Lektionen der Leidenschaft: Roman (German Edition)
zur Sorge, ich glaube nicht, dass die junge Lady im Moment an Scharlach leidet. Wie ich bereits erwähnte, in zwei, allerhöchstens drei Tagen sollte sie wieder ganz gesund sein.«
Thomas redete sich ein, dass seine Sorge ganz normal sei. Schließlich war Amelia die Tochter eines Freundes und zudem eine gute Bekannte… irgendwie. Natürlich machte er sich da Gedanken um ihr Wohlergehen.
Gedanken, spottete seine innere Stimme. In den vergangenen zwanzig Minuten hatte er sich benommen wie ein panischer Ehemann, der auf die Geburt seines Erben wartete.
» Lady Amelia wird die beste Pflege weit und breit bekommen.«
Dr. Lawson nickte. » Daran habe ich nicht den geringsten Zweifel.« Er zog eine Uhr aus seiner Tasche und las kurz die Zeit ab. » Ich muss weiter. Sollte der Zustand der Lady sich verschlechtern, rufen Sie mich bitte unverzüglich. Guten Tag, Thomas.« Er steckte seine Uhr in die Weste zurück und eilte zur Treppe.
Sich an Gebote der Höflichkeit erinnernd wollte Thomas ihn begleiten.
» Seit gut dreißig Jahren gehe ich inzwischen in diesem Haus ein und aus«, sagte Dr. Lawson, ohne seinen Schritt zu verlangsamen oder sich umzudrehen. » Ich finde also durchaus alleine hinaus. Ich bin sicher, Sie wollen sich lieber darum kümmern, dass es Ihrem Gast an nichts fehlt.«
Thomas protestierte nicht, sondern drückte bereits die Klinke herunter. Die Angeln quietschten, als er die Tür vorsichtig öffnete.
Die Zofe saß an Amelias Bett und wandte den Kopf, als er eintrat, verfolgte ihn mit ihren Blicken. Thomas hatte plötzlich das Gefühl, als müsse er sich für seine Anwesenheit entschuldigen. Unsinn, rief er sich zur Ordnung, das war sein Haus, sein Besitz. Daher stand ihm alles Recht der Welt zu, sich in ihrem Zimmer aufzuhalten und nach ihrem Wohlergehen zu schauen.
» Monsieur, Mademoiselle schläft«, wisperte die Zofe.
Seine Brust wurde eng, als er Amelia anschaute. Er betrachtete den Fächer aus dunklen, geschwungenen Wimpern, die auf den fiebrigen Wangen lagen. Der Schlaf entspannte ihre Gesichtszüge, sodass sie unglaublich verletzlich aussah. Und schön.
Ohne den Blick von ihr zu wenden, fragte er schließlich: » Hat der Doktor ihr etwas gegen das Fieber gegeben?«
» Ein Laudanum gegen die Bauchschmerzen.« Hélène blickte ihn immer noch an, schien verwirrt und erwartungsvoll zugleich.
Er nickte bedächtig. Eigentlich war er nur gekommen, um sich zu überzeugen, dass sie ungestört ausruhen konnte, doch er tat keinen Schritt.
» Dann sollte ich sie Ihrer Pflege überlassen.« Noch immer rührte er sich nicht, sondern beobachtete ihre Brust, die sich im Rhythmus ihres flachen Atems hob und senkte. » Sollte ihr Zustand sich verschlechtern, benachrichtigen Sie mich sofort. Haben Sie verstanden?«
Das Mädchen zuckte zusammen bei seinem energischen Tonfall und nickte zweimal.
Thomas warf einen letzten Blick auf die schlafende Amelia und verließ das Zimmer.
19
T homas fand Cartwright in der Bibliothek gebeugt im Armsessel sitzend und die Unterarme auf die Schenkel gestützt. Inzwischen hatte er die Reitkleidung abgelegt und ein Bad genommen, wie sein feuchtes Haar bewies.
Er sprang auf, als der Freund eintrat. » Wie geht es ihr? Was sagt der Arzt?«
Anstatt ihm sofort zu antworten, eilte Thomas zur Anrichte und schenkte sich ein Schlückchen Rum ein, obwohl es eigentlich eindeutig zu früh für einen Drink war. So unvernünftig seine Gefühle auch sein mochten: Amelia in Cartwrights Armen oder ihn in der Intimität ihres Schlafzimmers zu sehen, das ging ihm völlig gegen den Strich. Er hatte eine Vertraulichkeit zwischen den beiden verspürt, die nicht zu rechtfertigen war, denn schließlich kannten sie sich kaum.
Armstrong warf den Kopf zurück und stürzte den Inhalt seines Glases in einem einzigen Zug hinunter. Der Rum brannte ihm in der Kehle, während Cartwright schweigend auf Antwort wartete. Als diese ausblieb, warf er einen Blick zur Tür. » Ist es mir gestattet, sie persönlich zu sehen? Camille hat sich ebenfalls sehr besorgt über ihren Zustand geäußert. Ich habe ihr versprochen, sie auf dem Laufenden zu halten.«
Er will sie auf dem Laufenden halten? Was für ein frecher Kerl! Thomas knallte das Glas so heftig auf den Tisch, dass es zersprang. Er war gefährlich nahe dran, die Fassung zu verlieren, während Alex ihn mit verschränkten Armen neugierig beobachtete.
» Sie schläft«, sagte Thomas schließlich knapp. » Dr. Lawson sagt, es sei nichts als eine
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