Lektionen der Leidenschaft: Roman (German Edition)
» Oh, wie ich sehe, habe ich Sie gestört. Ich sollte mich empfehlen, damit Sie wieder zu Ihrer Lektüre zurückkehren können.«
Miss Foxworth schien irgendwie ein schlechtes Gewissen zu haben, als sie auf die Zeitung schaute. » Ach, das ist nur ein Klatschmagazin. Es heißt ja, wenn man in Skandalen schwelgen will, dann vorzugsweise in solchen, die mit schwarzer Farbe auf Papier gedruckt sind und andere betreffen.«
Es hörte sich an, als hätte Camille Foxworth durchaus Sinn für Humor. In Anbetracht dessen, was Amelia bisher von ihr gesehen und über sie gehört hatte, war das eine willkommene Überraschung. » Ja, das ist wohl die einzige Art, wie Skandalegenießbar sind. Ich hoffe, Sie fühlen sich gut unterhalten?«
» Im Moment geschieht einfach nichts, was wirklich skandalös wäre. Aber in der ganzen Stadt tratscht man über den Ball morgen Abend.«
» Und wer um alles in der Welt gibt diesen Ball?«, fragte Amelia mehr aus Neugier als aus ehrlichem Interesse, denn sie verspürte nach dem Desaster beim letzten Ball keine Lust, zu einem weiteren zu gehen.
» Lady Forsham.«
Amelia erstarrte. Konnte es sein, dass das Blatt sich gerade zu ihren Gunsten wendete? Nicht nur, dass ihr Vater und sie Monate zuvor zu einer Gala bei der Lady eingeladen gewesen waren– darüber hinaus war sie Clayboroughs Tante. Wenn man ihm Glauben schenkte, standen sich die beiden fast so nah, als handle es sich um Mutter und Sohn. Amelia zweifelte keine Sekunde daran, dass er den Ball besuchen würde.
» Wir sollten hingehen.« Amelia schwor sich insgeheim, auf Biegen und Brechen einen Weg zu finden, um diesen Plan in die Tat umzusetzen.
Nach einer längeren Pause lächelte Miss Foxworth, besann sich auf ihre Pflichten als Anstandsdame. » Aber natürlich müssten Sie eingeladen sein. Ich werde mich mit Lord Armstrong besprechen, sobald er zurück ist. Vielleicht ist er gewillt, uns als Begleitung zur Verfügung zu stehen.«
» Lord Armstrong hat mich bereits persönlich davon unterrichtet, dass er für den Abend andere Pläne hat.« Mit seiner Geliebten. Nicht dass es Amelia störte. Nein, ganz gewiss nicht. Wenn die arme Frau allerdings dumm genug war, sich auf ihn einzulassen, konnte eine Warnung auf lange Sicht vielleicht die Rettung sein.
» Dann sollten wir vielleicht nicht…«
» Wenn wir hingehen, werde ich meine Zofe anweisen, Ihnen das Haar zu richten. Sie ist ziemlich geschickt mit der Brennschere. Und ich glaube, dass Ihrem Gesicht ein paar Locken ganz ausgezeichnet stehen würden. Natürlich müssen wir noch ein passendes Kleid für Sie finden.« Amelia warf einen kritischen Blick auf das Kleid, das Camille trug. » Ich glaube, eine kräftigere Farbe wäre perfekt zu Ihrem Teint.«
In Miss Foxworths Blick flackerte es aufgeregt. Es gab doch nichts Besseres als Schmeichelei, um das Selbstwertgefühl einer Frau zu stärken.
Und einen attraktiven Viscount, um eine Unschuld vom Lande zu skandalösem Benehmen zu verleiten.
» Ich habe ein blaues Kleid, in dem Sie einfach himmlisch aussehen werden. Ich werde Hélène anweisen, den Saum um ein paar Zentimeter zu kürzen und das Mieder anzupassen. Dann müsste es Sie perfekt kleiden. Und wir werden ausprobieren, welche Kosmetik zu Ihnen passt. Ein bisschen Farbe auf den Wangen könnte Ihnen schmeicheln. Was halten Sie davon?« Amelia hatte die Absicht, die Frau mit den ungeheuren Möglichkeiten solcher Mühen zu überwältigen.
Glücklicherweise schien es zu funktionieren. Es schien, als sei Miss Foxworth ganz begierig darauf, sich Amelias Künsten anzuvertrauen, denn ihre Augen glitzerten vor mädchenhafter Aufregung. Und so geschah es, dass sie sich nicht länger den Kopf darüber zerbrach, was es bedeutete, ohne die Erlaubnis oder die Begleitung des Viscount auf den Ball zu gehen.
Der Duft von Parfum und Kerzenwachs hing schwer in der Luft. Natürlich hatte Thomas sich schon mit übleren Gerüchen plagen müssen, aber heute Abend fand er diese Mischung geradezu widerlich. Aber vielleicht hing seine Empfindlichkeit auch mehr damit zusammen, dass er nicht die geringste Lust verspürte, sich überhaupt hier aufzuhalten.
Kaum war er eingetroffen, hatte Lady Stanton sich mit ihrer Tochter im Schlepptau auf ihn und Cartwright gestürzt. Wie eine übergroße Katze mit ausgefahrenen Krallen, dachte er. Nach einem Blick in seine Miene hatte sie sich zum Glück an Cartwright gewandt. Lord Alex, wären Sie so freundlich, meine liebe Georgiana einmal durch den Saal
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