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Lelord, Francois

Lelord, Francois

Titel: Lelord, Francois Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hector
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widerstanden, und deshalb wird
alles, was ich hier erreicht habe, umsonst gewesen sein. Ich habe es nicht
geschafft, die Bindungen zu zerreißen ...«
    »Die Varak
Lao werden Buddhisten bleiben.«
    »Da bin
ich mir nicht sicher. Sie brauchen meine Präsenz, genau wie die K'rarang ihren
Pater Jean brauchen. Aber davon verstehst du sowieso nichts, du hattest doch
nie auch nur die geringste spirituelle Dimension!«
    Edouard
war wütend auf ihn. Seit sie sich kannten, war das noch nie vorgekommen.
    »Wir sind
hier, weil wir uns Sorgen um dich gemacht haben.«
    »Aber
weshalb denn? Schon wieder diese nichtigen Bindungen!«
    »Vielleicht
ist es ja auch Mitgefühl?«
    »Mitgefühl
für mich zu zeigen, hätte bedeutet, mich in Ruhe zu lassen, mich meinen Weg
gehen zu lassen! Jetzt ist alles verdorben.«
    Hector
hätte beinahe entgegnet, dass Edouard für einen Buddhisten, der danach strebte,
sich von allen Bindungen zu befreien, vielleicht ein wenig zu sehr an seinen
Werken hing, aber er spürte, dass er den Zorn seines Freundes damit nur noch
weiter angefacht hätte. Man konnte Edouard ja verstehen: Er hatte sich in
diesem Dorf ein kleines Universum geschaffen, von dem aus seine wohltätigen
Aktionen in die Welt strahlten, und das alles verlor er jetzt. Um das mit
heiterer Gelassenheit zu akzeptieren, hätte er schon Buddha selbst sein müssen
oder zumindest ein Bodhisattwa. Aber er konnte sich doch immer noch einen neuen
Zufluchtsort suchen und das Geld des Generals weiterhin für gute Zwecke
einsetzen.
    Plötzlich
gab das Walkie-Talkie einen Piepton von sich. Hector schaltete auf Empfang.
    »Nun, was
ist?«, ließ sich Leutnant Ardanarinjas Stimme vernehmen.
    »Wir
kommen voran«, sagte Hector und schaute Edouard dabei an.
    Nach
einigen Sekunden Stille sagte sie: »Lassen Sie sich nicht zu viel Zeit. Der
General ist ungeduldig und hat schon neue Verhandlungen mit den Varak
begonnen.«
    »Das
erstaunt uns nicht weiter.«
    Edouard
beugte sich über das Walkie-Talkie und sagte: »Der General soll seine Manöver
sofort einstellen, sonst sieht er das Geld nie wieder.«
    Von Neuem
Stille. Dann fragte sie: »Sind Sie Edouard?«
    Edouard
antwortete nicht.
    »Ja«,
sagte Hector, »er ist es.«
    »Richten
Sie ihm aus, dass die Situation für ihn sehr gefährlich geworden ist.«
    »Das weiß
er. Aber er kennt keine Furcht.«
    »Was ihn
selbst betrifft, vielleicht. Aber vielleicht sollte er um seine Freunde
fürchten. Und um seine Dörfer und deren Bewohner ...«
    Hector
sah, dass Edouard den Blick auf ihn geheftet hatte. Tränen rannen ihm aus den
Augen. »Pardon«, murmelte er.
    »Und
übrigens«, fuhr Leutnant Ardanarinja fort, »Ihre Freundin weigert sich, zu
essen und zu trinken. Sie hat auch einen meiner Männer gebissen, und zwar
ziemlich heftig. Ich konnte ihn gerade noch zurückhalten. Aber beeilen Sie sich
lieber, denn sie ist wirklich eine entsicherte Granate, vor allem für sich
selbst.«
    »Ihre
Assistentin wäre bereit, zu ihr zu kommen«, sagte Hector und schilderte die
beruhigende Wirkung von Maria-Lucias Gegenwart.
    »Ende des
Gesprächs«, sagte Leutnant Ardanarinja, und man vernahm ein abschließendes
Klicken.
    »Pardon«,
sagte Edouard noch einmal.
     
    Hector kriegt die Wut
     
    Der Tag war sehr zäh dahingeflossen, und zwischendurch, am
Nachmittag, hatte es eine kleine Sintflut von zwei Stunden gegeben, die alle
Wege des Dorfes in Schlammbahnen verwandelt hatte. Edouard hatte sich in seine
Hütte zurückgezogen, um zu meditieren oder über sein bevorstehendes Abtauchen
nachzudenken. Der Dorfhäuptling war verschwunden, er war bereits mit zwei
seiner Männer unterwegs zum geheimnisvollen Anführer der Varak, der ein paar
Täler weiter lebte.
    Nach den
beiden ersten Tagen, in denen sich die Dorfbewohner allmählich an die
Neuankömmlinge gewöhnt hatten (vor allem dank der fröhlichen Ausstrahlung von
Valerie und Brice' Talent als Fußballer), wehte ihnen jetzt Kälte entgegen.
Valerie gelang es nur noch, mit den beiden mutigsten jungen Frauen zu reden,
und wenn Brice bei einem Match mitmachen wollte, hatte zwar niemand etwas
dagegen, aber wenige Minuten später war immer Schluss, denn die Spieler
erinnerten sich plötzlich, dass sie etwas Dringendes zu tun hatten. Alle
wussten, dass Hector und seine Freunde Unglück ins Dorf gebracht hatten. Nicht
nur, dass ihnen niemand mehr zulächelte - wenn die Männer an ihnen
vorbeigingen, wandten sie den Blick ab und murmelten etwas, das in Hectors Ohren
ganz nach

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