.« Die Stimme des Lakaien, der mit einem zierlichen Mädchen zurückkehrte, das in der einen Hand einen Eimer, in der anderen einen Lappen trug. » Anna wird sauber machen.«
Armstrong war stehen geblieben, und Amelia nutzte die Gelegenheit, um das Tablett auf den Tisch zu stellen und so weit auf Abstand zu ihm zu gehen, dass seine verstörende Gegenwart sie nicht mehr aus der Bahn warf.
» Nein«, stieß er hervor, eilte zu dem Mädchen und nahm ihm Eimer und Lappen ab. » Sie dürfen sich entfernen. Ich komme schon zurecht.« Anna knickste und stapfte aus dem Zimmer.
» Wie Sie wünschen, Sir.« Der Lakai verbeugte sich, bevor er sich dem hastigen Abgang des Dienstmädchens anschloss.
Das leise Klicken der Tür signalisierte, dass Thomas und Amelia wieder alleine waren. Aber erst als er ihr die Hand mit dem Lappen entgegenstreckte, begriff sie, was er im Schilde führte.
Amelia war wie betäubt und schüttelte nur stumm den Kopf. Nein, ausgeschlossen. Das konnte er nicht ernst meinen.
Er hingegen nickte langsam und nachdrücklich. » O doch, das werden Sie tun. Und sobald Sie jedes einzelne Tröpfchen Kaffee aufgewischt haben, dürfen Sie gerne noch den gesamten Boden reinigen, wenn Ihnen der Sinn danach steht.«
Es war nicht spaßhaft gemeint, ganz und gar nicht, und deshalb auch nicht zum Lachen. Amelia hätte heulen können.
Sie hob die Hand, drehte den Handrücken nach außen und spreizte die Finger, damit er ihre makellosen, perfekt manikürten Nägel sehen konnte. Dann deutete sie
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