Lektionen der Leidenschaft: Roman (German Edition)
wurde nicht laut, sondern stieß seine Drohung in jenem gefährlich sanften Tonfall aus, der inständig hoffen ließ, dass die Strafe schnell und ohne große Umstände vollzogen würde.
Amelia war klug genug, sich nicht im Ballsaal zu wehren, und auch in der Halle verkniff sie es sich, weil dort neben der Dienerschaft jede Menge Gäste herumstanden.
» Um Himmels willen, lassen Sie mich endlich los. Sie tun mir am Arm weh, und wenn Sie nicht endlich aufhören damit, werde ich Ihnen eine Szene machen«, zischte sie ihm zu.
Das einzige Zeichen, dass er sie verstanden hatte, bestand darin, den Griff so weit zu lockern, dass seine Finger sich nicht mehr in ihre Arme gruben.
» Cartwright, bitte sag Camille Foxworth Bescheid, dass Lady Amelia sich krank fühlt und dass ich sie nach Hause begleite. Sobald sie gehen möchte, bring du sie bitte zum Haus meiner Mutter.« Aus seiner Stimme klang mühsam unterdrückter Zorn, und seine Augen hatten sich zu Schlitzen verengt.
Alex gestikulierte besänftigend. » Armstrong…«
» Verdammt noch mal, tu einfach das, worum ich dich gebeten habe, und misch dich nicht ein.«
Der Freund schien ernsthaft besorgt, und Amelia schaute ebenfalls Thomas an. Hoffentlich rastete er nicht ganz aus.
» Vergiss bloß nicht, dass sie Harrys Tochter ist«, sagte Cartwright, bevor er sich umdrehte und in den Ballsaal zurückging.
Thomas setzte den Weg zum Ausgang fort und zwang Amelia, schneller zu gehen. Wie ein Pferd, dachte sie, das man zu einer rascheren Gangart zwingt.
Nur wenige Minuten später bekamen sie ihre Garderobe: Amelia einen dicken wollenen Umhang und Thomas einen schwarzen Mantel.
Es war eine mondhelle Nacht, und kalte Luft schlug ihr ins Gesicht. Wenn sie ausatmete, bildeten sich vor ihrem Mund kleine Wölkchen. Thomas winkte seine Kutsche herbei, ohne ihren Arm loszulassen. Sie schaute ihn über die Schulter an, den Körper gestrafft.
Als sie zurück zum Eingang blickte, entdeckte sie eine Gestalt neben einer Säule. Es war Lord Clayborough, der sie beobachtete. Sie wusste nicht, was sie davon halten sollte. Zumindest hatte sie nicht mit ihm gerechnet.
Thomas drehte sich um und folgte ihrem Blick, während Clayborough ganz hinter der Säule verschwand. Willenlos ließ Amelia sich in die Kutsche drängen.
Sie fühlte sich irgendwie gedemütigt. Clayborough hatte nicht einmal den kleinen Finger gerührt, um ihr zu helfen, sondern nur hilflos zugeschaut. Selbst wenn nichts wurde aus ihrer gemeinsamen Flucht, etwas mehr Einsatz wäre doch wohl das Mindeste gewesen, was sie erwarten durfte. Lohnte sie den Aufwand etwa nicht? So viel zu ihrem edlen Ritter, der sie erretten sollte. Eher schien er froh, sie los zu sein.
Amelia schob ihre Enttäuschung beiseite und gab sich ganz ihrem Zorn hin, der wie ein Wirbelsturm in ihr wütete und bereit war, alles niederzureißen, was sich ihm in den Weg stellte. Zum Beispiel Thomas Armstrong.
Sie setzte sich und befreite sich aus seinem Griff. » Sie elender, scheinheiliger Dreckskerl.« In diese vier Worte legte sie alle mühsam gezügelten Gefühle. » Wagen Sie es nicht, jemals wieder Hand an mich zu legen.«
Der Viscount ließ die Kutsche anrollen, betrachtete sie mit hochgezogenen Brauen und nahm in aller Ruhe auf dem Sitz neben ihr Platz, sodass ein Teil ihrer Röcke unter seinem Schenkel eingeklemmt war.
Amelia wollte sofort aufstehen, um sich auf den Platz ihm gegenüber zu setzen– den er als Gentleman eigentlich hätte wählen sollen–, aber mit der Schnelligkeit einer Schlange schoss seine Hand nach vorne und zerrte sie zurück.
» Ich bin kurz davor, Sie übers Knie zu legen«, stieß er leise aus, » noch eine einzige Bewegung, und Sie werden meine Hand richtig zu spüren bekommen.«
Jämmerlicher Grobian. Flammend heiß stieg ihr die Zornesröte ins Gesicht, während sie mehrmals heftig an ihren Röcken riss, um sich zu befreien und anschließend in die Nähe der kalten Tür zu rücken.
Thomas musterte sie eindringlich. » Ich habe keine Ahnung, wie Ihnen das gelingen konnte mit Camille. Es hat nicht mehr als einen verfluchten Tag gedauert, bis Sie sie verdorben haben. Und dafür werden Sie zahlen.«
» Zahlen! Wofür? Ich wollte nur einen einzigen Abend in der Begleitung des Mannes verbringen, den ich nun einmal schätze. Ich glaube kaum, dass das ein Verbrechen ist.«
Armstrong lachte zynisch. » Wer ist dieser Mann? Etwa Clayborough? Wenn ich daran denke, wie er gerade versucht hat, eins zu werden mit der
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