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Lenas Flucht

Lenas Flucht

Titel: Lenas Flucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Polina Daschkowa
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eindeutig eine kranke Frau geschrieben, eine psychisch Kranke, Sie verstehen. Wissen Sie, die Schwangerschaft wirkt zuweilen seltsam auf Frauen, auch wenn sie sonst ganz gesund sind. Davon kann ich ein Lied singen. Der Organismus hat einen wahren Hormonsturm zu bewältigen, der die Psyche stark verändern kann. Doch ich will Sie nicht mit medizinischen Einzelheiten behelligen.«
    »Der Unterleutnant, der heute nacht Dienst hatte, meinte aber, die Frau sei ganz normal gewesen.«
    »Nun, ein Unterleutnant ist kein Arzt. Wie heißt er übrigens?«
    Ohne selbst zu wissen, warum, behielt Sawtschenko den Namen für sich.
    »Er hat die ganze Nacht gewacht«, fuhr Amalia Petrowna fort, »und war sicher übermüdet. Bestimmt hat er diesen Schrieb gar nicht registriert.«
    »Er hat ihn registriert, das ist es ja gerade. Verstehen Sie? Ich muß innerhalb von drei Tagen darauf reagieren und die Frau von meiner Entscheidung in Kenntnis setzen.«
    »Welche Möglichkeiten haben Sie da?«
    »Nach dem Gesetz sind es zwei: Ich kann ein Strafverfahren einleiten, oder auch nicht.«
    »Hervorragend. Dann leiten Sie keins ein. Sie haben doch keinen Beklagten! Schreiben Sie ihr, wie es sich gehört, mit Briefkopf und allem Drum und Dran. Wo ist das Problem?«
    »Bevor ich ihr eine offizielle Mitteilung schreiben kann, wie Sie sagen, muß ich wissen, was tatsächlich passiert ist.«
    Das Telefon klingelte. Amalia Petrowna nahm den Hörer ab.
    »Ja, ich höre Sie!« Sie schrie fast, entschuldigte sich dann bei Sawtschenko und ging mit dem Telefon ins Nebenzimmer.
    Das Gespräch dauerte fast drei Minuten. Der Hauptmann konnte kein Wort verstehen. Als Amalia Petrowna zurückkam, griff sie nach einer Zigarette. Ihre Hände zitterten leicht. Sie sog den Rauch tief ein und erklärte dann in offiziellem Ton: »Sie wollen also wissen, was tatsächlich passiert ist? Das kann ich Ihnen sagen. Die Schnelle Medizinische Hilfe brachte uns eine Schwangere mit einer abgestorbenen Frucht. Wir mußten dringend künstliche Wehen einleiten, um die Lebensgefahr für sie zu bannen. Aber diese Frau ist aus dem Krankenhaus weggelaufen – ohne Kleidung, nur in unserer Nachtwäsche.«
    Amalia Petrownas Sätze kamen wie aus einem Maschinengewehr.
    »Warum mußte die Frau mitten aus Moskau in unsere Stadt gebracht werden?« fragte Sawtschenko mit düsterem Blick.
    »Erstens ist ein Drittel der Moskauer Entbindungskliniken gegenwärtig geschlossen – wegen Renovierung, Desinfektion und was weiß ich. In solchen Fällen sucht man Hilfe bei Spezialkliniken, von denen es nur wenige gibt. Wir haben gute Fachärzte, man hat uns angerufen, und wir hatten Platz. Hier ist das Moskauer Gebiet, nicht Wladiwostok. Also – nichts Besonderes.«
    »Aber die Geschädigte behauptet, sie sei eingeschläfert worden.«
    »Als man ihr sagte, ihr Kind sei tot, ist sie hysterisch geworden. Da hat man ihr ein Beruhigungsmittel gespritzt. Davon ist sie eingeschlafen. Verstehen Sie, es gibt Situationen, da muß man sofort eingreifen. Offenbar war das hier der Fall.«
    »Und wenn die Frucht noch gelebt hat? Ist so etwas möglich? Die Frau ist auf eigenen Beinen zur Miliz gekommen und machte überhaupt nicht den Eindruck, daß sie bald sterben müßte. Sie hat sogar die Kraft gehabt, diese Anzeige zu schreiben.«
    »Natürlich sind in unserem Beruf auch Irrtümer möglich. Aber da sollte man sich besser rückversichern.«
    »Na schön, die Frau ist aus dem Krankenhaus weggelaufen. Aber warum hat man überall nach ihr gesucht?«
    »Niemand hat nach ihr gesucht. Es gibt doch jede Menge Gründe, daß jemand in den Keller geht. Pfleger, Schlosser, Zimmerleute …«
    »Na klar. Die Zimmerleute haben zu zimmern angefangen. Mitten in der Nacht. Vielleicht konnten sie nicht schlafen.« Sawtschenko spürte, wie er langsam die Geduld verlor. Vielleicht hätte er die Sache ja auf sich beruhen lassen und der Frau einen negativen Bescheid gegeben. Wäre danicht dieser besondere Umstand. Die Poljanskaja war Journalistin und arbeitete bei einer bekannten Zeitschrift. Wenn sie nun andere einschaltete? Und wenn die Nachforschungen anstellten? Was dann in seinem Verantwortungsbereich ans Licht kam, wußte Gott allein. Und Amalia Petrowna. Dazu die Leute in den großen Limousinen … Nur er in seiner seligen Einfalt war dann der Dumme.
    Daß die ganze Sache zum Himmel stank, argwöhnte er seit langem. Aber ihre Gaben hatte er immer angenommen, und nicht nur er allein, sondern seine ganze Behörde. Und jetzt

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