Lektionen der Leidenschaft: Roman (German Edition)
möchten.«
Wenn Thomas geglaubt hatte, sie würde sich jetzt zurückziehen, sah er sich getäuscht. Wie angewurzelt blieb sie stehen und setzte eine erwartungsvolle Miene auf. Ein unbehagliches Schweigen breitete sich aus, bis Lady Forsham endlich begriff, dass ihre Gäste ihre Bekanntschaft ohne sie zu erneuern wünschten. Sie deutete einen Knicks an und verschwand in der Menge.
Eine Weile sagten beide nichts, bis Louisa das Wort ergriff und gleichzeitig näher zu ihm heranrückte. » Hätte es deinen verfluchten Stolz wirklich so verletzt, mir wenigstens auf einen einzigen meiner Briefe zu antworten? Du bist ein Unhold, dass du mich in die Lage bringst, eine regelrechte Verfolgungsjagd anstellen zu müssen. Das zählt eigentlich zu den Vorrechten eines Gentleman.«
Thomas zog die Brauen hoch und trat einen Schritt zurück. Wie erfrischend direkt. Gut, denn das verschaffte ihm die Möglichkeit, sich genauso zu verhalten.
» Und ich dachte, dass meine ausbleibende Antwort unzweifelhaft mein Desinteresse bekunden würde. Konnte ich denn ahnen, dass du es schriftlich verlangst? Dann hätte ich sofort zur Feder gegriffen.«
Sie zuckte sichtlich zusammen. Nichts als Schmierentheater, wenn sie so tat, als habe sie gerade einen schmerzhaften Schlag einstecken müssen. Nachdem ihre Bekanntschaft auf dramatische Weise geendet hatte, war sie in seiner Vorstellung stets nur die Königin der Tarnung und Täuschung gewesen. Erst seit diesem Moment vermochte er ohne Zorn an sie zu denken und ohne das Gefühl, betrogen und gedemütigt worden zu sein.
Sie ließ den Blick über die Menge gleiten. » Vielleicht könntest du uns irgendwo… ein abgeschiedeneres Plätzchen suchen, wo wir reden können. Hier ist es viel zu laut für eine ordentliche Unterhaltung. Ich habe dir so viel zu erzählen. Und ich glaube, dass du es unbedingt hören möchtest.«
Thomas wies auf den Platz zwischen den Pfeilern und Pflanzen hin, der ihm hinlänglich abgeschieden vorkam. » Hier sieht es mir vertraulich genug aus, jedenfalls für das, was ich dir zu sagen habe.« Er hielt kurz inne. » Ich möchte, dass du aufhörst mit dem Theater.«
Auf ihrer Stirn erschienen zwei leichte Falten. Sie schien überrascht, dass er das letzte Wort mit zusammengebissenen Zähnen hervorgestoßen hatte.
» Dass du meine Geliebte aufgesucht hast, war völlig unter Niveau. Sogar unter deinem.«
Seine Beleidigung ließ ihre braunen Augen dunkler erscheinen.
» Ich möchte, dass du aufhörst, mir diese Briefe zu schreiben.«
Sie kniff den Mund zusammen, bis er nur noch eine rote Linie bildete.
» Ich möchte, dass du aufhörst, Erkundigungen nach mir einzuziehen. Ich denke, ich habe ausreichend klargestellt, dass ich keine Erneuerung unserer Bekanntschaft wünsche.«
Sie zog die Nase kraus, ganz zart nur, so als ob irgendein abscheulicher Gestank sie beleidigt hätte.
» Habe ich mich klar genug ausgedrückt?«
Tausend Gefühle spiegelten sich in ihrem Blick, ließen sich an ihrem Mund, an der Neigung ihres Kinns und an ihrer gesamten Haltung ablesen. Schließlich zwang sie sich zu einem Lächeln, das allerdings Verärgerung und Verzweiflung verriet. » Thomas, ich bin sehr verwundert, dass du nach so vielen Jahren noch immer verärgert zu sein scheinst. Solche starken Gefühle könnten allerdings bedeuten, dass du nach wie vor etwas für mich empfindest. So wie ich für dich. Wie ich gehört habe, bist du nicht verheiratet.«
Einzig ihre Frechheit übertraf ihre Arroganz. Als ob sein Familienstand auch nur das Geringste mit ihr zu tun hätte. Nur sein Sinn für korrekte Umgangsformen– und die Debütantinnen, die interessierte Blicke in seine Richtung warfen– hielten ihn davon ab, ihr nach allen Regeln der Kunst die Leviten zu lesen, wie sie es verdient hätte. Trotzdem ließ sein Gesichtsausdruck keinen Zweifel daran, was er dachte und welche Verachtung er für sie empfand.
Urplötzlich verengten sich ihre runden Augen zu eisigen Schlitzen. Nur für einen kurzen Moment jedoch, bevor sie wieder die gleichmütig-freundliche Maske aufsetzte, die sie gerne der Öffentlichkeit bot. Wer sie allerdings so gut kannte wie Thomas, dem entgingen die Anzeichen tiefgreifenden Missvergnügens nicht: der leicht vorgeschobene Kiefer, der verkniffene Mund, das Blähen der Nasenlöcher. Zurückweisung war eben niemals ein Aphrodisiakum.
» Ich kann dir nicht helfen, wenn deine verstiegenen Illusionen dich dazu verleitet haben, meine Gleichgültigkeit für
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