Lektionen der Leidenschaft: Roman (German Edition)
Gedanken. » Machen Sie sich nicht lächerlich. Wofür halten Sie mich eigentlich? Für einen Tyrannen?«, fragte er brüsk zurück.
» O bitte, nicht immer gleich so beleidigt! Am besten, Sie gehen jetzt, damit ich mich ausruhen kann. Das ist kaum möglich, solange Sie mich immer so anstarren. Und Hélène kann…«
Es klopfte an der Tür, und herein kam Alex in Begleitung eines Mannes, der angesichts seines schwarzen Koffers nur der Arzt sein konnte. Den großen, eleganten weißhaarigen Mann umgab eine Aura von absoluter Autorität.
» Dr. Lawson hat unten gerade nach einem der Diener geschaut, der unter ähnlichen Symptomen leidet wie Lady Amelia«, verkündete Alex in die Runde und trat näher, obwohl ihn niemand dazu aufforderte.
Einen Aussätzigen hätte Thomas in diesem Moment wahrscheinlich herzlicher willkommen geheißen als seinen Freund. Amelia sah, wie er die Kiefermuskulatur anspannte, und auch die Kälte in seinem Blick entging ihr nicht.
» Guten Morgen, Thomas. Ich nehme an, das ist die Patientin?«, fragte der Arzt in familiärem Ton. Offenbar kannte er den jungen Viscount bereits aus Kindertagen.
Der Arzt kam ans Bett und musterte sie mit fachkundigem Blick.
» Ja, Dr. Lawson, das ist Lady Amelia Bertram. Sie hat Fieber und klagt über Bauchschmerzen.«
» Hm. Dann lassen Sie mich mal einen Blick auf die Patientin werfen. Keine Sorge, meine Liebe, es tut nicht weh.« Er schenkte ihr ein zuversichtliches Lächeln, das Amelias Befürchtungen jedoch keineswegs zerstreute. Ärzte hatten die Angewohnheit, die Sache erst einmal zu verschlimmern, bevor sie endlich die richtigen Maßnahmen ergriffen. Natürlich nur, falls sie einen nicht gleich zu Anfang umbrachten.
Thomas drehte sich zu Cartwright um, der ein paar Schritte hinter ihm stand. » Ich glaube, Dr. Lawson hat alles im Griff.« Mit anderen Worten: Für heute reicht es mit deinen guten Taten. Also, geh deiner Wege.
Der Doktor zog ein Instrument aus seinem Arztkoffer, hielt aber mitten in der Bewegung inne und schaute über die Schulter zu den beiden Freunden hin. » Ähm, wenn die Gentlemen mich kurz mit Lady Amelia allein lassen würden? Ich möchte die Patientin untersuchen.«
Die Bemerkung des Arztes machte Thomas klar, wie er auf den alten Mediziner wirken musste: wie ein besorgter Ehemann. » Ja, natürlich. Ja, dann… Wir unterhalten uns, sobald Sie die Untersuchung beendet haben«, stammelte er
Zögernd folgte Thomas seinem Freund aus dem Zimmer. Unten in der Halle angekommen stellte Cartwright ihn sofort zur Rede. » Was zum Teufel hat das alles zu bedeuten?«
» Dafür ist jetzt weder die richtige Zeit noch der richtige Ort«, entgegnete Thomas knapp. » Warum gehst du nicht einfach und wäschst dir den Pferdegestank vom Leib?«
Cartwright blähte die Nasenflügel, woran man seine Irritation erkennen konnte. Ein paar Sekunden lang standen die beiden Männer sich Auge in Auge gegenüber, bevor der Freund abrupt kehrtmachte. Dumpf hallten seine Schritte, als er sich entfernte.
Eigentlich wollte Thomas in der Halle auf den Arzt warten, aber stattdessen fand er sich vor der Tür zu Amelias Zimmer wieder, wo er unruhig auf und ab marschierte.
Zwanzig Minuten später kam Dr. Lawson heraus und erschrak, als er Thomas erblickte.
» Was fehlt ihr?«
» Oh, Thomas, ich wollte gerade nach unten gehen.«
» Was ist los mit Amelia?«
Der Arzt zog kaum merklich die Brauen hoch. Ein Zeichen, dass ihm die vertrauliche Nennung des Namens nicht entgangen war.
» Soweit ich sehe, ist es nichts, was nicht mit ein paar Tagen Bettruhe wieder in Ordnung zu bringen wäre. Die Lungen sind frei, das Herz ist stark. Die Drüsen in ihrem Nacken sind ein wenig geschwollen, was vermutlich auf das Fieber zurückzuführen ist.« Dr. Lawson wechselte den schwarzen Arztkoffer von einer Hand in die andere. » Nun, wenn das Fieber in den nächsten zwei Tagen nicht sinkt, lassen Sie mich noch einmal rufen. Ich habe es zwar noch nicht erlebt, dass Scharlach ein zweites Mal ausbricht, aber es sind schon merkwürdigere Dinge geschehen.«
Thomas zog die Brauen hoch. Scharlach? » Was soll das heißen?«
» Sie hatte ihn im Alter von dreizehn Jahren. Hat sie Ihnen das nicht erzählt? Sie kann sich glücklich schätzen, dass keinelangfristigen Schäden geblieben sind. Allein in den vergangenen fünf Jahren habe ich vier Patienten dadurch verloren.«
Thomas stand die Panik offenbar ins Gesicht geschrieben, denn Dr. Lawson fügte hastig hinzu: » Kein Grund
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